So twittert der Regierungssprecher

Steffen Seibert
Veröffentlicht am 14.10.2013

Steffen Seibert darf für die Bundesregierung sprechen, insbesondere für die Kanzlerin. Da Angela Merkel kein öffentliches Twitter-Profil pflegt, gehört auch das Twittern zur Aufgabe des Regierungssprechers. „Privat wüsste ich nicht, was ich mitteilen sollte“, hatte Seibert das soziale Netzwerk nach etwa einem Jahr Erfahrung kommentiert. „Wirkliche Nachrichten“, beruhigt er die professionellen Berichterstatter, verbreite er nie zuerst auf Twitter, sondern nutze dafür „den klassischen Weg über die Pressemitteilung oder den direkten Kontakt zu Journalisten“.

Journalisten und andere Probleme

Steffen Seibert

Dabei sind die Journalisten nicht unbedingt seine größten Fans. Seibert, der selbst über 20 Jahre lang Journalist war, musste sich wiederholt mit Vorwürfen auseinander setzen, die klassischen Nachrichtenvermittler mit seinen Twitter-Aktivitäten umgehen zu wollen. Entsprechend heftig wurde in den Medien auf seine – wenn auch wenigen – Patzer reagiert, die zwangsläufig allen prominenten Amtsinhabern im Laufe der Twitter-Karriere passieren. In die Kategorie „Peinlich, kann aber mal passieren…“ ist der Tippfehler von Seibert einzuordnen, der im Mai 2011 verkündete, Obama (und nicht Osama bin Laden) sei für den Tod tausender Unschuldiger verantwortlich und verhöhne den Grundwert aller Religionen. Der „RegVersprecher“ hatte jedoch keine weiteren Folgen.

Fluch und Segen der Replys

Seit Februar 2011 twittert Seibert unter seinem Namen über den verifizierten Account @RegSprecher und hat inzwischen über 115.000 Follower für seine mittlerweile rund 4.200 Tweets begeistern können. Wobei die Begeisterung durchaus auf Grenzen stößt. Beinahe jeder Tweet des Regierungssprechers ist Zielscheibe für unzufriedene Kommentare zur aktuellen Regierungspolitik. Dem deutschen Nobelpreisgewinner Thomas Südhof gratuliert Seibert höflich und muss daraufhin einige kritische Replys abfedern. Zum Tag der Deutschen Einheit stellten Besucher einer Festveranstaltung Fragen über Twitter, die der Regierungssprecher beantwortete. Auch ein Twitterview hat der Regierungssprecher bereits hinter sich. Unter dem Hashtag #fragReg stellte er sich im Mai 2012 eine halbe Stunde lang den Fragen von Twitter-Nutzern. Auf die teils sehr hämischen Replys antwortet er eher selten.

Ein echter Fan der Kanzlerin

Damit alle Follower seines Accounts seine Antworten mitlesen können, bedient sich Seibert grundsätzlich bei allen Replys der nicht unumstrittenen Methode des Punktsetzens am Anfang der Reply. Jede noch so kurze Antwort erscheint ihm wichtig und relevant genug, um seine Follower damit zu beglücken. Ansonsten hält sich sein Drang zur Selbstinszenierung in Grenzen und er beschränkt sich inhaltlich auf die Botschaften der Kanzlerin und der Bundesregierung. Dabei bleibt er sachlich und nüchtern auf die Vermittlung von Fakten und Informationen fokussiert. Der bekennende Fan der Regierungschefin postet ausschließlich Fotos von der Kanzlerin, die sie in imponierenden Momenten und in fröhlicher Runde mit internationalen Gästen zeigt.

Sobald jedoch seine Zeit als Regierungssprecher vorbei sei, wäre für ihn „Schluss mit dem Getwitter“, hatte er im Mai 2011 in einem Zeitungsbeitrag verkündet: „Mein privates Mitteilungsbedürfnis entwickelt sich immer weiter zurück, je mehr Kommunikationsmittel mir zur Verfügung stehen. Ich schreibe am liebsten wieder Postkarten.“ So bleibt es spannend, ob der nächste Regierungssprecher den Twitter-Account weiterführen wird. Der Account-Name @RegSprecher bliebe ja bestehen, der Name des Sprechers wäre allerdings problemlos austauschbar. Übrigens ist der Name @RegSprecherin noch nicht besetzt.

Fazit

Professionell hält Seibert den Twitter-Kanal der Bundesregierung am Laufen. Es war ein Lernprozess, den er schnell gemeistert hat und wofür er mit der Schärfung seines eigenen Profils belohnt wurde. Die Fallstricke, die einer hochrangigen Person der Öffentlichkeit bei Twitter immer drohen, konnte er ohne größere Verluste umschiffen. Es wäre interessant zu erfahren, was er als anstrengender empfindet: Die bohrenden Fragen der Journalisten oder die kritischen, teils pöbelnden Kommentare der Twitter-Replys.

Hier finden Sie die komplette Serie “So twittert die Politik”.

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