#Superwahljahr: Telegram, Whatsapp & Co – Neue Kanäle für Desinformation?
Foto: CC0 1.0, Pixabay / LoboStudioHamburg | Ausschnitt bearbeitet
Ob Facebook Messenger, Telegram, WhatsApp oder Signal: Weltweit werden über private Messengerdienste Nachrichten, Videos und Memes geteilt und weitergeleitet. Darunter häufig auch Falschnachrichten. Welchen Einfluss haben Messenger auf die Meinungsbildung und wer ist besonders von Desinformation betroffen?
Dieses Jahr ist Superwahljahr. Insgesamt sechs Landtagswahlen und die Bundestagswahl im Herbst rufen millionenfach zu Stimmenabgaben auf. Die Wahlentscheidungen können dabei auch durch (Des)Informationen beeinflusst werden, die über Messengerdienste geteilt werden.
Die sogenannten „Fake News“ waren bereits bei den Bundestagswahlen 2017 ein großes Thema. Seitdem hat sich einiges getan, aber die Gefahr des Phänomens ist weiterhin da. Allerdings wird heute nicht mehr von „Fake News“, sondern „Desinformation“ gesprochen. Den Begriff „Fake News“ hatte vor allem Ex-Präsident Donald Trump instrumentalisiert, um gegen klassische Medien zu hetzen und selbst gestreute Informationen als „alternative Fakten“ darzustellen. Waren vor vier Jahren noch vor allem soziale Netzwerke wie Facebook im Blickpunkt, verschieben sich Desinformationskampagnen nun auch zunehmend in private Messerdienste.
Messenger als neues Einfallstor für Desinformation?
Messenger wurden und werden dabei dazu genutzt, um Desinformation zu verbreiten. Vieles wird zigfach unhinterfragt geteilt und Quellen zu den geteilten Informationen nicht angegeben. Eine Kennzeichnungsstrategie wie zum Beispiel bei Facebook, die unabhängige Faktenchecker engagiert haben, die Falschnachrichten mit entsprechenden Warnhinweisen zu kennzeichnen, gibt es nicht. In der Wissenschaft spricht man deshalb auch vom „Dark Social“, geschlossenen Kanälen, in denen nicht mehr öffentlich kommuniziert wird und sich deren Mitglieder auch dadurch weiter radikalisieren können.
Verschwörungserzählungen wie vermeintliche Wahlfälschungen sind nur einige der Problemfelder. Zudem werden Politiker:innen gezielt angegriffen und mit Falschaussagen zitiert, wie es gerade unter anderem der Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock von den Grünen widerfährt. Zuletzt kursierten Inhalte in sozialen Netzwerken, wonach behauptet wurde, sie wolle die Witwenrente abschaffen, um mit dem Geld Geflüchtete besser integrieren zu können. „Nein. Das Zitat, das in Sozialen Netzwerken verbreitet wird, ist erfunden“, stellte die Investigativplattform Correctiv in ihrem Faktencheck richtig.
Desinformation erkennen
Desinformation kursiert unter anderem auch weit verbreitet im Zusammenhang mit Corona. Besonders davon betroffen seien vor allem junge Menschen im Alter von 14-24 Jahren, wie eine im Dezember 2020 veröffentlichte Studie zu Desinformation in der Coronakrise aufzeigt. 64 Prozent dieser Altersgruppe fällt es bei Fragen rund um die Pandemie schwerer als bei anderen Themen, zwischen glaub- und unglaubwürdigen Informationen zu unterscheiden, heißt es darin.
Allerdings spielt Desinformation nicht nur in Zeiten von Wahlkämpfen oder einer Pandemie eine große Rolle. Vielmehr beeinflusst es auch die gesellschaftlichen Diskurse, weil sich unter anderem die Informationsbeschaffung zusehends in private Chatgruppen verlagert. Die Medienkompetenz der Nutzer:innen wird hierbei von großer Bedeutung.
In einem Test hat die Stiftung Neue Verantwortung die digitale Nachrichten- und Informationskompetenz der deutschen Bevölkerung untersucht und ihre Ergebnisse in einer im März veröffentlichten Studie vorgestellt. Dabei kommen die Verfasser:innen unter anderem zu dem Schluss, dass Unterschiede zwischen Desinformation, Information, Werbung und Meinung von den Proband:innen zum Teil nur schwer erkannt werden.
Zudem herrsche ein weiterverbreiteter Zweifel gegenüber der Unabhängigkeit des Journalismus von der Politik. Der Gedanke, es gäbe gemeinsamen Machenschaften zwischen Medien und Politik, ist weit verbreitet: Ein Viertel der Bevölkerung teilt “Lügenpresse”-Vorwürfe. 25 Prozent stimmen der Aussage zu, dass Medien und Politik Hand in Hand arbeiten, um die Meinung der Bevölkerung zu manipulieren. Besondern im Fokus seien dabei die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, heißt es in der Vorstellung der Studie.
Nicht nur eine Frage des Alters
Zwar lasse sich festhalten, dass der jüngere Teil der Bevölkerung beim Test besser abschnitt, sprich „je älter, desto geringer die Kompetenzwert“, so die Verfasser:innen. Ein entscheidender Punkt sei darüber hinaus aber auch der Bildungsabschluss. „Besonders nachrichtenkompetent sind die hochgebildeten Befragten zwischen 18 und 39 Jahren, während die am wenigsten nachrichtenkompetenten Befragten Menschen unter 40 mit niedriger Schulbildung sind“, heißt es.
Besonders junge Menschen surfen viel im Internet, teilen auf Social Media. Um sie mit dem Phänomen der Desinformation vertraut zu machen und ihnen einen Umgang damit an die Hand zu geben, hat die Bundeszentrale für Politische Bildung ein Web-Video-Projekt „UnFAKE“ zum Thema Desinformationen angeboten. Darin zeigen unter anderem die Gamerin Gnu zusammen mit dem Comedian Kaya Yanar den jungen Zuschauer:innen spielerisch die Dynamiken und Folgen von Desinformation auf.