Vorschlag der EU-Kommission zur Globalisierung der Internet Governance

Veröffentlicht am 20.02.2014

Auf europäischer Ebene ist ein Vorschlag der EU-Kommission zur künftigen Verwaltung des Internets bekannt geworden. Nach Vorstellungen der Vizepräsidentin der Kommission, Neelie Kroes, sollte die Regulierung und Verwaltung grundlegend reformiert werden, wobei alle Beteiligten in diesen Reformprozess einzubinden seien, so eine Mitteilung vom 12. Februar. Europa müsse eine wichtige Rolle bei der künftigen Gestaltung des Internets spielen, betonte die Kommissarin. Die Zukunft der Netzverwaltung bräuchte einen breiten internationalen Dialog, damit zentrale Faktoren nicht länger mehrheitlich von den USA gesteuert werden.

Die EU will mitgestalten

Vor dem Hintergrund der Enthüllungen über die Überwachungsmaßnahmen großer Datenbestände sieht die Kommission „die Leitfunktion der USA in der Internet-Governance zunehmend in Frage gestellt“. Daher sieht sie die Notwendigkeit, ein globaleres Modell der Regulierung und Verwaltung des Internets anzustreben. Dabei sollen die Grundwerte von Offenheit und Partizipation geschützt werden, erklärte Kroes: „Unsere Grundfreiheiten und Menschenrechte sind nicht verhandelbar. Sie müssen auch online geschützt sein.“

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Maßnahmen für Transparenz und Mitgestaltung

Die Kommission schlägt mehrere Maßnahmen vor, um einen globalen Multi-Stakeholder-Ansatz zu erreichen. Zum einen soll ein konkreter Zeitplan für die Globalisierung der ICANN und der „IANA-Funktionen“ festgelegt werden. Die „IANA-Funktionen“ (Internet Assigned Numbers Authority) dienen u.a. der Zuordnung der IP-Adressen und sind als Abteilung in der ICANN (Internet Corporation for Assigned Names and Numbers) angesiedelt. Zudem sei laut Mitteilung der Kommission das globale Internet-Governance-Forum zu stärken. Als eine Beobachtungsstelle für Internet-Politik soll das Global Internet Policy Observatory eingerichtet werden, um als Online-Plattform für mehr Transparenz in der Internet-Politik zu sorgen.

Als weitere Maßnahme schlägt die Kommission vor, bestehende Widersprüche zwischen nationalen Rechtsvorschriften oder Rechtsordnungen zu untersuchen und Lösungsmöglichkeiten dafür zu erarbeiten. Grundsätzlich will sich die Kommission dafür einsetzen, Transparenz, Verantwortlichkeit und Mitwirkungsfähigkeit der multilateralen Mitbestimmungsprozesse und aller Beteiligten beständig zu verbessern. Weiterhin sollen Internet-Governance-Grundsätze zum Schutz eines offenen und unfragmentierten Internets geschaffen werden. Ein weiterer Punkt ist die Vorgabe, sich für die Globalisierung der wichtigen Entscheidungsvorgänge einzusetzen, „um die Stabilität, Sicherheit und Robustheit des Internets zu bewahren“. Darunter fallen demnach etwa die Koordinierung der Domänennamen und IP-Adressen.

Keine Kontrolle von oben

Eine einheitliche, zentrale Regulierungsstelle für das Internet gibt es nicht, sodass sich verschiedene Institutionen weltweit mit diversen Aspekten der Internet-Governance befassen. Den Vorschlag, die Internationale Fernmeldeunion als Kontrollinstanz für die Schlüsselfunktionen des Internets zu bestimmen, lehnte Neelie Kroes ab: „Ich bin zwar auch der Meinung, dass die Regierungen eine wichtige Rolle spielen müssen, aber Top-Down-Konzepte sind nicht die richtige Lösung. Wir müssen das Multi-Stakeholder-Modell stärken, damit das Internet ein schneller Innovationsmotor bleibt.“

Neuer Anlauf für internationale Netzverwaltung

Diese Mitteilung der Kommission soll die Basis für eine gemeinsame europäische Position in internationalen Verhandlungen sein, etwa bei der ICANN-Tagung oder dem Internet-Governance-Forum. Zu diesem Zweck soll das Verhandlungskonzept noch in Zusammenarbeit mit dem Europäischen Parlament und dem Rat weiterentwickelt und ausgearbeitet werden. Ähnliche Bestrebungen der EU-Kommission sowie vonseiten der Kommissarin Kroes, die Netzverwaltung zu internationalisieren, gab es in den vergangenen Jahren bereits häufiger, doch die Entwürfe scheiterten bislang.

Im schweizerischen Davos im Januar 2014 wurde im Rahmen der jährlichen Konferenz des Weltwirtschaftsforums eine „Global Commission on Internet Governance“ gegründet. Die Kommission, die von zwei unabhängigen Think Tanks ins Leben gerufen wurde, soll konkrete politische Empfehlungen für die künftige Steuerung und Regulierung des Internets entwickeln (vgl. BID 2014.05).

Stimmen zu dem Thema:

Neelie Kroes, Vizepräsidentin der Kommission

Die kommenden zwei Jahre sind für die Neuordnung der weltweiten Internet-Governance entscheidend. Europa muss dazu beitragen, dass ein glaubwürdiger Weg hin zu einer globalen Internet-Governance gefunden wird. Europa muss eine wichtige Rolle spielen, wenn es darum geht zu bestimmen, wie das künftige Internet aussehen wird.

(EU, 12.02.2014)

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Berliner Informationsdienst auf UdL Digital und ist Teil der aktuellen Ausgabe zur Netzpolitik. Aylin Ünal ist als Redakteurin des wöchentlich erscheinenden Monitoring-Services für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.

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