UdL Digital Talk Vorschau: Interview mit Chris Boos
Am Mittwoch ist es soweit: Unter der Überschrift „Intelligent, vernetzt, verändert – sind Maschinen die besseren Menschen?“ diskutieren Kanzleramtschef Helge Braun, Telefónica Deutschland CEO Markus Haas und Arago Gründer & Mitglied im Digitalrat Chris Boos beim nächsten UdL Digital Talk am 19. September ab 18 Uhr im Telefónica BASECAMP. Im Vorfeld des Diskurses haben wir Herrn Boos einige Fragen gestellt:
Sie gelten schon als KI-Experte seit einer Zeit, in der im Berliner Regierungsviertel niemand für möglich gehalten hätte, welchen politischen Stellenwert die Förderung der Künstlichen Intelligenz einmal bekommt. Sind Sie zufrieden mit dem neuen Fahrtwind in der Politik? Reicht der aus, um Deutschland zur KI-Nation zu machen?
Die Politik kann nur den Rahmen setzen und Aufmerksamkeit erregen. Ein neues Kapitel aufschlagen können nur die Menschen und Unternehmen selbst. Vom Bedarf den Rahmen zu setzen und die öffentliche Debatte zu führen, finde ich es wirklich erstklassig, dass sich die Politik insgesamt aber besonders die Regierung auch über alle Parteigrenzen hinweg nun mit dem Thema auseinandersetzt. Der allgemeine Hype über das Thema KI finde ich ist etwas übertrieben, weil er eben auch Blüten wie die Diskussion über Superintelligenzen und so weiter trägt, die schlicht und einfach überhaupt keine Rolle spielen. Bevor es eine KI gibt, die sich ihrer selbst bewusst wird, sollten wir erst einmal verstehen, was Bewusstsein ist und davon allein sind wir wohl noch recht weit entfernt.
Sie sind in eins der vielen Beratungsgremien der Bundesregierung berufen worden – den Digitalrat. Was für Anregungen will der Digitalrat der Bundesregierung geben? Womit fängt man an – bei so vielen Baustellen?
Ich kann nicht für den Digitalrat sprechen, weil unsere Aufgabe eine beratende ist und wenn man als Berater gehört werden will, bietet es sich nicht an die zu beratenden über öffentliche Interviews von den eigenen Gedanken und Ergebnissen zu unterrichten – auch wenn das scheinbar manchmal so gemacht wird.
Ich kann Ihnen aber sagen, was mich dazu bewogen hat, beim Digitalrat mitzumachen. Wir haben hier in Deutschland erstklassige Wissenschaftler, jede Menge motivierter Menschen, eine Gesellschaft, die wesentlich sozialer und gerechter ist als das in vielen anderen Orten der Welt der Fall ist und wir sind eine der wirtschaftlich stärksten Nationen, was uns dieses Leben doch erst ermöglicht. Aber ich habe das Gefühl, dass wir als Gesellschaft dabei sind die digitale Revolution zu verschlafen oder absichtlich nicht mitzumachen. Und das ist nicht mit dem Ziel zu vereinbaren, dass wir den Wohlstand erhalten und die soziale Gerechtigkeit ja noch verbessern wollen. Darum glaube ich, dass es notwendig ist in der politischen Führung genug Wissen zu haben und ehrlich den Spiegel vorgehalten zu bekommen, um die Rahmenbedingungen für einen Weg in die Digitalisierung, der unseren europäischen und deutschen Werten entspricht schnell zu schaffen und sich den digitalen Entwicklungen in für die Politik und Wirtschaft ungeahnter Geschwindigkeit anzupassen. Wenn es die Gelegenheit gibt dazu etwas beizutragen, dann ist es die Zeit aus meiner Sicht auf jeden Fall wert.
Neben einem Umdenken in der Politik braucht es sicherlich auch noch mehr gesellschaftliche Debatten zur Gestaltung der Digitalisierung. Wollen Sie Ihre Arbeit im Digitalrat auch an die Öffentlichkeit vermitteln und somit Denkanstöße dafür geben?
Der Digitalrat als Gremium ist zur Beratung der Regierung geschaffen. Ich persönlich gebe aber einen ganz erheblichen Teil meiner Zeit dafür aus, Aufklärungsarbeit an möglichst vielen Stellen der Gesellschaft und Wirtschaft zu leisten, um möglichst vielen Menschen eine gute Grundlage zu geben. Wenn ich erreichen kann, dass nur einige Menschen selbst über Digitalisierung und wie sie sich auf das eigene Leben auswirkt und welche unglaubliche Chance sie für einen selbst, das eigene Unternehmen oder das eigene Umfeld – ja sogar die ganze Gesellschaft darstellt, statt einfach nur irgendwelche Parolen für oder gegen Digitalisierung zu replizieren, dann habe ich mein Ziel schon erreicht.
Hätten Sie nicht als Kind schon programmieren gelernt, wären Sie vielleicht nicht der erfolgreiche Unternehmer geworden, der Sie heute sind. Welche digitalen Fertigkeiten müssen wir den Kindern heute vermitteln, damit sie auf die digitale Zukunft vorbereitet sind?
Programmieren ist nur eine bestimmte Art Probleme zu lösen. Es gibt auch andere Herangehensweisen für das Lösen von Problemen. Ich denke in einer Welt, die sich immer schneller entwickelt und in der die Aufgaben für uns Menschen stehst komplexer werden, wenn wir wirklich etwas beitragen wollen und eine Wirkung zeigen wollen, müssen wir unseren Kindern möglichst viele Methoden und Ansätze aufzeigen, mit denen sich Aufgaben bewältigen lassen und gute Lösungen finden lassen. Programmieren ist eine dieser Techniken, aber zum Beispiel die Philosophie birgt einen ganz anderen Lösungsansatz, der ebenso wertvoll ist. Ihre Frage ist doch eigentlich, ob ich der Meinung bin, dass Kinder verpflichtend in der Schule programmieren lernen sollten. Meine Antwort ist ja. Aber nicht um Code zu generieren, sondern um algorithmische Problemlösungsansätze zu lernen. Und wenn wir das zur Pflicht machen, sollten wir sicherstellen, dass wir andere Lösungsansätze ebenso verpflichten vermitteln -wie zum Beispiel die Philosophischen. Es geht darum Menschen deren Aufgabe es ist das Neue zu ergründen ein möglichst breites Fundament zu geben und ihnen möglichst viel Handwerkszeug einzupacken.
Beim UdL Digital Talk am 19. September diskutieren Sie mit Kanzleramtschef Helge Braun und Telefónica-CEO Markus Haas über die Digitalpolitik der Bundesregierung. Der Titel der Veranstaltung lautet „Intelligent, vernetzt, verändert – sind Maschinen die besseren Menschen?“ Was glauben Sie?
Dass der Titel Blödsinn ist. Entschuldigen Sie, aber eine Maschine wird niemals ein Mensch sein. Selbst wenn in hunderten von Jahren einmal eine mit Bewusstsein geschaffen werden sollte. Also warum die besseren Menschen. Für mich gibt das den Eindruck, als würden wir versuchen die Notwendigkeit uns selbst zu verbessern an irgendetwas abdrücken zu wollen. Sehen Sie die Nachrichten; wir müssen uns mit und ohne Maschinen stark verbessern, wenn wir keine zivilisatorischen Rückschritte machen wollen. Dabei spielen Maschinen keine Rolle. Die Frage der Veränderung hingegen ist eine der aller wichtigsten. Mir würde es viel besser gefallen, wenn der Titel „Intelligent, vernetzt, verändert – wie uns die Maschinen dabei helfen bessere Menschen zu werden“ wäre.
UdL Digital Talk
Am Mittwoch, 19. September 2018 im Telefónica BASECAMP, Einlass ab 18.00 Uhr, Beginn 18.30 Uhr. Bitte verbindlich über Facebook oder per E-Mail (repraesentanz@telefonica.com) anmelden.
Auch dieses Mal bringt der UdL Digital Talk Menschen aus Politik, Wirtschaft und digitalem Leben zusammen, um miteinander und mit den Live-Gästen zu aktuellen Themen zu diskutieren. Mit dem anschließend veröffentlichten Video ist der UdL Digital Talk eine der erfolgreichsten politischen Talk Shows im deutschsprachigen Internet. Wir freuen uns darauf, viele Menschen live oder digital #UdLDigital dabei zu haben!