Standpunkt: Digitaler Aufbruch für Deutschland – das sollte in den Wahlprogrammen zur Bundestagswahl nicht fehlen
Die bevorstehenden Bundestagswahlen bieten die Chance, digitale Weichen für die Zukunft zu stellen. Deutschland steht vor der Herausforderung, seine digitale Infrastruktur und Souveränität auszubauen, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. In diesem Artikel beschreiben wir die wichtigsten Forderungen und Vorschläge von O2 Telefónica für die Digitalpolitik der kommenden Legislaturperiode.
Investitionsfreundliche Frequenzpolitik
Deutschland muss bei neuen Technologien wie 6G und Open-RAN Vorreiter sein. Dazu ist es essenziell, rechtzeitig weitere Frequenzen für den Mobilfunk bereitzustellen. Die ständig steigende Nachfrage nach mehr Datenvolumen, höherer Übertragungsgeschwindigkeit und kurzer Latenz macht es erforderlich, weitere Frequenzen im Sub-700-MHz-Bereich sowie im 6 GHz-Band für Mobilfunk bereitzustellen. Andernfalls könnten die Bedarfe der Nutzer nicht dauerhaft sichergestellt werden. Bestehende Frequenznutzungsrechte sind zu verlängern, statt dem Markt Kapital durch Auktionen zu entziehen. Das ungenutzte 5G-Campus-Spektrum sollte den Mobilfunknetzbetreibern effizient für die Versorgung der Bevölkerung bereitgestellt werden.
Beschleunigung des Mobilfunkausbaus
Der flächendeckende Ausbau hochwertiger Mobilfunknetze erfordert eine engere Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen. Regulierungen wie nationales Roaming sollten vermieden werden, da sie den Infrastrukturwettbewerb behindern. Stattdessen muss alles dafür getan werden, dass der Ausbau neuer Mobilfunkstandorte beschleunigt und möglichst effizient gestaltet wird. Bisher wird der Netzausbau durch langwierige Genehmigungsverfahren in Deutschland massiv verzögert. Eine klare Gesetzgebung, wie das bereits in dieser Legislatur im „TK-NaBeG“ vorgesehene „überragende öffentliche Interesse“, und die Digitalisierung aller Verwaltungsvorgänge sind entscheidend. Für bessere Netzabdeckung in Zügen muss die Deutsche Bahn ihre Infrastruktur modernisieren und den Mobilfunkunternehmen zu marktgerechten Preisen zur Verfügung stellen.
Wettbewerb im Festnetz
Im Mobilfunk herrscht starker Wettbewerb zwischen drei bundesweit sehr gut ausgebauten Netzen, während im Festnetz eine Re-Monopolisierung droht. Lokale Glasfasermonopole und geringe Anbieter- sowie Tarifvielfalt belasten die Verbraucher. Eine Breitbandstrategie, die allein auf Ausbauziele fokussiert ist, ist nicht ausreichend. Notwendig sind marktgerechte Zugänge zu allen Glasfasernetzen für Wettbewerber und Maßnahmen zur Sicherung von Wahlfreiheit und Wettbewerb. Die Kupfer-Glas-Migration darf diese Angebotsvielfalt nicht gefährden und erst dann realisiert werden, wenn funktionierender Wettbewerb auf den Glasfasernetzen und eine hohe Akzeptanz der Glasfaser bei den Nutzern vorliegt.
Bürokratie abbauen
Übermäßige und immer noch weitgehend analoge Bürokratie belastet Unternehmen und Bürger in Deutschland. Es ist endlich Zeit für Vereinfachung und Digitalisierung. Komplexe Prozesse wie das Gigabitgrundbuch und überbordende Informationspflichten im Rahmen von Verbraucherverträgen sind oft unnötig und unverhältnismäßig. Zudem belasten umfangreiche Dokumentations- und Berichtspflichten Unternehmen finanziell und organisatorisch, ohne gesellschaftlichen Mehrwert zu schaffen. Auch Bürger leiden unter analoger und langsamer Bürokratie. Eine konsequente Digitalisierung von Verwaltungsprozessen und die Einführung einer digitalen Identität sind erforderlich, um Deutschland moderner und effizienter zu gestalten.
Digitale Souveränität in Deutschland und Europa
Deutschland sollte unabhängiger von außereuropäischen Hyperscalern werden. Öffentliche Investitionen in digitale Infrastrukturen und eine Kostenbeteiligung großer Datennutzer sind notwendig, um eine wettbewerbsfähige europäische Infrastruktur zu schaffen. Ein transparenter und innovativer Umgang mit Daten kann neue Geschäftsmodelle fördern. Telekommunikationsunternehmen sollten Verkehrsdaten intensiver nutzen können, ohne dabei die Netzneutralität zu gefährden. Datenschutzvorgaben müssen praxistauglicher gestaltet werden.
Innere Sicherheit und Resilienz
Die anlasslose Vorratsdatenspeicherung ist abzulehnen, stattdessen sind verfassungskonforme und technisch umsetzbare Alternativen wie „Quick-Freeze“ denkbar. Solche Maßnahmen zur Unterstützung der inneren Sicherheit dürfen Unternehmen jedoch nicht finanziell belasten, sondern müssen vom Staat erstattet werden.
Die Resilienz digitaler Infrastrukturen erfordert offene Schnittstellen, Investitionen in 6G und die Vermeidung von Monopolen bei Netzwerkausrüstern. Die dazu geschlossenen öffentlich-rechtlichen Verträge mit den bundesweiten Mobilfunknetzbetreibern sind eine hervorragende Grundlage, um sowohl den Sicherheitsanforderungen und den Auflagen für den künftigen Netzausbau zu genügen und zugleich die bestehende Versorgung der Bevölkerung mit Mobilfunk nicht zu gefährden.
Digitalministerium und zentralisierte Verantwortung
Um die Digitalisierung effektiv voranzutreiben, ist die Einrichtung eines Digitalministeriums auf Bundesebene sinnvoll. Digitalpolitische Kompetenzen dürfen nicht zersplittert sein, sondern gehören gebündelt.
Fazit
Nur durch ambitionierte Reformen, Investitionen in digitale Technologien und den Abbau von Hemmnissen kann Deutschland den digitalen Rückstand aufholen und seine Wettbewerbsfähigkeit sichern. Die Bundestagswahl 2025 ist der richtige Zeitpunkt, um diese Themen entschlossen anzugehen.