Teilhabe: Was bedeutet digitale Inklusion?
Der Anspruch, dass jeder Mensch in gesellschaftlichen Zusammenhängen ganz natürlich dazu gehört und mitmachen kann, wird im Allgemeinen mit dem Begriff der Inklusion beschrieben. Angesichts der fortschreitenden Digitalisierung ist es deshalb besonders wichtig, dass alle Menschen an der digitalen Welt teilhaben können und niemand ausgeschlossen wird. Doch was bedeutet digitale Inklusion konkret?
Unter Inklusion wird häufig das Einbeziehen von Menschen mit Behinderung verstanden, etwa in Form von Barrierefreiheit oder anderen Maßnahmen, die eine Ausgrenzung verhindern sollen. Dieses Verständnis leitet sich allerdings aus dem umfassenderen Ziel ab, dass alle Menschen gleichberechtigt Zusammenleben können – unabhängig von Geschlecht, Alter, Herkunft, Religionszugehörigkeit, Bildung oder möglichen Beeinträchtigungen körperlicher und anderer Art.
Barrierefreiheit und darüber hinaus
Mit diesem Anspruch gehen auch für die Digitalisierung bestimmte Herausforderungen einher, damit die positiven Seiten des Digitalen für alle nutzbar sind. Die Bundeszentrale für politische Bildung unterscheidet beispielsweise zwischen der Inklusion mit digitalen Medien und der allgemeinen Inklusion in die digitale Gesellschaft. Während man unter ersterem unter anderem die technische und barrierefreie Zugänglichkeit zu digitalen Tools verstehen kann, umfasst letzteres auch Fragen wie die Verfügbarkeit und Befähigung zur Teilhabe an der digitalen Gesellschaft. Doch betrachten wir die verschiedenen Herausforderungen im Einzelnen.
Für die barrierefreie Teilhabe an digitalen Angeboten sollten diese von Anfang an so gestaltet sein, dass auch Menschen mit Einschränkungen diese nutzen können. Denn bei bereits bestehenden Systemen ist eine Anpassung im Sinne der Barrierefreiheit oft teuer, aufwändig oder nur bedingt möglich.
Was dabei alles bedacht werden muss, zeigt das Beispiel barrierefreier Webseiten: Damit diese für gehörlose und schwerhörige, blinde oder Menschen mit Sehbehinderung zugänglich sind, müssen etwa Aspekte wie Schrift und Kontraste, ausreichend große Bedienflächen, Bildtitel, Beschriftungen von Grafiken und Schaltflächen, Gebärdensprache, akustische Informationen auch in Textform oder der Verzicht auf ablenkende Inhalte berücksichtigt werden.
Barrierefreiheit sollte zudem als ständiger Verbesserungsprozess verstanden werden und auch bei der Entwicklung neuer Technologien wie KI-Anwendungen eingeplant werden. Zum Beispiel können mittels Künstlicher Intelligenz bei virtuellen Meetings bereits heute Untertitel für gehörlose Menschen in Echtzeit generiert werden.
Eine Frage des Geldes und der Ausstattung
Ein weiterer wichtiger Punkt digitaler Inklusion ist die materielle Verfügbarkeit der notwendigen Hardware in Form von digitalen Endgeräten, Internetanschlüssen und verfügbarem Datenvolumen. Denn wie spätestens der Online-Unterricht während der Corona-Pandemie gezeigt hat, verfügen nicht alle Familien über ausreichend finanzielle Mittel, um die Anschaffungskosten dafür zu stemmen. Auf diese Weise wurden einige Kinder gewissermaßen von der gesellschaftlichen Teilhabe ausgeschlossen – weshalb hier auch von digitaler Armut die Rede ist.
Dem entgegenzuwirken, z.B. durch die Ausstattung von Schüler:innen mit Endgeräten oder die Einrichtung von Gratis-WLAN im öffentlichen Raum, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe für Politik, Wirtschaft und das Bildungswesen.
Zugang durch mehr digitale Kompetenzen
An diesen Aspekt schließen sich Fragen der vorhandenen Kompetenzen an, um digitale Tools auch tatsächlich verstehen und bedienen zu können. Insgesamt nehmen die Digitalkompetenzen zwar kontinuierlich in allen Altersgruppen zu, aber insbesondere bei jüngeren und älteren Menschen besteht hier noch ausreichend Handlungsbedarf, um ihre digitale Inklusion zu verbessern.
Hier sind neben den Schulen für die Jüngeren und Weiterbildungen für die Menschen im Berufsleben (sowie entsprechend qualifizierter Lehrkräfte) auch Angebote wie das Projekt „Digital mobil im Alter“ gefragt, um die Digitalkompetenzen der Über-65-Jährigen zu verbessern. Zugleich sollten digitale Anwendungen, die für Ältere besonders relevant sind, wie Arztbesuche oder Impftermine online zu vereinbaren, aber auch niederschwelliger werden, um zugänglicher für diese Gruppe zu sein.
Digitale Ungleichheit als Problem für soziale Teilhabe
Die genannten Punkte sind besonders wichtig angesichts der Tatsache, dass die digitale Teilhabe immer mehr zu einer Voraussetzung für die soziale Teilhabe wird – etwa bei der Informationsbeschaffung und Kommunikation, sei es im Privaten, auf dem Arbeitsmarkt oder in politischen Kontexten.
Damit verbunden ist der übergreifende Begriff der digitalen Ungleichheit. Aufgrund der oben aufgeführten Aspekte sind bestimmte Gruppen besonders häufig von Exklusion im Digitalen betroffen: behinderte Menschen, Ältere über 65 Jahren, Menschen mit niedriger formaler Bildung, Haushalte mit geringem Einkommen. Hinzu kommt eine geschlechtsspezifische Kluft im digitalen Bereich, besonders in MINT-Fächern, die aus Sicht des Deutschen Frauenrats überwunden werden muss.
Solche Aspekte der Inklusion sind auch bei der Entwicklung neuer Technologien zu bedenken, speziell bei KI-Anwendungen, um die Reproduktion bestehender Vorurteile und Benachteiligungen von bestimmten Gruppen zu vermeiden.
All dies zeigt, dass die digitale Inklusion durchaus ein weites und komplexes Feld ist, das noch weiter beackert und bestellt werden muss, damit möglichst viele Menschen an den Chancen der Digitalisierung teilhaben können.
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