Serie zur Europawahl: Wie digital ist der Europawahlkampf?
Wenn die nächste Legislaturperiode des Europaparlaments so anfängt wie die aktuelle aufgehört hat, dann ist Spaß vorprogrammiert. Denn, die letzte Sitzung endete mit einem mittlerweile viralen Hit: Der slowenische Abgeordnete Alojz Peterle überraschte seine Kollegen mit einem Ständchen und stimmte auf der Mundharmonika die Europahymne an. Ob solch ein musikalisches Intermezzo auch für die Eröffnung des neuen Parlaments geplant ist, werden wir bald sehen, denn der Europawahlkampf bewegt sich auf die Zielgerade zu. Vom 23. Bis zum 26. Mai wählen die Bürger der 28 EU-Mitgliedstaaten zum neunten Mal das Europäische Parlament. Insgesamt 1.380 Kandidaten aus 41 deutschen Parteien buhlen nun um die Stimme der Wähler. Gerade im Internet versuchen die in europablaue Pullover gehüllten Kandidaten die letzten Unentschlossenen zu mobilisieren.
Tweets absetzen statt Plakate kleben?
Unter dem Motto „Diesmal genügt es nicht, nur auf eine bessere Zukunft zu hoffen: Diesmal müssen wir alle Verantwortung übernehmen“, appelliert eine Initiative des EU-Parlaments „diesmalwähleich.eu“ wählen zu gehen. Auf nahezu allen Social-Media-Kanälen – von Twitter über Pinterest bis hin zu Snapchat – versorgt die Initiative die Nutzer mit allen Informationen rund um die Europawahl. Ginge es nach dem SPD-Abgeordneten Tiemo Wölken, würden alle finanziellen Mittel für den Europawahlkampf in Social-Media-Kampagnen fließen.
„Mit einer Insta-Story erreiche ich auf einen Schlag Tausende Leute. Und viel direkter als mit Twitter geht die Kommunikation kaum“,
so Wölken. Das Instagram ein spannender Kanal ist, um die Wähler direkt zu erreichen, hat auch die FDP für sich entdeckt. Im Gegensatz zum Instagram Account der CDU, auf dem hauptsächlich Video-Statements der Abgeordneten gepostet werden, setzt die FDP auf Emoticons und bunte Bilder. Egal ob in Aktion mit der Kettensäge oder im Q&A mit ihren Followern. Die Spitzenkandidatin der FDP, Nicola Beer scheint den Dreh auf der Plattform raus zu haben. Die Grünen sehen eine ähnliche Relevanz:
„Vor fünf Jahren spielte Instagram kaum eine Rolle. Heute gehört es wie selbstverständlich zu den Kanälen, die wir nutzen.“
Posts mit Umweltaktivistin Greta Thunberg kommen an!
Die Linken tun es, die SPD tut es, die Grünen tun es auch. Gemessen an den Likes, Retweets und Kommentaren, lässt sich schnell feststellen: Beiträge mit und über Greta Thunberg kommen gut an. So ist es nicht verwunderlich, dass der Facebook-Beitrag der Grünen Spitzenkandidatin Ska Keller, die gemeinsam mit Greta Thunberg einen Aufruf für aktive Klimapolitik postete, die höchste Interaktionsrate der letzten Wochen auf Kellers Profil erreichte. Zwar ohne Greta dafür aber mit Guido Maria Kretschmar und Johannes B. Kerner: In dem Podcast-Format „Europa ist die Antwort“ trifft SPD-Spitzenkandidatin Katarina Barley verschiedene „Gäste“ und spricht mit ihnen über ihr Verhältnis mit und zu Europa. Um bei so viel Wahlkampf im Netz nicht den Überblick zu verlieren, stellt das digitale Monitoring von #Buzz in einer Live-Analyse alle politischen und parteilichen Interaktionen auf den sozialen Netzwerken vor.
Mehr Geld für den Wahlkampf im Internet
Laut dem Reuters Digital News Report nutzen rund 20 Prozent der 18- bis 24-jährigen Internetznutzer in Deutschland soziale Medien als Hauptnachrichtenquelle. Um vor allem die junge Wählerschaft zum Gang an die Wahlurne zu bewegen und einen bestmöglichen Online-Wahlkampf zu inszenieren, lassen die Parteien einiges an Geld springen. Insgesamt verfügen die Grünen über ein Wahlkampf-Budget von drei Millionen Euro, die Liberalen von 2,5 Millionen Euro. Davon sollen je 300.000 Euro für den Onlinewahlkampf investiert werden. Bei den Linken ist das Gesambudtgeht mit 3,7 Millionen Euro höher, dafür werden aber nur 150.000 Euro für die Werbung im Web ausgegeben. SPD und CDU/CSU halten sich auf ihrem Webauftritt hingegen bedeckt, was Angaben zu ihrem Wahlkampfbudget betrifft.
Mit Facebook-Abwehrzentrum gegen Desinformationen
Neben den Online-Kampagnen der Parteien steht Sicherheit des Wahlkampfs weit oben auf der Agenda. Mit dem neuen Elections Integrity Operations Center will Facebook aktiv gegen Falschinformationen vorgehen, Desinformationskampagnen stoppen und Fake-Accounts löschen. Zudem muss sich jeder, der in EU-Ländern politische Inhalte bewerben will, offiziell bei Facebook registrieren. Außerdem kann er seine Werbung nur in dem Land schalten, in dem er gemeldet ist. Dass die Strategie noch nachgebessert werden kann, zeigt der Fall der Staatssekretärin Sawsan Chebli, deren Account wegen einem angeblichen Richtlinienverstoß zeitweise gesperrt wurde.