Standpunkt: Was kann die EU für bessere digitale Infrastrukturen tun?

Credit: iStock/limeart, shutterstock/kanvictory
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Veröffentlicht am 02.08.2024

Kurz vor Ende der Legislatur des Europäischen Parlaments veröffentlichte die EU-Kommission im Frühjahr 2024 eine Konsultation über digitale Infrastruktur. Sie geht von der seit einigen Jahren verfestigten Analyse aus, dass in der EU im Vergleich zu anderen Weltregionen deutlich zu wenig in digitale Infrastrukturen investiert wird. Dazu hat die Konsultation Meinungen eingeholt, ob der Blick der EU im sogenannten „Whitepaper“ mit der Frage „Wie kann der Bedarf an digitaler Infrastruktur in Europa gedeckt werden?“ von den Akteuren im Markt geteilt wird.

Was die Verbände zum Weißbuch sagen, haben wir bereits hier im BASECAMP Blog zusammengefasst. Auch Telefónica hat sich an der Konsultation dazu beteiligt und begrüßt das Weißbuch, denn es erkennt aus Sicht des Unternehmens die Herausforderungen an, mit denen der Telekommunikationssektor in Europa konfrontiert ist. Zu Recht sollen die Ziele des Regulierungsrahmens über den Schutz der Endnutzer und die Förderung des Wettbewerbs hinaus erweitert werden und das Thema Wettbewerbsfähigkeit der Industrie, die wirtschaftliche Sicherheit und auch die Nachhaltigkeit berücksichtigt werden. Allerdings bedauert das Telekommunikationsunternehmen die fehlende Konkretisierung im Weißbuch. Es fehle an detaillierten Vorschlägen und einem ehrgeizigen Zeitplan, da die nächsten 12 Monate entscheidend seien.

Telefónica fordert kurzfristigen Legislativvorschlag

Die Lösung aus Sicht von Telefonica wäre ein kurzfristiger Vorschlag der EU-Kommission, der die richtigerweise identifizierten Herausforderungen beherzt angeht. Innerhalb eines Jahres, so der Wunsch, soll ein Rechtsakt über digitale Netze (DNA) vorgelegt werden, der den politischen Rahmen für das nächste Jahrzehnt bildet. Dieser DNA sollte die Grundlagen für einen neuen, vereinfachten Rahmen schaffen, der regulatorische Beschränkungen beseitigt und die Betriebs- und Verwaltungskosten für Netzbetreiber reduziert, um einen echten Binnenmarkt für elektronische Kommunikation zu schaffen. Im Kern müsste er investitionsfreundliche Marktstrukturen und Skaleneffekte ermöglichen, die für die Telekommunikationsbetreiber in der EU dringend erforderlich und entscheidend sind, um nachhaltig und rentabel zu sein und private Investitionen anzuziehen. Wenn die verbesserte Infrastruktur von mehr Menschen genutzt wird, dient das auch dem Wohl der Verbraucher und fördert eine nachhaltige Entwicklung.

Wettbewerbsrecht und Interconnection

Schlüssel zur Gestaltung der neuen Marktrealitäten ist aus Sicht des weltweit agierenden Unternehmens die Überarbeitung der EU-Fusionskontrollverordnung. Die Europäische Kommission sollte wie von ihr selbst vorgeschlagen einen Streitbeilegungsmechanismus einrichten, um sicherzustellen, dass große Inhalte- und Anwendungsanbieter mit Internetanbietern faire und angemessene Bedingungen für IP-Datentransportdienste vereinbaren, wenn kommerzielle Verhandlungen scheitern. Dabei geht es nicht nur um eine ausgewogene Verhandlungsposition zwischen den Parteien, sondern auch Anreize für alle Akteure, die Netzressourcen effizient und dadurch umweltfreundlich zu nutzen.

Innovative digitale Dienste fördern

Um innovative digitale Dienste zu fördern, wäre aus der Perspektive von Telefónica, eine einheitliche horizontale Datenschutzbestimmung für alle digitalen Akteure notwendig. Dazu müsste die sektorspezifische Datenschutzrichtlinie für die elektronische Kommunikation aufgehoben werden, so dass für alle gleichermaßen die Datenschutzgrundverordnung (GDPR) gelten würde. Die offene Internet-Verordnung müsste aus Sicht des Unternehmens für neu entstehende Anwendungsfälle (wie 5G Network Slicing und innovative Verkehrsmanagementtechniken) präzisiert werden.

Frequenzpolitik als Wachstumshebel

Die Frequenzpolitik schließlich, sollte zu einem Hebel für Investitionen und Wachstum gemacht werden Es geht beispielsweise darum, auch auf europäischer Ebene die Verlängerung bestehender Nutzungsrechte zu stärken und insgesamt längere Laufzeiten zu normieren. Es sollte ebenfalls künftige Knappheit in niedrigen und mittleren Frequenzbändern verhindert werden, indem diese Frequenzen auf der Grundlage strenger und transparenter sozioökonomischer Kosten-Nutzen-Analysen vergeben werden. Frequenzzuteilungen sollten nicht zu ineffizienten Ergebnissen oder wie in der Vergangenheit zu unverhältnismäßigen Preisen führen. Überfällig ist aus Sicht der Telefónica die Einbeziehung digitaler Netzwerke in die EU-Taxonomie als eindeutig nachhaltige Aktivität. Die vollständige Stellungnahme der Telefónica findet sich hier ganz transparent.

Wie ehrgeizig ist die Kommission-von-der-Leyen-II?

Insgesamt ist positiv zu sehen, dass die EU-Kommission die Betrachtung der Branche über die wirtschaftlichen Herausforderungen des Marktes mit zu großer Fragmentierung, uneinheitlicher Umsetzung der Frequenzregulierung, unvollendetem digitalen Binnenmarkt oder Investment Gap, teilt. Die Stellungnahme der Bundesregierung unterstützt grundsätzlich die Analyse aus politischer Sicht und erkennt beispielsweise das Investitions-Gap an und ist bereit, Maßnahmen zu diskutieren. Skeptisch sieht die deutsche Exekutive erwartungsgemäß eine Deregulierung im Festnetz und eine stärkere Zentralisierung der Frequenzpolitik auf EU-Ebene. Sie verweist auf ihre Fair-Share-Stellungnahme von 2023, spricht aber davon, dass Maßnahmen zu erwägen seien, falls Probleme bei Interconnection aufträten. Am Ende wird es darauf ankommen, was die Kommission-von-der-Leyen-II aus der Analyse macht und welchen Ehrgeiz sie an den Tag legt, den Rahmen für Investitionen in digitale Infrastrukturen tatsächlich zu verbessern.

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