Social Media & die junge Generation: Interview mit Mirko Drotschmann
Soziale Medien sind aus dem Leben vieler jüngerer Menschen nicht mehr wegzudenken. Wie sich das auf die politische Kommunikation auswirkt und wie die junge Generation über Instagram, TikTok und Co erreicht werden kann, darüber haben wir mit Mirko Drotschmann gesprochen, der als MrWissen2Go in den sozialen Netzwerken Allgemeinwissen rund um Politik, Geschichte und das aktuelle Zeitgeschehen vermittelt.
Herr Drotschmann, als MrWissen2Go folgen Ihnen viele junge Menschen auf YouTube und Instagram. Wie blickt in Ihrer Wahrnehmung die junge Generation auf die politische Kommunikation hierzulande und welche Rolle spielt Social Media dabei?
Junge Menschen informieren sich sehr divers über das politische Geschehen. Sie nutzen dafür viel die sozialen Netzwerke, folgen dort Politikerinnen und Politikern, informieren sich aber auch mittels der diversen Medien, die über Politik berichten. Gleichzeitig suchen sie sich auch selber ihre Wege und schauen zum Beispiel vor einer Wahl auch mal in das Wahlprogramm einer Partei. Aber ganz wichtig ist: Das geschieht alles online!
Da passiert nichts mehr analog und eine große Rolle spielen dabei besonders Plattformen wie Instagram, auf denen sehr kurzweilig und in geringem Umfang Informationen angeboten werden. Dort kann man also auch beim kurzen Durchscrollen des eigenen Feeds das ein oder andere vom politischen Geschehen mitnehmen.
Das birgt zwar diverse Gefahren, bietet aber gleichzeitig auch die Chance, junge Menschen genau da zu erreichen, wo sie sich bewegen – ohne dass man darauf warten muss, dass sie einen auf anderen Wegen finden. Deshalb bin ich mit meinen Inhalten ebenfalls auf diesen Plattformen vertreten, die die schon existieren und stark frequentiert sind.
Wie sehen Sie als Journalist den politischen Diskurs in den sozialen Medien? Zeichnen sich hier neue Trends ab?
In der Hinsicht bin ich tatsächlich etwas kulturpessimistisch. Ich sehe Trends und die sind alle negativ. Man kann in den Debatten sehr gut eine zunehmende Polarisierung beobachten: Menschen gehen nicht mehr auf Argumente der anderen Seite ein, lesen das gar nicht richtig, was andere schreiben, und versuchen auch nicht, ihren Horizont zu erweitern. Stattdessen sind sie angetrieben durch die eigene Echokammer, in der man unterwegs ist. Dort wird eigentlich immer nur nach einer Bestätigung der eigenen Meinung gesucht. Und auf der anderen Seite geht es oft nur noch darum, Fehler und vermeintliche oder tatsächliche Fehltritte anderer zu erkennen, zu entlarven und zu skandalisieren.
Konstruktiver, inhaltsgetriebener Austausch findet immer seltener statt, insbesondere auf Plattformen wie Twitter. Das ist etwas, was ich sehr schade finde, denn solche Plattformen könnten ja gerade dazu dienen, den Austausch anzuregen und einen politischen Diskurs voranzutreiben. Leider passiert das immer weniger und gerade die Lust nach dem Skandal und andere zu zerreißen, die macht vieles kaputt. Auch der raue Umgangston, der dort herrscht, ist meiner Meinung nach nicht unbedingt einer konstruktiven Debatte zuträglich.
Diese Beobachtungen sind, wie gesagt, ziemlich kulturpessimistisch. Trotzdem habe ich die Hoffnung, dass es besser wird.
Sie sind auch auf Twitter präsent, das in Deutschland bisher als die Social Media-Plattform für politische Kommunikation unter Multiplikatoren galt. Hat sich das seit der Übernahme durch Elon Musk merklich verändert? Wie relevant wird Twitter in Ihrer Einschätzung zukünftig noch sein?
Das ist schwierig zu sagen, es gibt ja einige neue Player auf dem Markt: Mastodon, jetzt seit kurzem auch Threads. Es ist allerdings noch nicht abzusehen, ob diese Plattformen Twitter ein Stück weit den Rang ablaufen können. Das geschieht erst dann, wenn die wichtigen Multiplikatoren und Kommunikatoren auch auf diesen Plattformen zu finden sind. Meine Beobachtung ist, dass diese Akteure – momentan zumindest – eher weiterhin auf der Plattform präsent sind, die sie bereits die ganze Zeit genutzt haben, nämlich Twitter.
Allerdings macht es Twitter seinen Nutzerinnen und Nutzer immer schwerer, die Treue zu dieser Plattform zu halten. Ich selbst hab meinen Account nicht verifiziert und gehöre zu denjenigen, die bei ihren Tweets eine Zeichenbeschränkung haben und jetzt ja auch ein Limit, was die Twitter-Nutzung generell angeht. Vermutlich werden noch weitere Einschränkungen hinzukommen, sodass ich ebenfalls darüber nachdenke, irgendwann die Plattform zu wechseln.
Aber wie gesagt: Solange die wichtigen Personen und Persönlichkeiten hier vertreten sind, wird Twitter auch die relevanteste Plattform bleiben. Jedoch ist das für die Zukunft ungewiss.
Zum Abschluss: Was sollten Politiker:innen beachten, wenn sie junge Menschen erreichen wollen, insbesondere über soziale Medien?
Da gibt es vor allem zwei Dinge: Zum einen Kommunikation auf Augenhöhe, also keine Presseverlautbarungen, PR-Statements oder ähnliches, sondern an die Plattform angepasste Kommunikation – ohne sich gleichzeitig anzubiedern und bemüht jugendlich zu wirken.
Zum anderen ist es wichtig, jede Plattform individuell zu bespielen. Das was auf Twitter funktioniert, funktioniert nicht unbedingt auf Instagram. Und das was auf Instagram klappt, funktioniert nicht unbedingt auf YouTube. Man muss also immer schauen: Wie sind die Eigenheiten der Plattform? Wie muss ich Inhalte aufbereiten, damit sie dort funktionieren? Und was passt auch zu mir selbst? Denn die Kommunikation muss ja auch authentisch sein. Authentizität ist auf diesen Plattformen sowieso enorm wichtig und sollte da entsprechend gelebt werden. Das wären aus meiner Sicht die beiden wichtigsten Dinge.
Mehr Informationen:
Diskussionskultur auf Twitter: Politik zwischen Schlagabtausch und Ausstieg
Desinformation und Radikalisierung im Netz: Interview mit Marina Weisband
Politische Kommunikation auf Twitter: Interview mit Peter Altmaier