Wem gehört unser Digitales Ich?: Richard David Precht diskutiert mit Experten über die Zukunft der digitalen Identität

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Veröffentlicht am 29.01.2019

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Am 13. Februar geht es im Telefónica BASECAMP um die Frage: Wem gehört unser digitales Ich? Der Philosoph und Bestseller-Autor Richard David Precht diskutiert mit Markus Haas, CEO von Telefónica Deutschland, dem Schweizer IT-Unternehmer und Politiker Ruedi Noser, der Psychologin Dr. Astrid Carolus und dem Kaspersky-Sicherheitsexperten Marco Preuss über die Zukunft der digitalen Identität. Moderator ist der TV-Journalist Ali Aslan.

Egal ob wir im Internet einkaufen, uns über soziale Medien vernetzen, Dating-Apps nutzen, in Online-Spielewelten eintauchen oder digital Behördengänge erledigen: Unser Handeln und Auftreten in dieser virtuellen Welt wird immer stärker zum Bestandteil unseres realen Lebens. In der Schweiz hat die Stadt Zug beispielsweise schon eine Blockchain-basierte Bürgerabstimmung durchgeführt und die Bürger können sich dort auch einen sicheren Identitätsnachweis auf der Ethereum-Blockchain anlegen.

Digitaler Zwilling: Neue Formen des Zusammenlebens

Die meisten Menschen erschaffen sich heute durch ihre Online-Aktivitäten einen digitalen Zwilling, der mal mehr, mal weniger mit der Realität zu tun hat. Daraus ergeben sich tiefgreifende Veränderungen und Fragen über die Formen unseres Zusammenlebens, für die Unternehmen, Gesellschaft und Politik neue Antworten finden müssen. Das wird auch ein wichtiges Thema beim GSMA Mobile World Congress (MWC) sein, der weltgrößten Messe der Mobilfunkindustrie in Barcelona, wo Diskussionsthemen wie Mobilfunk: Der Aufstieg der digitalen Identität oder Die Zukunft der digitalen Identität: von revolutionären Technologien zur sozialen Akzeptanz im Februar auf der Agenda stehen.

Mit der Digitalisierung gewinnt unser digitales Ich immer mehr an Bedeutung“, sagt Markus Haas. „Deshalb ist es wichtig, dass die Nutzer wieder die Kontrolle über ihre digitale Identität bekommen.“ Telefónica Deutschland setzt sich deshalb für digitale Souveränität ein. Dazu gehört beispielsweise, dass die Kunden volle Transparenz über ihre gespeicherten Daten und die Kontrolle über ihre Verwendung haben. „Die Anwender müssen ein transparentes Wissen über ihre Daten haben und kontrollieren können, wie und wann sie verwendet werden“, steht auch in dem Digital Manifesto des Telefónica-Konzerns.

Doch das ist längst nicht überall selbstverständlich: Erst vor wenigen Tagen rief der CEO von Apple den US-Kongress dazu auf, striktere Datenschutzgesetze auf Bundesebene zu erlassen. Die Nutzer dürften die „Kontrolle über ihr digitales Leben nicht verlieren und sollten auch nicht länger unverantwortliche Datensammlungen und Datenlecks erleiden müssen, schreibt Tim Cook in seinem offenen Brief, der die Politiker zum Handeln auffordert und mehrere Maßnahmen nach dem Vorbild der europäischen Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verlangt.

Richard David Precht: TV-Philosoph hinterfragt Digitalisierung

Aber die Debatte über die Zukunft der digitalen Identität berührt noch weitere Bereiche: „Immer mehr Menschen merken, dass die Digitalisierung nicht allein eine technisch-ökonomische Revolution ist, sondern dass sie ihre Lebensverhältnisse umwälzt. Und sie stellen die Frage: Was davon will ich eigentlich – und was davon nicht?“, sagte Richard David Precht, der besonders durch seine Sendung im ZDF bekannt ist, bei einem SPIEGEL-Interview im April.

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Die Diskussion werde bisher nur mit technischen und wirtschaftlichen Argumenten geführt, doch die großen gesellschaftlichen Antworten würden fehlen. Obwohl viele der heutigen Probleme, wie Fremdenhass oder Fundamentalismus, eigentlich Reaktionen auf die digitale Revolution seien. „Viele Menschen fürchten, dass das, was sie sich als Deutschland vorgestellt haben, keinen Bestand mehr hat“, sagt Precht. „Und dass bis auf die Wetterkarte und die Fußballnationalmannschaft und blaue Autobahnschilder nicht viel übrig bleibt.“ Sie befürchten, dass ihre bisher gelebte Identität verlorengeht, weil das Silicon Valley „eine Vergangenheitsvergessenheit regelrecht predigen“ würde.

Neue Identität: Vom Empfänger zum Sender

Die meisten Menschen reagieren aber nicht nur passiv auf die Veränderungen durch die Digitalisierung. Sie ändern auch selbst gern ihre Identität, wenn sie das Internet benutzen, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen. „Elf Prozent der Online-Dater geben zu, sich mit Fake-Fotos bewusst in besseres Licht zu setzen“, zitiert Marco Preuss bei Focus Online eine weltweite Studie von Kaspersky Lab. Über die Hälfte der Täuscher auf Dating-Plattformen schönt demnach ihr Erscheinungsbild, nur beim Alter wird noch häufiger gelogen (59 Prozent). Das digitale Ich spiegelt eine bessere Version der wahren Identität vor.

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Und auch sonst hat sich in den vergangenen Jahren viel verändert: Wer beispielsweise Politik früher nur als „Empfänger“ wahrnahm, wird heute oft zum „Sender“, beobachtet Astrid Carolus. Dieses direkte Feedback bei Twitter und Facebook sorge „nicht immer nur für allerbeste Qualität in den Beiträgen“, erklärte die Medienpsychologin von der Universität Würzburg neulich der Mainpost. Schließlich sei es etwas anderes, ob man bei einer Beschimpfung seinem Gegenüber ins Gesicht blickt oder ihm aus einer „zumindest gefühlten Anonymität“ heraus böse Worte an den Kopf wirft.

Online-Kommunikation: Reduzierte soziale Hinweisreize

Online-Kommunikation basiert auf reduzierten sozialen Hinweisreizen, erklärte Carolus in einem Interview für die Website des Telefónica BASECAMP. „Kommunizieren wir über Facebook-Posts oder Tweets, können wir das Gegenüber weder sehen noch hören. Wenn aber die Mimik wegfällt, fehlt uns wesentliche Information.“ Die digitale Identität gleicht dann höchstens noch einem Holzschnitt von dem wahren Charakter der Menschen. „Die Verfasserin eines Wut-Kommentars sieht nicht, wie betroffen dieser den Empfänger macht“, sagt Astrid Carolus. „Sie hat zudem keine direkten Konsequenzen zu befürchten. Aus der gefühlten Anonymität heraus lässt es sich leichter eskalieren.“

Diese Mechanik wirkt übrigens auch in der entgegengesetzten Richtung: Als DIE ZEIT und andere Medien im September über 20.000 Menschen bei der Aktion Deutschland spricht zu persönlichen Gesprächen zusammenführten, die in Online-Befragungen vollkommen verschiedene Meinungen vertreten hatten, kam es kaum Eskalationen. Die meisten fanden sich richtig sympathisch und manche wollten sich sogar später wieder treffen. Die offene Debatte von Angesicht zu Angesicht scheint immer noch die beste Methode zu sein, um einen Konsens in unserer Gesellschaft zu finden. Auch darüber können wir am 13. Februar im Telefónica BASECAMP diskutieren. Wer mit dabei sein möchte, muss nur die Anmeldemaske neben diesem Artikel ausfüllen.

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