Vergabe von Frequenzen in Europa zu langsam und zu ineffizient?
Autorin: Monika Ermert
Deutschland, Schweden, Spanien, Italien, Portugal, Frankreich, kürzlich auch die Niederlande und das Vereinigte Königreich haben Anbietern von mobilen Breitband-Diensten – insbesondere LTE (Long Term Evolution) – neue Frequenzen im 800 Megahertz (Mhz) Spektrum zugeteilt. Nachdem die erste so genannte „Digitale Dividende“ – attraktive Funkfrequenzen, die als Folge der Umstellung vom analogen auf das digitale Fernsehen frei wurden – bereits veräußert wurde, findet nun in Europa eine Debatte über eine zweite Digitale Dividende im 900 MHz-Band statt. Trotz dieser neuen Entwicklung zeigt sich Neelie Kroes, die Vizepräsidentin der EU-Kommission und EU-Kommissarin für die Digitale Agenda, nicht zufrieden. Sie hat bereits mehrfach gefordert, die Frequenzverwaltung der Union müsse schneller und effizienter vonstatten gehen.
Bei ihrer Rede anlässlich der Global Mobile Conference Anfang diesen Jahres machte Kroes zwei Punkte deutlich: Zunächst warnte sie vor einem Kapitalverlust in den hart umkämpften Frequenzauktionen. Die britische Regulierungsbehörde Ofcom erhält beispielsweise etwa 2,78 Mrd. Euro aus dem Verkauf von Frequenzen im 800-MHz-Band und im Bereich von 2,6 Gigahertz (GHz) an EE, 3G, O2, Vodafone und BT. Bei den niederländischen Auktion für das 4G-Spektrum fiel der Hammer bei einer Summe von 3,8 Milliarden Euro.
Hohe Preise bei Auktionen letztlich teuer für die Nutzer
Kroes bemängelte, dass die Gelder in keinem der Fälle für den Ausbau der Netzwerk-Infrastruktur verwendet wurden. Den erheblichen Gewinn zu nutzen, um bezüglich des gesamten Haushalts besser dazustehen, könne den Bürgern zwar erstrebenswert erscheinen, doch die Bürger würden „eher früher als später eine Rechnung ihres Telekommunikations-Anbieters erhalten.“
Offensichtlich folgte die tschechische Telekommunikations-
Nach Einschätzung des deutschen Telekommunikations-
Harmonisierung des Spektrum-Managements
Der zweite Punkt, den Kroes hervorhob, bezog sich auf verzögerte Reaktionen einiger nationaler Regulierungsbehörden bei der Bereitstellung von Frequenzen für neue Anbieter mobiler Breitbanddienste. Im ersten mehrjährigen Abkommen zur Funkfrequenzpolitik der EU hat diese im letzten Jahr folgende Eckdaten festgeschrieben:
· Bis Ende 2012 sollen die Mitgliedstaaten die Verwendung der harmonisierten Bereich von 2,5 – 2,69 GHz, 3,4 – 3,8 GHz und 900/1800 MHz für drahtlose Breitband-Kommunikation zugelassen haben – auch für Mobilfunkdienste der dritten und vierten Generation.
· Bis zum 1. Januar 2013 sollen alle Mitgliedsstaaten die Nutzung des 800-MHz-Bandes für drahtlose Breitband-Kommunikation zugelassen haben (es sei denn, es wurde bereits vorab eine individuelle Vereinbarung bezüglich des Zeitraums getroffen). Eines der wichtigsten Ziele sei es, die dünn besiedelten Gebiete abzudecken.
· Spätestens bis Mitte 2013 soll sich die Kommission in Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten auf Details zu einer Bestandsaufnahme für den Bereich 400 MHz bis 6 GHz einigen, um eine effiziente Nutzung der Frequenzen in der EU zu sichern. Diese bildet fortan die Grundlage für weitere Maßnahmen in Bezug auf die koordinierte Zuweisung von Frequenzbereichen für bestimmte Anwendungen, wie etwa Wireless-Breitband.
Kroes warnte vor einem fragmentarischem und zögerlichem Vorgehen der Mitgliedsstaaten beim Versuch, diese Ziele zu erreichen. Mit ihrem Plädoyer für einen effizienteren, effektiveren und eher „harmonisierten“ Ansatz bezüglich der Frequenzspektren in der Union sprach sich die Kommissarin zweifellos auch für eine zentralisierte Verwaltung der Frequenzen aus. Ein EU-Spektrumsmanagement stand auch auf der Agenda für die gewünschte EU-Regulierungsbehörde für Telekommunikation, die von den Mitgliedstaaten aber abgelehnt wurde. GEREK, das Gremium Europäischer Regulierungsstellen für elektronische Kommunikation (engl. BEREK), hat nur begrenzte Autorität. Den nationalen Instanzen kommt de facto auch weiterhin die Regulierung der Telekommunikation in ihren jeweiligen Gebieten zu.
Ein Ausblick auf die World Radio Conference 2015
So, wie die Kommission für eine stärkere „Harmonisierung“ der Frequenzpolitik eintritt und mehr Frequenzen für mobile Breitbandangebote fordert, scheinen auch die Mobilfunkanbieter mit den bereits zugewiesenen Frequenzspektren nicht zufrieden zu sein. Die Vorbereitungen zur World Radio Conference 2015 sind bereits im Gange. Die WRC steht als internationales Forum unter der Schirmherrschaft des International Telecommunication Forum, dem die Koordination der internationalen Frequenzzuteilung obliegt. Für das Jahr 2015 haben die Mobilfunkanbieter das 700-MHz-Band ins Visier genommen. Da sie es beim WRC12 geschafft haben, die zweite digitale Dividende auf die Tagesordnung des nächsten WRC zu bekommen, ist – laut einem Strategiepaper der deutschen Regulierungsbehörde – davon auszugehen, dass ein Teil des 700-MHz-Bereichs primär für mobile Dienste zu Verfügung gestellt wird. Einige Hürden bestehen aber noch, bevor ein weiteres Frequenzband von den mobilen Diensten übernommen werden kann. In Deutschland wären diesbezüglich etwa die bereits bestehenden Nutzer des 700-MHz-Bandes sowie Begehrlichkeiten anderer Akteure zu nennen.
Die E-Plus Gruppe unterstützt das Alexander von Humboldt Institut für Internet und Gesellschaft beim Aufbau einer Plattform zu Fragen der Internet-Regulierung. Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen dieser Kooperation auf UdL Digital.