Was zählt als Homeoffice?
Während das Bundesarbeitsministerium (BMAS) noch das Grünbuch „Arbeiten 4.0“ diskutiert, hat die Bundesregierung nun bei einigen Teilaspekten schon für Begriffsklarheit gesorgt. In der am 2. November vom Bundeskabinett verabschiedeten Arbeitsstättenverordnung wird unter anderem definiert, was ein Telearbeitsplatz ist und welche Formen des Arbeitens abseits vom Schreibtisch im Firmenbüro nicht von der Verordnung erfasst werden. Das BMAS kündigte an, dass „die Verordnung zügig im Bundesgesetzblatt verkündet und am Tag nach der Verkündung in Kraft treten“ wird.
Über Änderungen an der zuletzt im Jahr 2010 reformierten Verordnung wurde mehrere Jahre diskutiert. An einer im Oktober 2014 vom Kabinett beschlossenen Fassung gab es Änderungswünsche von Seiten des Bundesrates. An der folgenden Version gab es Kritik von der Arbeitgeberseite: Bei den analogen Vorschriften störten sich die Unternehmen an der Pflicht, jedem Arbeitnehmer eine abschließbare Kleiderablage oder ein abschließbares Fach zur Verfügung zu stellen. Auch die Pflicht, Home-Office-Arbeitsplätze ihrer Mitarbeiter regelmäßig zu überprüfen, sorgte für Protest der Arbeitgeberseite. Die nun vom Kabinett verabschiedete Fassung, bei der diese Regelungen entschärft wurden, war Anfang September von neun Bundesländern im Bundesrat eingereicht worden. In seiner Plenarsitzung am 23. September hatte der Bundesrat die Zuleitung an die Bundesregierung beschlossen und die Zustimmung zum unmittelbaren Erlass der Verordnung durch die Regierung erteilt.
Im Home-Office ihrer Mitarbeiter müssen Unternehmer jetzt lediglich bei der Einrichtung eines neuen Bildschirm- Arbeitsplatzes eine „Gefährdungsbeurteilung“ vornehmen. Die offizielle Bezeichnung für Schreibtisch und Co. im Home- Office lautet „Telearbeitsplatz“. Nach der Verordnung sind Telearbeitsplätze
„vom Arbeitgeber fest eingerichtete Bildschirmarbeitsplätze im Privatbereich des Beschäftigten, für die der Arbeitgeber eine mit den Beschäftigten vereinbarte wöchentliche Arbeitszeit und die Dauer der Einrichtung festgelegt hat. Ein Telearbeitsplatz ist vom Arbeitgeber erst dann eingerichtet, wenn Arbeitgeber und Beschäftigte die Bedingungen der Telearbeit arbeitsvertraglich oder im Rahmen einer Vereinbarung festgelegt haben und die benötigte Ausstattung des Telearbeitsplatzes mit Mobiliar, Arbeitsmitteln einschließlich der Kommunikationseinrichtungen durch den Arbeitgeber oder eine von ihm beauftragte Person im Privatbereich des Beschäftigten bereitgestellt und installiert ist.“
Dem Bundesarbeitsministerium war es in seiner Pressemitteilung besonders wichtig, klarzustellen, welche Art von Arbeit außerhalb des Büros nicht von der Verordnung geregelt wird: „´mobile Arbeit`, z.B. das gelegentliche Arbeiten mit dem Laptop in der Freizeit oder das ortsungebundene Arbeiten, wie unterwegs im Zug“. Dieses Beispiel sei in den Medien immer wieder fälschlicherweise als „Telearbeit“ und als übertriebene Bürokratie dargestellt worden. In der Begründung der Verordnung wird „mobiles Arbeiten“ definiert als
„ein Arbeitsmodell, das den Beschäftigten neben der Tätigkeit im Büro noch Arbeiten außerhalb der regulären Arbeitszeit zu Hause oder unterwegs ermöglicht (ständige Zugangsmöglichkeiten über Kommunikationsmittel zum Unternehmen/Betrieb).“
Auch das Abrufen von E-Mails nach Feierabend außerhalb des Unternehmens oder die Arbeit zu Hause ohne eingerichteten Bildschirmarbeitsplatz unterliege nicht der Verordnung.
Mit der nun verabschiedeten Verordnung werden zwei bisherige Verordnungen geändert und eine integriert: Änderungen gibt es an der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und der Arbeitsschutz-Verordnung zu künstlicher optischer Strahlung (OSTrV). Die modernisierten Bestimmungen der Bildschirmarbeitsverordnung (BildscharbV) werden in die ArbeitsstättV übernommen. „Mit der Übernahme der BildscharbV in die ArbeitsstättV können detaillierte Anforderungen an Bildschirmarbeitsplätze durch den Arbeitsstättenausschuss (ASTA) ermittelt werden“, heißt es in der Begründung. Der ASTA solle die Anforderungen „in einem untergesetzlichen Regelwerk (…) konkretisieren“, das den Stand der Technik repräsentiere.
An einer Stelle lassen die Verfasser der Verordnung in der Begründung auch Digitalisierungsgeschichte Revue passieren:
„Bildschirmarbeitsplätze sind heute normale Büroarbeitsplätze mit Computer, Bildschirm, Drucker und sonstigem technischen Zubehör. Diese Arbeitsplätze sind in Büro- und Verwaltungsbereichen bei rund 40 Prozent aller Beschäftigten (17 Millionen in Deutschland) eingerichtet. Im Jahre 1990, bei Einführung der EG-Richtlinie Bildschirmarbeit, handelte es sich bei der Bildschirmarbeit noch um eine Sonderform der Büroarbeit.“
Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Sascha Klettke ist Chef vom Dienst und Analyst für Netzpolitik.