Trends der Telearbeit: Homeoffice vor und nach Corona

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Veröffentlicht am 01.07.2020

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Seit dem Ausbruch der Coronakrise scheint Remote-Arbeit das ’neue Normal‘. In Europa stieg das Arbeiten von Zuhause um 40 Prozent. Doch lösen sich die neu eingeführten Arbeitsmodelle mit der schrittweisen Rückkehr in den Betrieben nun wieder auf?

Mit der Ausbreitung des Coronavirus und des in Folge angeordneten Lockdowns zogen in kürzester Zeit ganze Belegschaften ins Homeoffice um. Twitter erlaubt seinen Mitarbeiter*innen sogar, auch nach Ende der Corona-Krise uneingeschränkt im Homeoffice weiter zu arbeiten. Ein Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes der Europäischen Kommission zeigt nun, wie stark die Nutzung des Homeoffice von Beruf, Sektor und Qualifizierung abhängt. Die Pandemie vergrößere die Kluft zwischen denjenigen, die problemlos von zu Hause arbeiten können, und denjenigen, die an ihren Arbeitsplatz gebunden seien. Gleichzeitig unterstreicht das Gutachten, wie notwendig die Telearbeit für die Erhaltung von Arbeitsplätzen während der Coronakrise war.

Lehrer*innen sind Homeoffice-Champions

Während Heimarbeit unter Selbstständigen ein gängiges Modell ist, verbringen Festangestellte ihren Alltag noch immer oft am Arbeitsplatz. In den vergangen zehn Jahren sei der Anteil derer, die ihr Wohnzimmer zum Büro umfunktionierten, nur langsam gestiegen. Gerade einmal 5,4 Prozent der Festangestellten in Europa nutzten im Jahr 2019 ab und an die Heimarbeit – 2009 waren es 5,2 Prozent.

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Wie oft und wer Heimarbeit nutze, variiere stark zwischen den einzelnen Sektoren und Berufen. Besonders in Informations- und Kommunikationstechnischen (IKT) und „wissensintensiven Dienstleistungen“, zu denen unter anderem Tätigkeiten in der Unternehmensberatung, Wissenschaft oder in Architektur- und Ingenieurbüros gehören, sei Heimarbeit ein etabliertes Modell. Mehr als 40 Prozent der Arbeitnehmer*innen in IT- und anderen Kommunikationsbereichen arbeiteten regelmäßig von zu Hause. Umgekehrt war der Anteil der Heimarbeiter*innen in Verwaltungsdiensten sowie in der industriellen Fertigung eher gering.

Bis zum Ausbruch der Pandemie waren es neben hochqualifizierten Fach- und Führungskräften, vor allem Lehrer*innen die von Zuhause aus arbeiteten, um sich auf den Präsenzunterricht vorzubereiten. Wem ein hoher Grad an Autonomie im Unternehmen zukomme, habe ebenfalls bessere Chancen auf Heimarbeit. Für viele andere Menschen war die Arbeit im Homeoffice in den vergangenen Monaten hingegen eine neue Erfahrung. Dies gilt insbesondere für Arbeitnehmer*innen in Tätigkeiten, die ein hohes Maß an persönlicher Interaktion voraussetzen. Also Bereiche, die vor der Pandemie den geringsten Anteil an Telearbeit unter allen Berufsgruppen aufwiesen. Dazu gehören weite Teile der Tourismuswirtschaft sowie der Gastronomie und des Einzelhandels.

Schweden arbeitet im Wohnzimmer

Der wissenschaftliche Dienst hat aber auch starke Unterschiede bei der Verbreitung von Telearbeit zwischen den EU-Mitgliedstaaten ausgemacht. Bei Befragungen in Spanien und Italien gaben 2019 weniger als zehn respektive fünf Prozent der Arbeitnehmer*innen an, regelmäßig oder manchmal im Homeoffice zu arbeiten. Der EU-Schnitt liegt bei 15 Prozent und Deutschland etwas darunter. Die europäischen Spitzenreiter in Sachen Telearbeit waren 2019 Schweden, die Niederlande, Luxemburg, Finnland und Dänemark – die Schlusslichter Bulgarien, Rumänien und Zypern. In Schweden und den Niederlanden gaben rund 37 Prozent der Arbeitnehmer*innen an, manchmal oder regelmäßig im Homeoffice zu arbeiten. In Bulgarien oder Rumänien waren es gerade mal ein bis zwei Prozent.

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Interessant ist auch, wie stark die Unterschiede zwischen den Ländern in spezifischen Branchen ausfallen. Während im Jahr 2018 mehr als 60 Prozent der IKT-Fachkräfte in den Niederlanden regelmäßig oder gelegentlich von zu Hause arbeiteten, waren es in Deutschland gerade einmal 32 Prozent. Ausschlaggebend dafür sei auch die Größe des Unternehmens. Je größter das Unternehmen, desto wahrscheinlicher die Möglichkeit zur Heimarbeit.

Trend zum Homeoffice auch nach Covid-19?

Stellt sich die Frage, ob der Trend zum Homeoffice auch nach Corona bestehen bleibt. Das EU-Gutachten verweist auf die Notwendigkeit von Fortbildungen im digitalen Bereich, um den Herausforderungen, die sich aus den neuen Arbeitsbedingungen ergeben, gerecht zu werden. Denn Arbeitnehmer*innen mit ausgeprägten digitalen Fertigkeiten seien zu Beginn der Pandemie eher in der Lage gewesen, auf die Anforderungen der Heimarbeit zu reagieren. Mittelfristig bestehe die Gefahr, dass die Covid-19-Pandemie die bestehenden Ungleichheiten zwischen den Berufen verschärfe.

Mangelnde digitale Fertigkeiten würden das Risiko, den Job zu verlieren, erhöhen. Vor diesem Hintergrund seien Maßnahmen zur Einkommenssicherung von entscheidender Bedeutung, um die Lebensgrundlagen dieser Arbeitnehmer*innen zu schützen. Doch auch einige Unternehmen müssten aufrüsten. Denn Unternehmen, die vor der Krise nicht über die richtige IKT-Infrastruktur verfügten, hatten Schwierigkeiten, ihre Arbeit von zu Hause aus zu organisieren. Ob es in Sachen Homeoffice ein Zurück zum alten Zustand gibt, bleibt abzuwarten. Der Direktor des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung, Prof. Norbert Schneider, glaubt nicht daran: „Es wird eine neue Balance von An- und Abwesenheit am Arbeitsplatz geben“, sagte er bei BASECAMP ON AIR.

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