Social Media im Wandel: Ein Überblick über etablierte und neue Plattformen
Die Welt der Social Media-Plattformen hat sich in den letzten Jahren rapide verändert. Neue Plattformen sind aufgetaucht, es werden hitzige Debatten über Datenschutz, Algorithmen und Inhalte geführt, während sich die bisherigen Platzhirsche der Branche besonderen Herausforderungen wie Desinformation, Umgang mit Künstlicher Intelligenz und stärkerer Regulierung gegenübersehen. Hier gibt’s einen Überblick über aktuelle Entwicklungen und die Nutzerzahlen auf den bekanntesten Plattformen.
In den vergangenen beiden Jahren ist viel Bewegung in die Social-Media-Landschaft gekommen: TikTok erreichte seinen Durchbruch in Europa, das bereits 2016 entwickelte Mastodon erlebte Ende 2022 einen Hype, Anfang 2023 kam Bluesky als Twitter-Alternative hinzu und seit Sommer 2023 gibt es mit Threads auch vom Branchenriesen Meta einen Kurznachrichtendienst. Die drei letztgenannten Angebote sollten vor allem X, besser bekannt als Twitter, Konkurrenz machen, das seit der Übernahme durch Elon Musk im Oktober 2022 für viele Nutzer:innen deutlich an Attraktivität verloren hat.
X/Twitter in der Krise
Das alte Twitter galt mal als wichtiger Ort des Austauschs, insbesondere für Politik, Journalismus und Wissenschaft. Seit den Veränderungen durch Elon Musk, z.B. der Einführung von „X Premium“ oder der Entlassung vieler Content-Moderatoren, reißen allerdings die Kritik und negativen Schlagzeilen nicht ab: Es gibt Bedenken bezüglich Musks Verständnis von Meinungsfreiheit, Hassrede und Desinformation haben auf der Plattform spürbar zugenommen und die Zahl der Werbekunden geht zurück. Zudem drohen rechtliche Auseinandersetzungen und Geldstrafen von der EU, während die App in Brasilien zuletzt bereits mehr als einen Monat gesperrt war.
Wie sich das alles auf die Nutzerzahlen ausgewirkt hat, lässt sich nicht so einfach feststellen, da X/Twitter seit dem Kauf durch Musk dazu keine regelmäßigen Updates mehr herausgibt. Im Jahr 2022 wurde noch ein neuer Höchststand von 229 Mio. täglich aktiven Nutzer:innen vermeldet. Von November 2022 bis Anfang 2024 soll es laut Umfragen und Studien allerdings einen deutlichen Rückgang der Useraktivität gegeben haben. Weltweit ging sie demnach um 15 % zurück, in den USA sogar um 23 %. Angesichts zahlreicher falscher Accounts und Bots dürfte die reale Aktivität dabei noch mehr gesunken sein.
Stagnation bei Mastodon, Wachstum bei Bluesky
Die Alternativen zu X/Twitter konnten zumindest zweitweise von dessen Krise profitieren. So hatte Mastodon in seiner Hochphase 2,5 Mio. monatlich aktive User. Doch seit dem Dezember 2022 ist diese Zahl kontinuierlich auf ca. 900.000 zurückgegangen, während die Zahl der registrierten Nutzer:innen bei 15 Mio. liegt und nur langsam wächst.
Ein Problem des Netzwerks dürfte sein, dass viele neue Nutzer:innen die dezentrale Struktur verwirrend finden, was den Einstieg erschwert. Gerade aufgrund der Dezentralität wird die Plattform zwar von Datenschutz- und Open-Source-Befürwortern gelobt, dadurch bleibt Mastodon aber eher ein Nischenprodukt für Tech-Fans. Zudem wurde der Betreiberfirma im April 2024 ihre Gemeinnützigkeit in Deutschland aberkannt.
Ebenfalls dezentral organisiert, aber zurzeit etwas populärer ist Bluesky, die Plattform von Twitter-Gründer Jack Dorsey. In anderthalb Jahren konnte sie mit ihrem Ansatz von Transparenz und Nutzerkontrolle über Inhalte und Algorithmen 10 Millionen User gewinnen, von denen allerdings nicht alle aktiv sind. Allein während der Twitter-Sperre in Brasilien kamen innerhalb weniger Wochen mehrere Millionen neue Accounts hinzu.
Das Wachstumspotenzial der Plattform wird hoch eingeschätzt, auch weil man seit Anfang des Jahres keinen Einladungscode mehr benötigt, um sich anmelden zu können. Es kommen kontinuierlich neue Features hinzu und bisher findet dort im Vergleich zu den großen sozialen Netzwerken (noch) weit weniger Hass und Hetze statt.
Metas Plattformen dominieren
Die größte Konkurrenz für X/Twitter stellt mittlerweile aber Threads dar, das von Meta als Pendant dazu entwickelt wurde, eine ähnliche Umgebung bietet, aber stärker auf den Austausch von Textinhalten setzt. Auch dank der Integration mit Instagram kommt Threads mittlerweile auf über 200 Mio. User, von denen 33 Mio. täglich aktiv sind. Damit spielt es zwar in der gleichen Liga wie X/Twitter, allerdings ist die Nutzungsdauer in diesem Jahr stark zurückgegangen, obwohl Threads erst seit Dezember 2023 auch in der EU zugänglich ist.
Hinzu kommen Kontroversen um Anzeigen mit politischen Inhalten und um die Wirkung von Algorithmen, die besonders die anderen Plattformen von Meta betreffen: Facebook und Instagram. Ersteres hat als Urgestein unter den Social Media-Plattformen in den letzten Jahren stark an Popularität eingebüßt, gerade unter jüngeren Menschen. Trotzdem nutzen täglich immer noch mehr als zwei Milliarden User Facebook, in Europa sind es 400 Mio. monatlich aktive Nutzer:innen – trotz der öffentlichen Kritik an Datenschutzverletzungen und der Rolle bei der Verbreitung von Falschinformationen. Vor kurzem wurden aber russische Staatsmedien von den Meta-Plattformen aufgrund kontinuierlicher Desinformation verbannt.
Instagram dagegen hat den Ruf, vor allem von jüngeren Menschen genutzt zu werden, kommt aber ebenfalls auf hohe Zahlen: Zwei Milliarden monatlich aktive Nutzer:innen, von denen 500 Mio. sogar täglich auf die App zugreifen, sprechen hier eine deutliche Sprache. Dabei hat sich Instagram in den letzten Jahren stark gewandelt – von der simplen Foto-Sharing-Plattform hin zu einer App für Reels, Shopping und Influencer-Marketing. Die Konkurrenz durch TikTok ist bei dieser Entwicklung klar spürbar.
TikTok & Telegram: Erfolgreich und hoch umstritten
Kurze Videos, virale Challenges, Tanz- und Musikclips haben TikTok zur Lieblingsplattform der jüngeren Generation werden lassen. Die App des chinesischen Unternehmens ByteDance konnte in den vergangenen Jahren einen massiven Zuwachs verzeichnen und soll mittlerweile mehr als 1,5 Milliarden User haben. Aufgrund der Verbindung zu China sowie bestehender Datenschutz- und Sicherheitsbedenken ist die Plattform allerdings auch hochumstritten und einige Länder überlegen, die App einzuschränken oder zu verbieten. Zumal sie zunehmend auch für politische Kommunikation und Desinformation genutzt wird.
Ähnliche Debatten gibt es auch über den Messengerdienst Telegram, der wegen starkem Datenschutz und wenigen Content-Regeln bei vielen Nutzer:innen beliebt ist. So nutzen laut dem Plattform-Gründer ca. 900 Mio. User die App. Jedoch haben die beschriebenen Vorteile auch dazu geführt, dass die Plattform in Verruf geraten ist, weil sie von extremistischen Gruppen und Verschwörungstheoretikern genutzt wird. Deshalb fordern mehrere Länder und besonders die EU, dass Telegram mehr Verantwortung für die Inhalte auf der Plattform übernimmt – was durch die Verhaftung und Ermittlungen gegen den Telegram-Chef in Frankreich unterstrichen wurde. Ob dies wirklich zu mehr Moderation und Überprüfung von Content führen wird, ist aber noch fraglich.
Wie es in Deutschland aussieht
Das Ranking der Social Media-Plattformen bei den Nutzerzahlen spiegelt sich auch in Deutschland wider, wie unter anderem die jüngste ARD/ZDF-Medienstudie zeigt: Demnach öffnen 38 % der Befragten Instagram mindestens einmal pro Woche, bei Facebook sind es 33 %.
Besonders bei den Jüngeren dominiert Instagram deutlich: 82 Prozent der 14-29-Jährigen nutzen die Plattform wöchentlich und auch bei den 30-49-Jährigen sind es bereits 50 %. TikTok liegt hierzulande zwar noch dahinter, legt bei den 14-29-Jährigen aber um zehn Prozentpunkte auf 52 % zu.
Twitter/X dagegen schrumpft in Deutschland langsam, aber stetig. So ist die tägliche Nutzung zuletzt von sieben auf vier Prozent gesunken. Mindestens einmal pro Woche nutzen es 7 % der Befragten. Im Gegensatz dazu erreicht Threads nach dem ersten Jahr 4 % wöchentliche Nutzung, während Mastodon und Bluesky jeweils 2 % vorweisen können.
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