Steinbrück: „Ich twittere nicht“

Veröffentlicht am 27.09.2012

Beim UdL Digital Talk diskutierten Peer Steinbrück, Bundesminister a.D., und Frank Schmiechen, stellvertretender Chefredakteur der WELT, im Berliner BASE_camp über das Thema „Social Media und Politik“.

In diesen Tagen kaum überraschend fiel gleich zu Beginn der Diskussion die Frage: „Können Sie Kanzler“? Was dagegen jedoch schon überraschend war, ist die Tatsache, dass Peer Steinbrück sie dem Moderator Cherno Jobatey stellte und die omnipräsente Kanzlerfrage somit nicht Jobatey überließ.

Zentrale Frage des Abends hingegen war, welche Rolle digitale und analoge Kommunikation im Dialog mit dem Bürger spielen. Steinbrück sprach sich gegen die Trennung beider Welten aus: „Politik ist nicht entweder oder, sondern sowohl als auch!“ Schmiechen stimmte ihm zu und griff hierzu aktuelle Trends aus der Wirtschaft auf: „Wer sein Geschäft nicht digital abbilden kann, wird auch in der analogen Welt nicht überleben“. Dies gelte auch für die Politik.

Echauffiert zeigte sich Steinbrück jedoch über den häufig aggressiven Umgangston im Internet, welchen er mit der Anonymität der Nutzer begründet, die harsche Beleidigungen fördere. Schmiechen, der seinen Ruf als blühender Vertreter der Digitalisierung bestätigte, konnte Steinbrück jedoch beruhigen: „Wir sind Virtuosen im Briefe und Bücher schreiben, aber blutige Anfänger im Internet“. In zehn Jahren seien dieses Problem Vergangenheit.

Am Beispiel eines im Alter von 14 Jahren geklauten Buches  gestand Steinbrück mit einem Augenzwinkern: „Ja, es ist schwierig, Fehler und Schwächen öffentlich zuzugeben“. In der digitalen Welt jedoch bestünde die Gefahr, dass beispielsweise Arbeitgeber Schwächen von Bewerbern in Form unangenehmer Partyfotos präsentiert bekommen, welche ewig im Internet nachvollziehbar seien. „Man wird sich auch im Internet irren dürfen“, entgegnete hierzu Schmiechen. Steinbrück gestand darauf ein, dass er bei einer „langweiligen Gestalt“, von der im Internet nur seriöse Inhalte zu finden wären, seine Zweifel hätte.

Steinbrück selbst nutzt digitale Kommunikation kaum. Sein facebook-Auftritt wird nicht von ihm selbst sondern von seinen Mitarbeitern gepflegt. twitter kommt für ihn gar nicht infrage: „Ich twittere nicht“, weil die Art und Weise dieser Kommunikation nicht zu ihm passe. Da Authentizität gerade im Bereich Social Media ein großes Thema sei, sah sich Steinbrück in seinem Urteil bestätigt. Am Ende waren sich Schmiechen und Steinbrück zumindest in dem Punkt einig, dass die digitale Revolution dazu geführt habe, „dass sich unsere Gesellschaft verändert hat“. Welchen Einfluss der digitale Bürgerdialog tatsächlich auf die Entwicklung unserer Gesellschaft hat, wird sich schließlich zeigen, wenn wir diesbezüglich keine „blutigen Anfänger“ mehr sind.

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