Wie twittert eigentlich… Andrus Ansip
„Ready for the #digital challenge“ meldet sich Andrus Ansip am 11. September um 14 Uhr zum ersten Mal über seinen neuen Twitteraccount @Ansip_EU zu Wort, da war der ehemalige Premierminister von Estland noch gar nicht als EU-Kommissar vom EU-Parlament bestätigt. Seitdem lässt Präsident Jean-Claude Junckers Stellvertreter seine inzwischen 14.900 Follower an seinem Tagwerk im Einsatz für den digitalen Binnenmarkt der EU teilhaben.
Kaum Interaktionen
Bislang kommt er dabei auf 738 Tweets. Diese geringe Menge resultiert vor allem aus der kurzen Existenz des Accounts. Es liegt aber auch daran, dass über den Kurznachrichtendienst kaum Interaktionen mit anderen Usern stattfinden. Die Zurückhaltung beim Reagieren beruht allerdings auf beiden Seiten. Weder werden die Tweets von Andrus Ansip besonders häufig kommentiert, noch gibt er Antworten auf die selten gestellten Fragen. Einzige Ausnahmen bisher: Die offiziellen Twittersprechstunden unter dem Hashtag #AskAnsip. Am 23. Februar zwischen 10.00 und 11.05 Uhr bringt es der EU-Vizepräsident auf 55 Direktantworten via Tweet, bei der Premiere des Formats am 15.12. sogar auf 123 in 60 Minuten. Ein Gelegenheitstwitterer ist der EU-Kommissar aus dem IT-Musterland Estland trotzdem nicht. An Hochfrequenztagen – wie kürzlich bei der Präsentation der DSM-Strategie der EU – versendet er bis zu elf Tweets pro Tag. Er macht das allerdings nicht alles selbst. In seiner Twitter-Bio ist angegeben, dass sein Team und er den Account gemeinsam nutzen, was allerdings jeweils nicht explizit gekennzeichnet wird.
@Ansip_EU folgt selbst 175 Accounts. Seine EU-Kommissionskollegen sind darunter, ein paar EU-Parlamentsabgeordnete, einige Premierminister und viele Digital Champions von EU-Staaten sowie ein paar Journalisten, die für die Themen Digitales, Technik oder EU-Politik zuständig sind. Die gefolgten Accounts spiegeln wieder, worum es auch inhaltlich in den Tweets des EU-Kommissars geht: nahezu ausschließlich um seinen Job. Er dokumentiert die zahlreichen Treffen mit Regierungschefs bei seinen Reisen in die europäischen Länder, berichtet von Gesprächen mit CEOs von Unternehmen der digitalen Wirtschaft und twittert Hinweise, welches das neueste Thema seines Blogs ist, wo seine Follower seine Pressekonferenzen live im Internet verfolgen können oder auf welchem Onlineportal sie ihm ihre Kommentare zu seinen Plänen zum Digitalen Binnenmarkt zukommen lassen können.
Politische Botschaften
Die Tweets von Andrus Ansip sind – wie es seinen Ämtern entspricht – von Professionalität und Diplomatie geprägt. Niemals bewertet er politische Ereignisse außerhalb seines Fachbereichs oder kritisiert einzelne politische Akteure. Um seine politischen Ziele zu erklären, nutzt der EU-Kommissar seinen Twitteraccount aber durchaus. „My #digitalsinglemarket vision is not only about fixing short-term problems, it’s about future jobs in Europe http://bit.ly/1CTf2HT @epc_eu“, schreibt er am 14. April. Gelegentlich bezieht er klar inhaltlich Position: „Geoblocking should not happen in the 21st century. It is not just a market issue, it’s a matter of rights #Digital4EU #DigitalSingleMarket“, ist am 24. Februar zu lesen. Und manchmal kann oder will sogar ein EU-Vizepräsident seinen Ärger nicht verbergen: „Worried abt #telecoms single market negotiations. Do not pre-judge work at Council but indications show ambition is lacking. We need results“, mahnt er am 17. Februar.
Immerhin kommt auch der Spaß an der Arbeit nicht zu kurz. Bei seinem Besuch am 21. April in Sofia z.B. freut er sich: „Sunny & busy #Sofia, friendly surprise, BG PM remembers our joint EU summits, we discuss spectrum and gas for BG & EU.“ Am 24. Februar hat der EU-Kommissar offenbar am Rande eines offiziellen Treffens gemeinsam mit der deutschen Internetbotschafterin Gesche Joost die wichtigsten Punkte der Digitalen Binnenmarktstrategie auf einer Serviette aufgeschrieben, wie aus einem Retweet deutlich wird: #DigitalSingleMarket on a Napkin #DigitalJobs #Startup #digital4eu. Sogar bei dem einzigen Tweet, in dem es privat wird, schlägt der EU-Vizepräsident den Bogen zum Thema Europa: „Will listen to Christmas Eve service at Pauluse church in Tartu, destroyed in WWII, now renovated, also thanks to the EU.“