UdL Digital Talk: Digitaler Wandel kommt aus der Gesellschaft – nicht vom Staat
Er ist tatsächlich Wirklichkeit geworden: Gestern hat der Bundestag den neuen, ressortübergreifenden Hauptausschuss namens „Digitale Agenda“ eingesetzt. Derweil liefern sich die Ministerien einen Wettbewerb um die Zuständigkeiten für digitale Themen. Man könnte sagen „So viel Digitales war nie. Wird jetzt alles gut?“ – unter dieser Fragestellung diskutierten gestern im BASE_Camp Brigitte Zypries, die als Parlamentarische Staatssekretäten im Bundesministerium für Wirtschaft und Energie das Thema IT verantwortet, und Christoph Kappes, Internetpionier und Unternehmer.
Warum kein Internetministerium?
Beide Gäste waren sich einig, dass die Themen Internet und Digitales alle Lebensbereiche durchdrängen und daher in Fachressorts behandelt werden sollten : „Das Internet (wirkt) als Kommunikations- und Transaktionsmedium in allen Bereichen. Das sind so tiefgreifende Einflüsse, die alle sozialen Systeme betreffen, und daher kann es nicht abgetrennt (behandelt) werden.“, so Kappes.
Das fängt mit der Schaffung der Grundlagen an – Stichwort Breitbandausbau. Diesen hat der Bundesminister für Verkehr und Digitale Infrastrukturminister, Alexander Dobrindt, zu einer zentralen Aufgabe erklärt. Denn immer noch gibt es im High-Tech-Land Deutschland große Regionen, die nicht vernünftig an das Internet angeschlossen sind. Das ist heutzutage ein relevanter Standortfaktor für Unternehmen, die sich ansiedeln sollen.
Innen- und Wirtschaftsministerium kümmern sich um die Anwendungen im Internet. Während das Innenressort die klassischen Sicherheitsthemen behandelt, ist das Wirtschaftsministerium für Internet und Wirtschaft zuständig. Dazu gehören laut Zypries „Start-Ups, Junge Unternehmen, Industrie 4.0 und die Kreativwirtschaft“.
Ist die Politik zuständig für die Gestaltung des Digitalen Wandels?
Brigitte Zypries sieht hier die Gesellschaft und nicht den Staat in der Pflicht. Allerdings versuche die Politik, die Rahmenbedingungen zu verbessern. Themen wie Netzneutralität, bessere Breitbandversorgung und Förderung von Open-Data seien bereits in Arbeit beziehungsweise in der Diskussion und sollen auch im Rahmen von Gesetzen umgesetzt werden.
Außerdem gehöre zu den Aufgaben des Staates die Fürsorge für seine Bürgerinnen und Bürger. Er müsse sie vor den zahlreichen negativen Aspekten im Zusammenhang mit den neuen Technologien schützen: Datenschutz, Urheberrecht, E-Stalking seien nur drei Beispiele, um die sich der Staat adäquat und auf der technischen Höhe der Zeit zu kümmern habe.
Auf der anderen Seite könne die Politik die vielfältigen positiven Aspekte neuer digitaler Technologien unterstützen. Mehr und direktere Bürgerbeteiligung sorgten für mehr Demokratie. Hier könne sich der Staat in allen Ebenen fördernd einbringen, in dem Bürgerinnen und Bürger Angebote unterbreitet würden. E-Government – also vor allem Behördengänge per Internet – seien noch längst nicht ausgereift. Christoph Kappes nannte hier die in der Regel unzureichende User Experience als großes Hindernis.
Brigitte Zypries betonte, dass der Staat in allen Ebenen schon sehr viel mache. Da jedoch so wichtige Themen wie Bildung Sache der Länder seien, würde in der Breite davon kaum etwas sichtbar: „Internet und Digitalisierung sind so vielschichtig, dass man besser einzelne Themen rausgreifen und „sektorspezifisch angehen sollte.“
Unter anderem dafür wurde der UdL Digital Talk ins Leben gerufen. Die Fotos der Veranstaltung sind auf Facebook und Flickr abrufbar.