Internationale Stimme: Unsere Meinung zum Entwurf der EU-Kommission zur Neuregulierung der Telekommunikationsbranche

Veröffentlicht am 13.10.2016

Die Europäische Kommission hat in September ihren lang erwarteten Entwurf zur Überarbeitung der regulatorischen Rahmenvorschriften für die elektronische Kommunikation veröffentlicht, der Teil der (ebenfalls vorgestellten) EU-Vision zur europäischen Gigabit-Gesellschaft ist. Die neue Regelung in Form einer Einzelrichtlinie (mit der Bezeichnung „European Communication Code“) ersetzt die bisherigen vier Richtlinien „Rechtsrahmen“, „Zugang“, „Genehmigung elektronischer Kommunikationsnetze und -dienste“ und „Universaldienst“.

Wir schließen uns der europäischen Vision an und vertreten ebenfalls die Ansicht, dass Hochgeschwindigkeits-Konnektivität ein grundlegender Faktor ist, um der Wirtschaft Anschub zu geben und die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger zu steigern, und dass zur Erreichung dieser ehrgeizigen Zielsetzung eine massive Beteiligung der Privatwirtschaft erforderlich sein wird.  Wir stimmen daher zu, dass die derzeitige Gesetzeslandschaft einer umfassenden Überarbeitung bedarf, um in Europa ein positives Investmentklima zu schaffen, in dem die Realisierung von Hochleistungsnetzen möglich wird.

Wir stellen jedoch fest, dass der Reformvorschlag die wichtigsten Problematiken außer Acht lässt, die derzeit noch Investitionen in Europa behindern. Während wir die Flexibilitätselemente in den neuen Zugangsbestimmungen begrüßen, sind wir doch der Auffassung, dass die Kernelemente des Regulierungsmodells keine grundlegende Neuerung darstellen, da das Prinzip der beträchtlichen Marktmacht im Wesentlichen beibehalten wird.

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Zudem haben wir Bedenken, dass der neue Entwurf mehr Komplexität – etwa durch die Erweiterung der Regulierung auf europäischer Ebene zusätzlich zur Regulierung auf nationaler Basis – sowie mehr Spielraum für Marktinterventionen bringen wird, so zum Beispiel durch den Vorschlag zum Netzwerk-Mapping. Außerdem setzen die neuen Regelungen noch immer übermäßig stark auf sektorspezifische Regeln anstelle einer eher horizontalen Herangehensweise, was auch bedeutet, dass die Möglichkeiten zur Wahrung der Chancengleichheit sehr begrenzt sind.

Abgesehen davon wissen wir zu schätzen, dass in den neuen Rahmenbestimmungen:

  • Entwicklung und Einführung neuer Hochleistungsnetzwerke explizit als Grundziel verankert sind, womit der Bedeutung der Investitionsförderung und des Infrastrukturwettbewerbs Rechnung getragen wird, und begrüßen die neuen geplanten Bestimmungen über die flexible Anwendung des jetzigen Reglements unter bestimmten Umständen (Co-Investment, kommerzielle Vereinbarungen);
  • Maßnahmen berücksichtigt sind, um den Sektor von den bisherigen ungerechtfertigten Belastungen wie der Finanzierung des Universaldienstes und der Neudefinition der elektronischen Kommunikationsdienste zu befreien, was aus Sicht des Endnutzers sinnvoll und außerdem technisch neutral ist und in gewissem Maße die Rolle der neuen Internetakteure (OTTs) sowie neue Wege der Geschäftstätigkeit (z. B. Daten als Währung) berücksichtigt; und
  • die Koordinationsverfahren für das Spektrummanagement innerhalb der EU gestärkt werden, die Laufzeit der Spektrumlizenzen auf mindestens 25 Jahre harmonisiert wird und für Spektrumrechte das Prinzip „Bezahlung nach Verfügbarkeit“ gelten soll. Diese konkreten Maßnahmen werden vorbehaltlich ihrer Verabschiedung zu mehr Konsistenz beitragen und die Umsetzung neuer Mobilfunknetze (d. h. 5G) unterstützen.

Unser Fazit: Während wir alles in allem mit den erklärten Intentionen und Zielsetzungen des Entwurfs einverstanden sind, glauben wir doch, dass die Gesamtziele nicht hoch genug gesteckt sind, und dass im bevorstehenden Gesetzgebungsverfahren noch Spielraum für Verbesserungen besteht. Wir wollen darauf vertrauen, dass es den an diesem Prozess beteiligten europäischen Institutionen mithilfe des Inputs der relevanten Stakeholdern gelingen wird, zu einem Ergebnis zu gelangen, das dem Zweck gerecht wird. Telefónica freut sich auf die Mitwirkung an diesem Projekt.

Dieser Post stammt ursprünglich aus dem Public Policy Blog von Telefónica.

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