UdL Digital Talk mit Monika Grütters und Smudo: Wieviel Digitalisierung verträgt die Kultur?

Veröffentlicht am 22.01.2016

Der erste UdL Digital Talk in 2016 startete mit zwei besonders hochkarätigen Gästen: Unter dem Titel „Wieviel Digitalisierung verträgt die Kultur?“ diskutierte Smudo, der Sänger der ersten deutschsprachigen Hip-Hop-Band Die Fantastischen Vier, im Basecamp von Telefonica vor über 200 Gästen mit Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und Medien, über die Auswirkung der Digitalisierung auf den Kulturbetrieb und die Künstler.

Musikindustrie im digitalen Zeitalter

Für Smudo, der seinen Durchbruch Anfang der 90er hatte und seit mehr als einem Jahrzehnt zu einem der bekanntesten deutschen Musikern zählt, gehört die digitale Welt fest zum Alltag. Die Arbeit mit der Plattenfirma läuft fast ausschließlich online, Texte werden in der Cloud geschrieben, Youtube und andere Soziale Medien nutzt er für seine Promotion. Die Digitalisierung hat für den Künstler aber auch ihre Schattenseiten. Von den Einnahmen, die in der Vergangenheit über die Tonträger kamen, bleibt heute nur noch die Hälfte.

Dem Fanta Vier Musiker geht es trotzdem nicht schlecht: „Wir haben unsere Zielgruppe gezüchtet, als das noch finanzierbar war“, beschreibt der 47-jährige den Wandel der Zeit. Staatsministerin Grütters, die Kulturbeauftragte der Bundesregierung, kennt die finanziellen Herausforderungen für dem Kulturbetriebs, die aus der Flatrate-Mentalität des letzten Jahrzehnts erwachsen sind. Inzwischen sei es jedoch Konsens, dass die künstlerische Leistung einen Wert und einen Preis habe. Da dieser jedoch nicht immer genügt, um ein ausreichendes Einkommen zu erzielen, wird in Deutschland ein Großteil des kulturellen Angebots mit staatlichen Mitteln unterstützt. In den USA werden dagegen nur 13 Prozent der Kosten für Kulturangebote von der öffentlichen Hand übernommen, so Grütters.

Cherno Jobatey diskutiert mit Monika Grütters und Smudo zum Theman "Wieviel Digitalisierung verträgt die Kultur?"
Cherno Jobatey diskutiert mit Monika Grütters und Smudo zum Theman „Wieviel Digitalisierung verträgt die Kultur?“

Kunst hält die Gesellschaft wach

Diesen Unterschied zwischen den USA und Deutschland führt die CDU-Politikerin auf die deutsche Geschichte zurück. Diese habe uns gelehrt, dass die eine freie und vielfältige Kunst die Gesellschaft wach hält. Es sei daher Aufgabe eines demokratischen Staates Künstlern die Voraussetzungen für eine kritikfreudige Kunstszene zu schaffen.

Monika Grütters beim UdL Digital Talk
Monika Grütters beim UdL Digital Talk

In diesem Zusammenhang warnte Grütters vor einer Gefährdung der Demokratie, wenn marktmächtige Gatekeeper zur digitalen Welt, wie Suchmaschinen, über die öffentliche Sichtbarkeit und Wahrnehmbarkeit von Kunst entscheiden. Dadurch könnten langfristig Meinungsmonopole entstehen.

 

Verwertungsgesellschaften als Interessenvertreter der Musikschaffenden

Beide Redner nahmen die oft gescholtenen Verwertungsgesellschaften in Schutz und unterstrichen die Vorteile des deutschen Systems. Gerade die Gema, die sich gegenüber Video-Portalen wie Youtube für eine angemessene Entlohnung der Künstler stark macht, sei ein Interessenvertreter für alle Musikschaffenden.

Uneinig waren sich Grütters und Smudo demgegenüber in der Frage, ob die Verlage ausreichend für die Digitalisierung gewappnet sind. Klar ist, dass die Verlagsbranche noch am Anfang der Digitalisierung steht. Während Grütters optimistisch ist, dass durch die Kooperation von Verlagen und Buchhandel ein guter Weg eingeschlagen wurde, ist Smudo skeptisch.

Handlungsbedarf bei ebooks

Lehren könnten die Verlage aber aus der Entwicklung der Musikindustrie ziehen, wo die Entwicklung eigener Trägerformate ein Weg gewesen sei, der zu mehr Unabhängigkeit geführt habe. Im Verlagswesen seien dies die ebooks, deren Marktanteil in Deutschland inzwischen bei ca. 16 Prozent liege. Allerdings seien die politischen Rahmenbedingungen noch nicht an alle Anforderungen des neuen Formats angepasst.

Auf Grütters Agenda stehen neben der Absenkung des Mehrwertsteuersatzes auf das Niveau der gedruckten Bücher, auch die Regelung für Privatkopien und die Verleihbarkeit von digitalen Gütern.

Smudo gibt digitale Sprechstunde

Smudo im Telefónica Basecamp
Smudo im Telefónica Basecamp

Zum Ende der Veranstaltung wurde die Diskussion für das Publikum geöffnet. Viele Gäste interessierte das Verhältnis von Verwertungsgesellschaften: Profitieren Künstler ausreichend von der Arbeit der Gema und hat Youtube nicht auch positive Werbeeffekte insbesondere für junge Künstler? Smudo hielt dem entgegen, dass der Druck auf die Künstler wächst, nicht nur auf Youtube, sondern auch auf anderen Kanälen kostenlos präsent zu sein. Dadurch kann schnell ein Ungleichgewicht zwischen Werbeeffekt und Einnahmeseite entstehen, das dazu führt, dass man als Künstler drauf zahlt. Dennoch wolle er via Twitter auch zukünftig kostenlos ansprechbar sein: er habe jederzeit digitale Sprechstunde.

 

 

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