Virtual Reality: Holodeck und Hirn-OP beim zweiten VR Day des BVDW

Zweiter German VR Day des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) im Telefónica BASECAMP. | Foto: BVDW e. V.
Veröffentlicht am 14.12.2017

Foto: BVDW e. V.
Das Telefónica BASECAMP war am vergangenen Donnerstag wieder der Place-to-be in Berlin. Beim zweiten VR Day des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) war das Interesse so groß, dass die Liste für Anmeldungen schon eine Woche vor der Veranstaltung geschlossen werden musste. Die Präsentationen zeigten, dass sich die Anwendungen für Virtual Reality (VR) im Vergleich zum vergangenen Jahr stark verbessert haben. Das große Ziel der VR ist ein Holodeck wie in der Science-Fiction-Serie Star Trek, mit dem die virtuellen Welten aus dem Computer absolut realistisch erscheinen.

Virtuelle Realität darf nicht nur echt aussehen“, sagte Dominic Eskofier von NVIDIA. „Sie muss sich auch echt anfühlen und physikalisch korrekt reagieren.“ Alle Sinne sollen stimuliert werden, forderte der Head of Virtual Reality EMEAI des amerikanischen Grafikkartenherstellers. Seine Firma brachte am selben Tag ihr neues Modell dafür auf den Markt: Mit 21,1 Milliarden Transistoren und einer Rechengeschwindigkeit von 110 Teraflops ist die TITAN V nicht nur neunmal schneller als ihr Vorgänger, sondern auch fast genauso flink, wie es der schnellste Supercomputer der Welt vor gerade einmal zwölf Jahren war. Der war damals aber so groß wie ein ganzes Haus, während die 3.000 Euro teure Grafikkarte in einen normalen Desktop-PC passt.

Zweiter German VR Day des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) im Telefónica BASECAMP. | Foto: BVDW e. V.
Dominic Eskofier, Head of Virtual Reality EMEAI von NVIDIA. | Foto: BVDW e. V.

Damit auch die Geräuschkulisse der virtuellen Realität so echt wie im wahren Leben wirkt, setzt NVIDIA jetzt seine Ray Tracing Engine ein. Die Software wurde eigentlich entwickelt, um 3D-Grafiken zu erstellen. Doch sie kann nun auch die exakte Position von Schallwellen berechnen. Für das realistische Ganzkörper-Erlebnis der Virtual Reality kann man den HaptX-Anzug von AxonVR anziehen. Und damit auch bald die lästigen Controller oder Tastaturen verschwinden können, kooperiert der Hersteller mit IBM: Man fragt einfach die künstliche Intelligenz von Watson, wenn die virtuelle Welt sich verändern soll. „Solange aber das Headset durch seinen Druck an eine Hardware erinnert, müssen wir noch einige Schritte gehen“, sagte Nikolai Bockholt, Creative Services Engineer bei Google, bei der anschließenden Diskussion.

Virtual Reality: Auf dem Weg zum Massenmarkt

Die junge Technik wird erwachsen: Nach einem eindrucksvollen Start bei Mobile World Congress 2016 und einer Durststrecke, die darauf folgte, entwickelt sich Virtual Reality zu einem Massenmarkt. Während im ganzen Jahr 2016 nur ungefähr zwei Millionen VR-Headsets weltweit verkauft wurden, sollen es im dritten Quartal 2017 erstmals mehr als eine Million gewesen sein, sagen die Marktforscher von Canalys. Doch das Pflänzchen ist noch zart. Zum Vergleich: In demselben Quartal wurden auch mehr als 383 Millionen Smartphones weltweit verkauft, zeigen die Zahlen von Gartner.

Zweiter German VR Day des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) im Telefónica BASECAMP. | Foto: BVDW e. V.
Zweiter German VR Day des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) im Telefónica BASECAMP. | Foto: BVDW e. V.

Die Branche wartet weiter auf ihren iPhone-Moment, mit dem die Verbreitung der Endgeräte eine kritische Masse erreicht. Denn interessante Anwendungsmöglichkeiten für Virtual Reality gibt es schon jetzt sehr viele, wie man beim zweiten VR Day des BVDW sehen konnte. Und zum Glück lassen sich heute auch Smartphones für VR-Anwendungen nutzen, indem man sie einfach als Displays in VR-Brillen einschiebt. Das macht die Endgeräte günstiger. Die wichtigste Zielgruppe sind aber immer noch Computerspieler, erklärte Dominic Eskofier. Doch im Telefónica BASECAMP wurden auch ganz andere Anwendungen vorgestellt.

Nächste Stufe: VR-Technik direkt an den Sehnerv anschließen

Mit der HTC Vive habe ich schon einmal eine medizinische Punktierung gemacht“, sagte Nikolai Bockholt auf der Bühne. Auch die Bedienung einer Siebträger-Kaffeemaschine und eines Laser-Cutters hat er bereits in der virtuellen Realität erlernt. Im Telefónica BASECAMP stellte er die neue Air-Race-App vor, mit der man Kunstflüge aus den Wettbewerben von Red Bull mit einer Daydream View nachfliegen kann. Selbst die waghalsigen Piloten wollen die VR-Brille von Google jetzt verwenden, weil die App auf den originalen Telemetrie-Daten vom Saison-Finale in Indianapolis basiert. Damit müssen sie zum Trainieren nicht mehr in den großen Flugsimulator gehen.

Zweiter German VR Day des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) im Telefónica BASECAMP. | Foto: BVDW e. V.
Nikolai Bockholt, Creative Services Engineer bei Google. | Foto: BVDW e. V.

Die virtuelle Realität hat „eine extreme Anziehungskraft und emotionalisiert sehr stark“, warnte Heinz Korten von Telefónica Deutschland in seinem Vortrag. Das könne bewirken, dass immer mehr Leute ihre Erlebnisse in den künstlich erzeugten Welten für echt halten und auf Fake News hereinfallen, weil sie so realistisch erscheinen. Es dürfe aber auch nicht dazu führen, dass wir nun jeden Sinneseindruck in Frage stellen, weil wir befürchten, dass unsere Gehirne schon mit einer VR verbunden sind, die unsere Wahrnehmungen mit elektronischen Reizen überschreibt. Das ist die Anti-Utopie, die man aus den Matrix-Filmen kennt.

Zweiter German VR Day des Bundesverbandes Digitale Wirtschaft (BVDW) im Telefónica BASECAMP. | Foto: Telefónica BASECAMP
Pascal Kaufmann, Hirnforscher und Mitgründer von Starmind. | Foto: Telefónica BASECAMP

Doch auch solche Techniken sind längst in der Entwicklung: Der Hirnforscher Pascal Kaufmann beschrieb beispielsweise, wie er schon vor 17 Jahren seine ersten sezierten Gehirne mit Kunstblut am Leben erhielt und Kameras an ihre Sehnerven anschloss. Danach griff er Stromimpulse vom Hirnstamm ab, um Roboter damit zu steuern. Auf diese Weise könne man jede Art von Wahrnehmung künstlich erzeugen. „Das wäre die perfekte VR“, sagte der Mitgründer der Schweizer Firma Starmind. Und auch ein Holodeck gibt es bereits: NVIDIA hat es gebaut, damit Designer von unterschiedlichen Standorten gemeinsam an Modellen von Sportwagen bauen können, als ob sie zusammen in einer Werkstatt wären.

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