Start-Ups: Was sie von der Politik fordern
Regierungen sollen lernen digital zu denken, fordern die Mitglieder des Startup Europe Leaders Club, und stellen damit wahrscheinlich schon die meisten europäischen Regierungen vor große Herausforderungen. Noch dazu soll Unternehmertum – vor allem digitales – mehr gesellschaftliche Anerkennung bekommen – das wünschen sich zumindest die Unterzeichner des Start-up-Manifests.
Auch die weiteren Vorschläge der Gründergruppe, zu der auch spotify-Gründer Daniel Ek sowie Xing-Gründer Lars Hinrichs gehören, sind ambitioniert: Neben einem Mentalitätswandel über die Definition von Erfolg für die Start-up-Szene der IKT-Wirtschaft fordern die Unterzeichner, dass Regierungen bevorzugt Produkte und Dienstleistungen von kleineren Unternehmen erwerben, statt sich von den großen multinationalen Firmen versorgen zu lassen. Um leichter mit internationalen Fachkräften kooperieren zu können, schlagen sie die Einführung eines Start-up-Visas vor. Auf der Wunschliste steht aber auch die Absenkung des Kündigungsschutzes, um gegen die internationale Konkurrenz wettbewerbsfähig zu sein.
Dass diese Wünsche nicht ungehört verhallen, dafür wird EU-Kommissarin Neelie Kroes sorgen, denn sie hat den Club zusammengebracht und die erfolgreichen Jungunternehmer gebeten, aus ihrem Erfahrungsschatz einen digitalen Wachstumsplan für die EU abzuleiten.
Deutsche und europäische Vorstellungen gehen teilweise auseinander
Etwas weniger radikal gehen es die Mitglieder des Beirats „Junge Digitale Wirtschaft“ auf deutscher Ebene an. In ihren kürzlich vorgelegten Handlungsempfehlungen fokussieren sie sich auf einschlägige Vorschläge, etwa zur Förderung von IKT-Strukturen, zum Ausbau der Infrastruktur und zu Wachstumsmaßnahmen für Start-ups. Aber auch für die deutsche Startup-Szene spielen gesellschaftliche Fragen eine Rolle, denn auch hier gibt es den Wunsch, das Unternehmerbild in der gesamten Gesellschaft vorteilhafter zu platzieren, sodass nicht länger von „Heuschrecken“, sondern vielmehr von „Wirtschaftsmachern“ die Rede ist. Das Empfehlungspapier schlägt deshalb vor, mit der Gründerförderung bereits in der Schule zu beginnen, indem ein positives Rollenbild des Unternehmers im Sozial- und Politikunterricht gefördert wird.
Start-ups als Innovationstreiber (und -treiberinnen)
Mitglieder des 2012 eingerichteten Beirats sind Gründer und junge IT-Unternehmer aus der Start-up-Szene, Vertreter von etablierten IKT-Firmen sowie Investoren. Anders als die europäische Gründergruppe mit ihrem Manifest, legen die deutschen Unternehmer in ihren Empfehlungen auch einen spezifischen Fokus auf einen größeren Frauenanteil bei der Gründung von Unternehmen der Internetwirtschaft. Von geförderten Praktika für Mädchen über Vorträge von Unternehmerinnen an Schulen bis hin zu einer bundesweiten, generationen- sowie industrieübergreifenden Kampagne wird das ganze Gleichberechtigungsgeschütz aufgefahren.
Allerdings ist das charakteristische an „Empfehlungen“ ihr unverbindlicher Charakter. So bleibt für alle Beteiligten nur zu hoffen, dass auf den geforderten breiten, länderübergreifenden Dialog auch irgendwann Taten folgen. Bis dahin bleiben den Gründern zumindest die regelmäßig stattfindenden Gründerwettbewerbe. Am Montag, 9. September, konnte man diesbezüglich die Tatkraft der Bundesregierung besichtigen, als die Gewinner des Gründungswettbewerbs IKT Innovativ des Bundeswirtschaftsministeriums auf der Internationalen Funkausstellung in Berlin ausgezeichnet wurden. Bundeswirtschaftsminister Rösler freute sich, dass die junge digitale Wirtschaft durch diese Anreize unterstützt wird. Mehr von der internationalen Ausrichtung, wie es sich die Manifesto-Unterstützer vorstellen, gab es bei der Langen Nacht der Start-ups in Berlin am 7. September, wo den Preisträgern des Wettbewerbs eine Reise nach Israel zum Google-Campus in Tel Aviv winkte und ein internationales, dynamisches Start-up-Netzwerk auf die IKT-Jungunternehmer wartete.
Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Berliner Informationsdienst auf UdL Digital. Aylin Ünal ist als Redakteurin des wöchentlich erscheinenden Monitoring-Services für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.