Umdenken im Verkehr: young+restless zum Thema neue Mobilität

Foto: Henrik Andree
Veröffentlicht am 11.09.2017

Foto: Henrik Andree
Diskussionen rund um den Diesel-Gipfel, die nahende Eröffnung der Internationalen Automobil-Ausstellung – gerade ist das Thema Mobilität in aller Munde. Ob die Tankstelle in naher Zukunft aussterben wird und weshalb man mit Carsharing kein Geld verdienen kann – darüber haben am Donnerstagabend junge Gründer und Experten der Branche bei young+restless im Telefónica BASECAMP diskutiert.

Wie können wir mit weniger Autos mehr Menschen transportieren? Das ist eine der entscheidenden Fragen in aktuellen Diskussionen rund um das Thema Mobilität. Klar, dass sie auch am 6. September im Telefónica Basecamp eine zentrale Rolle spielte. Vier junge Gründer und Experten diskutierten dort im Rahmen des Netzwerktreffens young+restless über die Zukunft des Verkehrs.

„Zerstörung der großen Player“

Einer von ihnen ist Christopher Burgahn von der MotionWerk GmbH aus Essen. Er ist fest davon überzeugt, dass auf uns eine „elektrische Mobilitätszukunft“ wartet. Mit der Share&Charge App unterstützt MotionWerk genau diese Entwicklung. Das Konzept: Besitzer privater Ladestationen teilen diese und verkaufen Ladezeit an andere Elektroautofahrer. „Auf der Arbeit oder zu Hause steht das Auto viel rum, diese Zeiten bieten viel Potenzial zum Laden. Dort wollen wir mit den privaten Ladesäulen ansetzen“, sagt Burgahn. Eine weitere Zukunftsvision von MotionWerk und Burgahn ist eine Plattform, die alle Sharing-Anbieter gemeinsam betreiben – eine offene Mobilitätsplattform.

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Christopher Burgahn, MotionWerk GmbH; Foto: Henrik Andree

Eine unrealistische Hoffnung laut Andreas Knie, Geschäftsführer des Innovationszentrums für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (InnoZ). Bemühungen um eine derartige Sharing-Plattform, über die man mit nur einer Anmeldung den Service sämtlicher Anbieter nutzen kann, habe es bereits gegeben. Er tadelt jedoch: „Car2Go war Mitglied und stieg dann aus, DriveNow war nie dabei.“ Der Wunsch der großen Player, Kundendaten vor Wettbewerbern geheim zu halten, sei zu groß. „Es kam der Gedanke auf: Meine wertvollen Daten darf ich mit niemandem teilen“, bemängelt Knie. Zur Realisierung von offenen Plattformen gilt für ihn daher: „Es geht nur mit der Zerstörung der großen Player.“

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Andreas Knie, Geschäftsführer des Innovationszentrums für Mobilität und gesellschaftlichen Wandel (InnoZ); Foto: Henrik Andree

„Eine emotionale Bindung zu Benzinmotoren“

Duraid El Obeid, Vorsitzender der Geschäftsführung der BMV Mineralöl Versorgungsgesellschaft mbH beschäftigt sich weniger mit Entwicklungen rund um Sharing als vielmehr mit Antrieben. Das  Aufkommen der Elektroautos gefährde die Existenz der konventionellen Tankstelle. El Obeid gesteht daher: „Es wird langfristig gesehen schwierig für unser Geschäftsmodell.“ Diesbezüglich bemängelt er auch: „Die alten Kraftstoffe werden an den Pranger gestellt, da können die Kraftstoffhersteller aber nicht viel für.“ Diese bemühten sich auch um alternative Kraftstoffe aus regenerativen Energien, beispielsweise Wasserstoff.

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Duraid El Obeid, Vorsitzender der Geschäftsführung der BMV Mineralöl Versorgungsgesellschaft mbH; Foto: Henrik Andree

Knie bestätigt dies: „Wir haben für alle Segmente des Fahrens – zumindest für PKW – jetzt schon regenerative Lösungen.“ Dennoch mache regenerative Energie im Verkehr gerade mal 5,8 Prozent aus – Tendenz fallend. „In Deutschland besteht eine emotionale Bindung zu Diesel- und Benzinmotoren“, erklärt er. Dies erschwere die Umstellung auf neue Treibstoffe. Zur Reduktion der CO2-Emissionen seien jedoch nicht alleine Treibstoffe entscheidend, sondern eben auch die Nutzung der Fahrzeuge – zurück zum Thema Carsharing. Knie bemängelt, dass Carsharing bisher nur ein Prozent der Verkehrsleistung ausmache. Dabei sei so viel mehr möglich: „In Berlin könnten wir locker mit 300.000 Autos auskommen, ohne dass jemand weniger fahren müsste – durch intelligente Nutzung.“

„Kein Eigentum mehr in der Verkehrswelt“

An dieser Stelle kommt das zweite Start-up des Abends ins Spiel: Drivy. „Den Großteil der Zeit stehen unsere PKW nur rum“, erklärt Countrymanager Nils Roßmeisl. Drivy bietet daher ein Carsharing für private PKW an: Autobesitzer können ihr Fahrzeug registrieren und es an andere Personen vermieten. Voraussetzung für den Erfolg derartiger Sharing-Angebote sei ein Umdenken, erklärt Roßmeisl. Für viele sei das Auto nicht nur ein Nutzmittel, sondern eben auch ein Statussymbol. Drivy, das seinen Hauptsitz in Brüssel hat, ist diesbezüglich auch auf kulturelle Unterschiede gestoßen. In Frankreich beispielsweise habe das Auto eine ganz andere Bedeutung als in Deutschland: „Wenn man sich da auf den Straßen umschaut, sind die meisten Autos zehn Jahre alt oder älter und haben schon einige Kratzer.“

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Nils Roßmeisl, Drivy; Foto: Henrik Andree

Laut Knie reicht ein Umdenken bei den Nutzern allein jedoch nicht. Auch auf politischer Ebene müsse sich einiges bewegen. „Man hat bisher nicht die Möglichkeit, mit Carsharing Geld zu machen. Alle Rahmenbedingungen sind ausschließlich auf die Privilegierung des privaten Autos ausgerichtet.“ Ein Beispiel: Der Car-Sharing-Anbieter Multicity entrichte jedes Jahr horrende Summen an Parkgebühren. Für Autobesitzer mit einem Anwohnerausweis hingegen sind die Parkplätze kostenfrei. Dennoch glaubt Knie an die Zukunft des Konzepts und ist überzeugt: „Es wird in Zukunft kein Eigentum mehr in der Verkehrswelt geben – auch nicht bei Fahrrädern.“ Weniger Eigentum im Verkehr, weg von Benzin und Diesel, hin zu neuen Treibstoffen – Umdenken und Verhaltensänderungen scheinen zentral für die Zukunft der Mobilität zu sein.

– Dieser Text wurde von young+restless/meko factory zur Verfügung gestellt –

Von Luise Schneider

Über young+restless

Seit Februar 2015 findet die Veranstaltungsreihe im Telefónica BASECAMP statt. Kuratiert wird young+restless von WAHLKREIS, dem unabhängigen Netzwerktreffen für das politische Berlin in Kooperation mit POLICY LAB, der politischen Ideenfabrik. young+restless, das Netzwerk für Young Professionals, ist ein gemeinnütziges Projekt der meko factory gUG (haftungsbeschränkt).

Premium-Sponsor: Telefónica BASECAMP
Sponsoren: degewo, innogy, YouGov
Partner: Bundesverband Deutsche Startups e.V.
Premium-Medienpartner: Der Tagesspiegel, FluxFM
Medienpartner: BerlinValleyNews, next.news, THE Hundert, #mekolab, UVK Verlag, Voice Republic

Save the Dates

Auch die weiteren Termine von young+restless in 2017 stehen schon fest:
Donnerstag, 21. September
Donnerstag, 05. Oktober
Donnerstag, 19. Oktober
Donnerstag, 16. November
Montag, 21. November – 3. DigTalk – Reden für das digitale Zeitalter
Donnerstag, 14. Dezember – Winter Edition

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