Technik vor dem Durchbruch: Die zehn neuen Trends der MIT Technology Review

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Veröffentlicht am 21.03.2018

Foto: CC0 1.0, Pixabay User Ravindra Panwar | Ausschnitt bearbeitet

Immer noch kein Hoverboard? Das sorgte schon vor drei Jahren für Enttäuschung. 2015 sollten die fliegenden Skateboards überall zu finden sein, wussten die Fans des Films Zurück in die Zukunft. Aber so ist das oft mit Prognosen, besonders wenn sie die Zukunft betreffen oder aus Hollywood kommen. Etwas mehr Treffsicherheit hat dagegen die Liste der MIT Technology Review. Jedes Jahr geben die Redakteure der fast 120 Jahre alten Zeitschrift des Massachusetts Institute of Technology eine Vorhersage darüber ab, welche Technik kurz vor dem Durchbruch steht. Wir stellen sie heute vor, damit unsere Leser und die Besucher des Telefónica BASECAMP gut darauf vorbereitet sind.

Die Liste für 2018 hält zehn Tech-Trends mit Durchbruchvermögen bereit: technische Fortschritte, die Wirtschaft, Politik, Medizin und Kultur beeinflussen werden. Manche sind bereits bekannt, aber andere bereiten erst noch viel größere Innovationen für die kommenden Jahre vor. „Wir suchen Technik oder vielleicht sogar Sammlungen von Technik, die tiefgreifende Auswirkungen auf unser Leben haben werden“, sagen die Experten von der MIT Technology Review. Das klingt sehr interessant und macht uns neugierig.

3D-Metalldruck: Jetzt doppelt so stark

3D-Druck? Ist eigentlich ein alter Hut. Auch den 3D-Metalldruck gibt es schon länger. Aber das computergesteuerte Aufschichten des harten Materials hat sich in jüngster Zeit extrem verbessert. Bisher waren die Verfahren oft teuer und langsam, doch inzwischen geht selbst der Druck von großen und komplexen Objekten schnell und günstig.

Auch die Drucker werden immer preiswerter und die erzeugten Stahlbauteile können zweimal härter als herkömmliche sein, wie das Beispiel des Lawrence Livermore National Laboratory mit seinem bruchfesteren Edelstahl zeigt. So wird 3D-Metalldruck eine echte Alternative für Hersteller, die künftig einfach auf Print drücken und Metallteile auf Abruf herstellen.

Künstliche Embryos: Neues Leben aus der Stammzelle

Selbst Leben könnte es demnächst on demand geben. Britischen Wissenschaftlern ist es gelungen, Embryos ohne Eizelle oder Spermien zu erzeugen. Nur aus Stammzellen haben Experten der Universität von Cambridge die Embryos von Mäusen erschaffen. „Wir sind sehr optimistisch, dass uns dies ermöglicht, die Schlüsselmomente dieses kritischen Stadiums menschlicher Entwicklung zu erforschen, ohne mit echten Embryos arbeiten zu müssen„, sagt die Projektleiterin Magdalena Zernicka-Goetz. Nur was ist überhaupt ein „echter Embryo“? Ab wann entwickeln diese künstlichen Wesen ein Empfinden und wer sind ihre Eltern? Das dürfte neue Ethik-Debatten eröffnen.

Endlich Babelfisch: Alle Sprachen direkt im Ohr

Die Sprachbarriere muss weg, deswegen gibt es jetzt auch schon Kopfhörer mit Echtzeit-Übersetzer:  Die Pixel Buds von Google verknüpfen dafür Google Translate mit den hauseigenen Pixel-Smartphones. Damit kann ein Nutzer auf Italienisch sprechen, doch der andere versteht ihn auf Englisch. Oder umgekehrt, und es funktioniert fast genauso wie der Babelfisch aus dem Buch Per Anhalter durch die Galaxis. Das Geniale an der Kombi: Hintergrundgeräusche stören die Übersetzung kaum und beide Gesprächspartner können einfach ihr Smartphone dafür verwenden. Die Pixel Buds hätten zwar ein „fürchterliches Design“, schrieb die MIT Technology Review, und würden schlecht ins Ohr passen. Aber die Entwicklung gehe in die richtige Richtung, denn die „klobige Hardware“ könne behoben werden.

Smart City: Die mitfühlende Stadt in Quayside

Alle sprechen schon von Smart Cities und die schlauen Städte sollen jetzt wirklich kommen. Versprochen! Doch die Entwicklung stößt immer wieder auf Hindernisse. Deswegen will die kanadische Metropole Toronto jetzt Nägel mit Köpfen machen.

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Das Neubauprojekt Quayside wird gleich vom Grund auf als digitales Stadtviertel errichtet und bekommt unzählige vernetzte Sensoren. Datengetriebene Politik, autonome Autos und Straßenarbeiter-Roboter sollen für eine erschwingliche, lebenswertere und umweltfreundliche Lebenswelt sorgen.

Für alle: Künstliche Intelligenz aus der Cloud

Künstliche Intelligenz (KI) ist überall das große Thema. Aber dennoch setzen bisher fast nur ein paar Großunternehmen wie Amazon, Baidu, Google oder Microsoft sowie einige Startups solche Lösungen ein. Für viele andere Firmen sind die KI-Systeme noch zu teuer und zu schwer zu implementieren. Die Lösung soll jetzt Cloud-basierte KI bringen, die günstiger einzuführen und leichter zu nutzen ist. Dieses Konzept hatte Wolfgang Wahlster, CEO des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI),  schon vor einem Jahr im Telefónica BASECAMP vorgestellt. Doch jetzt gibt es die ersten anwendungsbereiten Lösungen für die Amazon Web Services, Microsoft Azure oder die Google Cloud. Auch IBM und Apple haben erst gestern eine Lösung vorgestellt, welche die künstliche Intelligenz von Watson für iOS-Apps nutzbar macht. Damit sollen die „schlauesten mobilen Apps aller Zeiten“ auf das iPhone kommen, schreibt 9to5Mac.

Qubits: Quantensprung für den Computer

Computer verbessern unser Leben, doch sie können auch selbst noch stark verbessert werden. Der nächste Quantensprung ihrer Entwicklung steht schon an, könnte man sagen, denn die nächste Generation sind die Quantencomputer. Google hat gerade erst sein neues Rechenwunder Bristlecore vorgestellt: einen Quantenprozessor mit 72 Qubits. Statt der bisher genutzten Bits stellen diese neuen Recheneinheiten nicht nur Nullen oder Einsen dar, sondern auch unendlich viele Zwischenzustände – und das sogar gleichzeitig. Das erhöht die Rechenleistung um ein Vielfaches. Diese neue Fähigkeit macht den Quantencomputer so überlegen gegenüber seinem Vorgänger. Selbst extrem komplexe mathematische Aufgaben, wie sie beispielsweise für das Molekül-Design in der Pharma-Forschung nötig sind, kann er schnell parallel lösen. Und angeblich auch jede Verschlüsselung knacken.

DNS-Wahrsagerei: Polygenetisches Risiko-Scoring

Wie hoch ist die Chance, dass ein Mensch im Lauf seines Lebens einen Herzinfarkt erleidet? Oder Nikotin-süchtig wird? Das lässt sich nun mit einiger Sicherheit aus einem DNS-Test erkennen.

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Wissenschaftler sagen mit dem „polygenetischen Risiko-Scoring“ schon Säuglingen ihre Zukunft vorher und werden dabei immer besser. Sogar den Intelligenzquotienten wollen sie aus der Genanalyse ablesen können. Das dürfte große Fortschritte im Gesundheitswesen bringen, aber es könnte auch zu einer genetischen Diskriminierung führen.

KI-Duell: Maschinen mit echtem Vorstellungsvermögen

Künstliche Intelligenzen sind hervorragend im Erkennen von Dingen, aber sie sind kaum kreativ. Dazu fehlt ihnen einfach das Vorstellungsvermögen. Die Lösung soll nun ein Duell bringen. Man lässt zwei KI in einem Generative Adversarial Network (GAN) gegeneinander antreten: den Generator und den Diskriminator. Beide neuralen Netze werden mit denselben Daten trainiert, beispielsweise mit Fotos von Fußgängern. Der Generator bekommt danach die Aufgabe, eigene Bilder daraus zu generieren. Das dürfte am Anfang zu ziemlich komischen Fotos führen, bei denen die Fußgänger beispielsweise drei Arme haben. Doch der Diskriminator weist solche Bilder immer wieder zurück, weil sie nicht seinen Kriterien für anatomisch korrekte Menschen entsprechen. Dadurch lernt die Software immer besser, unsere Welt zu verstehen. Und autonome Autos können so wirklich kapieren, was ein Fußgänger ist, damit sie ihn aus jedem Winkel erkennen und unsere Straßen sicherer werden.

Net Power: CO2-freier Strom aus Erdgas

In den USA soll bald das erste CO2-freie Gaskraftwerk ans Netz gehen. In der Nähe von Houston in Texas produziert eine erste Testanlage der Firma Net Power schon Strom ohne Emissionen. Und der Preis soll auch in Ordnung sein. Weil reiner Sauerstoff statt Luft verwendet wird, entstehen bei der Verbrennung von Erdgas nur Wasser und Kohlendioxid, das Turbinen antreibt und sich später an Zementfabriken oder Plastik-Produzenten verkaufen lässt, die das Gas als Rohstoff benötigen. Der Treibhauseffekt soll dabei nicht verstärkt werden.

zk-SNARK: Online-Datenschutz auf nächstem Level

Echten Schutz der Privatsphäre soll ein neues Internet-Tool ermöglichen, mit dem der Nutzer beispielsweise zeigen kann, dass er älter als 18 Jahre ist, ohne dass er sein Geburtsdatum verraten muss. Oder dass er genug Geld auf dem Konto für eine finanzielle Transaktion hat, obwohl er seinen Kontostand gar nicht bekannt gibt. Mit zk-SNARK („zero-knowledge succinct non-interactive argument of knowledge“) lässt sich das Risiko von Verletzungen der Privatsphäre oder Identitätsdiebstählen begrenzen, weil dabei keine persönlichen Informationen übertragen werden. Über das neue Kryptografie-Protokoll werden bereits jetzt anonyme Transaktionen in der Blockchain abgewickelt, was doch eigentlich gar nicht vorgesehen war. Die größte US-Bank, JPMorgan Chase, setzt diese Technik schon ein. Ein weiterer Hinweis, dass sie kurz vor dem Durchbruch steht.

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