UN-Bericht: Gegen Hate Speech im Netz

Foto: CC0 1.0, Pixabay / LoboStudioHamburg | Bildname: internet-whatsapp | Ausschnitt bearbeitet
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Veröffentlicht am 31.10.2019

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Meinungsfreiheit bildet den Grundstein für eine funktionierende Demokratie. Doch die freie Meinungsäußerung wird nicht selten als Vorwand zur Artikulation von Hassreden – „Hate Speech“ – missbraucht. Das zeigt ein Bericht, den der UN-Sonderbeauftragte für Meinungsfreiheit und US- amerikanische Jurist David Kaye veröffentlichte.

Bisher würden die Staatsregierungen sowie Internetkonzerne die Konventionen der Menschenrechte nicht konsequent einhalten. Statt die Verantwortung an die Unternehmen abzugeben, müssten die Staaten eindeutige Gesetzesgrundlagen schaffen, um gegen digitale Hasstiraden vorzugehen.

Wann hört die Meinungsfreiheit auf?

Der UN-Bericht verweist auf den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR), der unter anderem die Meinungsfreiheit gewährleistet und schützt. Danach sind Staaten zum Eingreifen verpflichtet, wenn durch Meinungsäußerungen die Rechte anderer geschädigt werden. Laut der Justizbehörde wurden seit Anfang dieses Jahres insgesamt 136 Ermittlungsverfahren wegen Straftaten der Hasskriminalität eröffnet – 52 Fälle davon waren begangene Straftaten im Netz.

Für das Jahr 2018 zählte das Bundesinnenministerium 1.472 strafrechtliche registrierte Hasspostings. Dass die Dunkelziffer weitaus höher liegen muss, zeigt das Beispiel Youtube, bei dem in nur einem Quartal mehr als 100.000 Videos wegen Hate Speech gelöscht wurden – veranlasst durch das Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG). Seit Oktober 2017 sind Online-Plattformen verpflichtet, juristisch relevante Inhalte, welche „Hass, Hetze oder Terrorpropaganda“ beinhalten, binnen 24 Stunden zu löschen.

Der Bericht des UN-Sonderbeauftragten mahnt die ungenaue Definition des Begriffes „Hate Speech“ an. Das NetzDG sei zwar ein Ansatz für die Bekämpfung von Hasskriminalität im Netz, allerdings formuliere es den Begriff „Hass“ nur unzureichend. Außerdem würde der Staat durch Gesetze wie dem NetzDG die Verantwortung an die Plattformbetreiber abwälzen, die sich wiederum nur halbherzig an internationale Grundrechtestandards hielten. Durch die vage Rechtslage sei es für Unternehmen schwierig, die Balance zwischen individueller Autonomie des Einzelnen und rechtswidrigem Verhalten zu erkennen.

Verantwortung liegt auch bei Digitalkonzernen

Den Einsatz von Algorithmen zur Erkennung und Löschung von unliebsamen Inhalten stuft Kaye als problematisch ein, da diese „notorisch schlecht im Auswerten von Kontexten“ sind. Demnach sei die Fehleranfälligkeit von Upload-Filtern und anderer automatisierter Systeme zu hoch, als dass sie diskriminierungsfrei gegen Hate Speech vorgehen könnten. Beiträge sollten stattdessen von Menschen evaluiert werden.

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Zur Vermeidung von Hate Speech schlägt Kaye vor, dass Unternehmen ihre Geschäftsbedingungen konkreter formulieren und Transparenz über Lösch- oder Sperrverfahren herstellen sollten. Unternehmen müssten außerdem dafür Sorge tragen, dass das Löschen bestimmter Inhalte mit einer gewissen Sorgfaltspflicht einhergeht. Bei fälschlich gelöschten Beiträgen sollten Nutzer die Möglichkeit zum Widerspruch haben.

Im Juni hatten die Vereinten Nationen dazu einen Aktionsplan zur Identifizierung und Bekämpfung von Hate Speech veröffentlicht. Der UN-Generalsekretär António Guterres erklärte, dass Hassreden im Netz die Vorstufe zu brutalen Verbrechen seien. Eine ähnliche Meinung vertritt auch die Bundesregierung, die mit einem neuen Maßnahmenpaket schärfer gegen den Hass im Netz vorgehen will.

Bundesregierung verschärft NetzDG

Demnach soll das Strafrecht künftig zwischen Online- und Offline-Beleidigungen differenzieren. Denn „Hetzer im Netz attackieren nicht nur den einzelnen Menschen, sondern vergiften das gesellschaftliche Klima“, sagte die Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Zukünftig sollen Digitalkonzerne daher noch stärker in die Pflicht genommen werden. Strafbare Posts die im Zuge des NetzDG von Unternehmen entfernt werden müssen, sollen zusätzlich an die Behörden weitergeleitet werden, um gegebenenfalls Ermittlungen einzuleiten.

Dazu soll das Bundeskriminalamt (BKA) eine eigene „Zentralstelle für Hasskriminalität im Netz“ einrichten. Gegenüber der Rheinischen Post sagte BKA-Präsident, Holger Münch, Drohungen im Netz seien einschüchternd und demokratiegefährdend. Ziel sei es, dass „Provider verpflichtet werden, Inhalte an uns zu melden, die sie schon heute löschen müssen.“ Dabei gehe es darum, strafbare Einträge nicht nur zu löschen, sondern auch strafrechtlich zu verfolgen.

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