Zypries: Einige grüne Haken an der Digitalen Agenda

Brigitte Zypries zur Digitalisierung der Wirtschaft und Industrie 4.0 auf UdL Digital, Foto: E-Plus Gruppe
Veröffentlicht am 14.10.2015

Brigitte Zypries ist Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie und teilt hier im Interview auf UdL Digital ihre Einschätzungen zu einem Jahr Digitale Agenda. Der Bundestagsauschuss Digitale Agenda besteht seit einem Jahr, die Bundesregierung hat einen ersten Bericht zur Umsetzung ihrer in 2014 beschlossenen Digitalen Agenda vorgelegt. Sind Sie zufrieden mit den bisherigen Ergebnissen der Digitalisierungspolitik in Deutschland?

Brigitte Zypries zur Digitalisierung der Wirtschaft und Industrie 4.0 auf UdL Digital, Foto: E-Plus Gruppe

Unsere Welt ist zunehmend digital. Das verändert unseren Alltag, unsere Arbeit und das Zusammenleben. Die Bundesregierung fördert und gestaltet den digitalen Wandel aktiv. Im ersten Jahr der Umsetzung der Digitalen Agenda können wir bereits einige grüne Haken machen, das schlüsselt auch der aktuelle Fortschrittsbericht der Bundesregierung, der am 16. September 2015 im Kabinett beschlossen wurde, konkret auf:

  • Unter Federführung des Bundeswirtschaftsministeriums erarbeiten relevante Akteure mögliche Lösungen für aktuelle Herausforderungen im rahmen der Digitalisierung. So haben die IT-Gipfel-Plattformen „Innovative Digitalisierung der Wirtschaft“ und „Industrie 4.0“ ihre Arbeit aufgenommen. Bereits zum IT-Gipfel am 18. und 19. November 2015 in Berlin werden erste Ergebnisse präsentiert.
  • Wir wollen mehr Innovationen im Bereich der Digitalisierung! Deshalb haben wir zahlreiche Initiativen und Technologieprogramme aufgesetzt, insbesondere für mittelständische Unternehmen und zu den Themen Industrie 4.0 und Smart Services.
  • Wir haben eine Reihe wichtiger Maßnahmen auf den Weg gebracht, um Deutschland und Europa fit für die digitale Zukunft zu machen. Wir haben im September z.B. einen verlässlichen und sicheren Rechtsrahmen für öffentliches WLan geschaffen. Jetzt können Städte, Cafés, Hotels und Private ihr WLan rechtssicher öffnen, denn heute ist es ein Grundbedürfnis, jederzeit und unkompliziert ins Internet zu kommen. Damit setzen wir ein klares Zeichen für Innovation und Wachstum. Wir wollen Deutschland als Investitionsstandort für die Finanzierung junger Unternehmen in der Wachstumsphase international wettbewerbsfähig machen. Deshalb haben wir das erfolgreiche INVEST-Programm ausgebaut und Eckpunkte zum Thema Wagniskapital vorgelegt. Im Bereich der Digitalisierung geht die Bundesregierung ressortübergreifend und vernetzt voran, dafür haben wir mit der Strategie Intelligente Vernetzung ein starkes Signal gesetzt. Damit können gerade auch in den Sektoren Bildung, Energie, Gesundheit, Verkehr und Verwaltung Kosten für private und öffentliche Haushalte gedämpft werden.
  • Mit anderen Gesetzentwürfen sind wir bereits im parlamentarischen Verfahren. Dank unseres Gesetzentwurfs zur freien Routerwahl können Verbraucherinnen und Verbraucher künftig selbst bestimmen, welchen der zahlreichen angebotenen Router sie für ihren Internetzugang einsetzen. Und durch die Novelle des Informationsweiterverwendungsgesetzes (IWG) fördern wir die nutzbringende Weiterverwendung von Datensätzen öffentlicher Stellen.

    Wer waren für Sie im letzten Jahr die wichtigsten politischen Impulsgeber zur Digitalen Agenda?

    Wichtige Impulse gingen vor allem von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel aus. Mit der Einrichtung der Plattformen Innovative Digitalisierung der Wirtschaft und Industrie 4.0 im IT-Gipfelprozesses hat er die relevanten Partner aus Wirtschaft, Wissenschaft und Gewerkschaften an einen Tisch geholt. Hier werden die Chancen und Herausforderungen unserer digitalen Zukunft erörtert.

    Welche drei Ziele sollten Ihrer Meinung nach bis zum Jahr 2017 auf jeden Fall erreicht sein?

    Bis 2017 wollen wir die Rahmenbedingungen für unsere digitale Wirtschaft und das deutsche Startup-Ökosystem weiter so verbessern, dass junge, innovative Firmen aus Deutschland heraus wachsen und Weltmarkführer werden können.

    Daneben müssen wir die Digitalisierung der Wirtschaft und Industrie 4.0 so in die Breite bringen, dass jedes kleine und mittelständische Unternehmen sowie jeder Handwerksbetrieb sich darüber Gedanken gemacht hat, wie sein Geschäftsmodell in der digitalen Welt fortgeführt bzw. neu gestaltet werden kann.

    Und wir müssen bis 2017 unsere schulische, universitäre und berufliche Ausbildung fit für die Anforderungen in der digitalen Welt gemacht haben. Dies geht nicht ohne eine aktiven Dialog mit den Ländern.

    Nicht alles, was die Digitalisierung in Deutschland voranbringt, kann in Berlin entschieden werden. Was sind die drei wichtigsten Maßnahmen, die auf EU-Ebene unternommen werden müssen?

    Wichtige Punkte für mich sind die Modernisierung des Urheberrechts, des Verbraucherschutzes sowie Datenschutz und Datensicherheit. Gerade dort reichen isolierte Maßnahmen auf nationaler Ebene nicht aus. Die EU‑Kommission hat im Mai in ihrer Strategie für einen Digitalen Binnenmarkt zu diesen Themen auch konkrete Maßnahmenpakete angekündigt, die sie in diesem und im nächsten Jahr auf den Weg bringen will. Wir werden uns weiter aktiv und konstruktiv an der Debatte auf EU-Ebene beteiligen.

    Politische Prozesse der Regulierung sind häufig zu langsam, um mit den technischen Entwicklungen und den sich daraus ergebenden Veränderungen Schritthalten zu können. Wie kann sich Politik ihre Gestaltungskraft auch in Zeiten der Digitalisierung bewahren?

    Die Einrichtung des Bundestagsausschusses „Digitale Agenda“ war ein wichtiger Schritt. Wir brauchen auch einen intensiven Wissensaustausch zwischen Politik und Wirtschaft in Fragen der Digitalisierung, damit wir die richtigen Weichen stellen und die richtigen Rahmenbedingungen schaffen können. Dafür bietet der Nationale IT-Gipfelprozess ideale Voraussetzungen.

    BMI, BMVI und BMWi teilen sich derzeit die Umsetzung der Digitalen Agenda. Auch in einigen anderen Ministerien ist die Digitalisierung inzwischen ein wichtiges Thema. Ist es nach der nächsten Bundestagswahl Zeit für ein Digitalministerium, um noch schlagkräftiger agieren zu können?

    Die Digitalisierung betrifft alle Bereiche unseres Lebens. Sie prägt die Art unseres Wirtschaftens und Arbeitens, unsere Kommunikation, unser soziales Leben und unsere Kultur. Sie macht eine Vielzahl von politischen Maßnahmen in unterschiedlichsten Bereichen und auf nationales, wie auch auf EU-Ebene nötig. Die Digitalisierung betrifft somit auch alle Bundesministerien. Ein einziges Ministerium kann die Aufgabe nicht stemmen.

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