Standpunkt: Neue Koalition muss Ausbau digitaler Netze fördern
Die digitale Infrastruktur ist die Basis dafür, dass die Dekarbonisierung zügig voranschreitet, gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land möglich sind und wir den Wohlstand sowie die Produktivität unserer Volkswirtschaft weiter ausbauen können.
Ohne die Netze ist ein Fortschritt nicht denkbar. Telefónica Deutschland ist diesem Fortschritt verpflichtet, der privatwirtschaftlich finanzierte Ausbau der digitalen Lebensadern unseres Landes ist der Kern unseres Handelns – hierfür investieren allein wir als Telefónica derzeit pro Jahr rund 1,3 Milliarden Euro in Deutschland. Über 45 Millionen Mobilfunkanschlüsse sind auf unserem Netz aktiv. Mit dem Smartphone im Netz von O2 ermöglicht Telefónica etwa der Hälfte der Bevölkerung unseres Landes die Teilhabe an der Digitalisierung, und für Industrie sowie Mobilität ist unser 5G Netz das Trampolin für einen Absprung in eine neue Ära.
Politische und regulatorische Entscheidungen hatten in der Vergangenheit weitreichende Auswirkungen auf die Geschäftstätigkeiten der Telekommunikationsunternehmen in Deutschland. Die Politik war in der Vergangenheit stark darauf ausgerichtet, möglichst günstige Endkundenpreise für Telekommunikationsprodukte in Deutschland zu erlangen, zugleich hat der Staat bei teuren Frequenzauktionen seine fiskalischen Interessen in den Vordergrund gestellt und den Unternehmen wichtige Investitionsmittel entzogen.
Der neuen Regierungskoalition bietet sich die Chance, die notwendigen Weichen zu stellen, damit die privatwirtschaftlichen Investitionen in den Ausbau der digitalen Infrastruktur Deutschlands deutlich steigen. Flächendeckende Mobilfunknetze auch in ländlichen Regionen und Glasfaseranschlüsse für alle Haushalte sind nur durch deutlich steigende Investitionen möglich. Damit das gelingt, braucht es eine konsistente Industriepolitik für Telekommunikation, die den Infrastrukturausbau forciert vorantreibt. Telefónica hat sich daher mit folgenden Vorschlägen an die neuen Koalitionäre gewandt:
- Seit dem Jahr 2000 haben die Netzbetreiber über 66 Milliarden Euro in Auktionsverfahren in Deutschland investiert; dieses Geld wäre deutlich besser in Infrastruktur investiert gewesen.
- Hohe Frequenzkosten – die von den Netzbetreibern auf dem Kapitalmarkt finanziert werden – schränken die Möglichkeiten für die Finanzierung des Netzausbaus ein. Aus diesem Grund belegen auch internationale Vergleiche, dass Länder mit niedrigen Frequenzkosten wie z. B. Korea oder die skandinavischen Länder über besonders leistungsfähige und flächendecke Mobilfunknetze verfügen.
- Es ist nun Zeit für eine Abkehr vom überholten Auktionsverfahren für die Vergabe von Frequenznutzungsrechten. Die Modernisierung des Telekommunikationsgesetzes in 2021 war ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung, denn hier wurde die bisherige gesetzliche Vorfestlegung auf die Versteigerung abgeschafft.
- In Kürze ist über die weitere Bereitstellung von Frequenznutzungsrechten zu entscheiden, die derzeit von den Mobilfunknetzbetreibern für die flächendeckende 4G-Versorgung eingesetzt werden und im Jahr 2025 enden.
- Die Verlängerung dieser bestehenden Frequenznutzungsrechte würde es den Telekommunikationsunternehmen ermöglichen, eingesparte Kosten in den Ausbau der Netzinfrastruktur umzuleiten. Der neuen Regierung bietet sich somit zeitnah die Möglichkeit, Rechts- und Planungssicherheit für die Betreiber der bundesweit ausgebauten Mobilfunknetze zu schaffen und zugleich die Unternehmen in die Lage zu versetzen, den 5G-Ausbau voranzutreiben und Funkversorgungslücken zu schließen. In einem solchen Verlängerungsverfahren könnten auch neue Versorgungsziele schon in den ersten Monaten der neuen Regierung definiert werden, die insbesondere den künftigen Ausbau in ländlichen Regionen und entlang von Verkehrswegen festlegen.
- Eine Verlängerung würde zudem dauerhaft den Betrieb der heute bestehenden Mobilfunknetze in der Fläche gewährleisten. Sollte einer der heutigen Zuteilungsnehmer einen Teil seines Spektrums verlieren, hätte dies massive Folgen für die Versorgung der Bestandskunden.
- Eine Förderung der Investitionsfähigkeit jener Unternehmen, die direkt in digitale Infrastrukturen investieren, ist deutlich effizienter und führt zu schnelleren Erfolgen als das seit Jahren praktizierte Modell der staatlichen Förderprogramme. Die bürokratischen Markterkundungs- und Ausschreibungsverfahren der Festnetz- und Mobilfunkförderung verschlingen seit Jahren immense Summen und nehmen viel Zeit in Anspruch, ohne dass hiermit der Netzausbau signifikant beschleunigt wird.
- Telekommunikation ist zu mehr als einem Grundbedürfnis der Menschen in Deutschland und weltweit geworden.
- Dies führt dazu, dass sich von Jahr zu Jahr das Volumen der verbrauchten Daten pro Nutzer in Deutschland nahezu verdoppelt. Der steigenden Nachfrage und den wachsenden Anforderungen an die Versorgung im ländlichen Raum kann nur durch steigende Investitionen in die Infrastruktur nachgekommen werden.
- Um die Investitionsfähigkeit der für Deutschlands Fortschritt so wichtigen Telekommunikationsindustrie zu stützen, schlagen wir daher einen gesetzlich verankerten und von der Bundesnetzagentur jährlich festgesetzten Inflationsausgleich auf Telekommunikationsprodukte vor, wie er in Großbritannien und Österreich schon seit Jahren Praxis ist.
- Langfristige Wettbewerbsfähigkeit in einem globalen Umfeld ist nur durch eine konsistente Industriepolitik und einen starken Markt möglich, dessen regulatorische Rahmenbedingungen Planungssicherheit bieten.
- Der Ausbau der digitalen Infrastruktur muss oberste politische Priorität werden, um jetzige und zukünftige Generationen und die deutsche und europäische Wirtschaft zu befähigen, mit ihren globalen Wettbewerbern Schritt zu halten.
- Politische und regulatorische Rahmenbedingungen sollten der Telekommunikationsindustrie Planungssicherheit und Bewegungsspielraum bieten, anstatt durch wenig zielführende Preisregulierungen das Wachstum der Branche und somit den Zugang zu digitaler Infrastruktur für Verbraucherinnen und Verbraucher zu hemmen.
- Deutschland und Europa dürfen sich im Bereich der Digitalisierung nicht von anderen globalen Akteuren abhängig machen. Die Stärkung der digitalen Souveränität Europas ist dafür eine Grundvoraussetzung.
- Dazu zählen neben der Finanzierung von Forschung und Entwicklung auch die Förderung öffentlicher Investitionen in Zukunftsbereiche wie etwa Cloud-Technologie, 6G und Open-RAN-Technologie.
- Wenn Deutschland weiterhin zu den führenden Technologie-Nationen gehören will, dann darf der Zugang zu Hochtechnologien aus China und den USA allerdings nicht ausgeschlossen werden. Daher sind eine zügige Neufassung multinationaler Datenschutzabkommen sowie ein risikobasierter Ansatz bei der Regulierung der IT-Sicherheit erforderlich.
- Der mit der Novellierung des BSI-Gesetzes im Jahr 2021 geschaffene Regulierungsrahmen für die Zertifizierung und Anmeldung bestimmter Komponenten von kritischen Infrastrukturen führt zu erhöhter Rechts- und Planungs-Unsicherheit für alle Unternehmen, die in Deutschlands wichtigste Infrastrukturen investieren. Wesentliche Elemente dieser Systematik sollten auf Praktikabilität überprüft und überarbeitet werden.
- Die bisherige Aufgabenverteilung zwischen BMWi und BMVI sowie zwischen Bundesnetzagentur und Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG) hat sich nicht bewährt. Es fehlt bereits seit Jahren an einer stringenten und von einer politischen Vision gelenkten Industriepolitik für den Telekommunikationssektor.
- Die für Telekommunikationsregulierung, Infrastrukturausbau und IT-Sicherheit zuständigen Abteilungen und Referate sollten nach unserer Auffassung daher dringend in einem Ressort gebündelt werden. Zudem sollten die Aufgaben der MIG bei der Bundesnetzagentur integriert werden.
Die neue Regierungs-Koalition hat gute und machbare Möglichkeiten für eine Weichenstellung, die den Ausbau der digitalen Infrastruktur des Landes voranbringt. Telefónica sieht sich als Teil der Lösung – wir möchten einen signifikanten Beitrag für die digitale Zukunft Deutschlands leisten. Um dies Wirklichkeit werden zu lassen, brauchen wir jetzt die richtigen Rahmenbedingungen.