Rückblick UdL Digital Talk „Zukunftsfähig durch Ressourceneffizienz“

Foto: E-Plus Gruppe
Veröffentlicht am 26.03.2015

„Dass wir im Jahr 2020 ein Gesetz machen, das Verbraucher dazu verpflichtet, ihr altes Gerät beim Kauf eines neuen Handys abzugeben, sehe ich nicht. Das ginge für mich in orwellsche Bereiche, die in einem liberalen Rechtsstaat nicht anzustreben sind“, entgegnete Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) auf die entsprechende Forderung ihres Gesprächspartners beim UdL Digital Talk, dem Geschäftsführer und Co-Gründer von Thermondo Philipp A. Pausder. Wie die Ministerin bei der Diskussionsveranstaltung von Telefónica zum Thema „Zukunftsfähig durch Ressourceneffizienz“ am Mittwoch, 25. März 2015, im BASE_camp von Telefónica bekannte, wolle sie den Bürgern mit dem Elektroaltgerätegesetz aber doch einen kleinen Schubs zum sparsamen Umgang mit Ressourcen geben.

Von 23 Kilogramm Elektroschrott, die pro Bürger und Jahr anfallen, würden bisher nur neun Kilogramm wieder dem Wertstoffkreislauf zugeführt. Mit dem jüngst auf den Weg gebrachten Gesetz möchte Barbara Hendricks den Anteil auf 17 Kilogramm erhöhen. „Zukünftig müssen Sie nicht mehr wegen einem einzelnen Handy zum Wertstoffhof fahren, sondern können ihr Gerät in jedem Elektrogeschäft abgeben“ so die SPD-Politikerin. Telefónica geht in punkto Ressourcenschonung ganz ohne gesetzliche Vorgabe mit freiwilligen Maßnahmen seit Jahren mit gutem Beispiel voran. „In allen Filialen stehen bei uns Behälter bereit, in denen die Kunden ihre alten Handys entsorgen können. Was wir mit dem Verkauf der Rohstoffe einnehmen, geht eins zu eins als Spende an den Naturschutzbund“, berichtete Valentina Daiber, Director Corporate Affairs bei Telefónica Deutschland.

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Ressourceneffizienz durch Innovation

Insgesamt sei im Bereich der Ressourceneffizienz bisher aber zu wenig passiert, kritisierte Philipp A. Pausder. Gerade auf Energieeffizienz habe man in Deutschland wenig Wert gelegt, da fehle die Geschichte. Beispielsweise die Entwicklung der E-Mobilität habe man hier lange verschlafen, kritisierte der Thermondo-Co-Gründer. „Seit dem vergangenen Jahr sind aber immerhin 14 E-Mobilitätsmodelle auf dem Markt“, freute sich die Bundesumweltministerin. Vorher waren es lange Zeit nur zwei Varianten. In der Tat habe man dieses Thema aber zu spät angepackt. Die deutsche Automobilindustrie handele eher nach dem Motto „wenn, dann richtig“. Sie wolle immer das perfekte Ding bringen, erläuterte Barbara Hendricks. „Aber eben das ist Innovation, auch mal was nicht Perfektes auf den Markt zu bringen“, begeisterte sich der Träger des Preises „Global Champion of Sustainable Innovation 2007“ der Thunderbird University in Arizona. Dank dieser Einstellung würden die richtig großen Entwicklungsschritte in den USA gemacht, so Pausder beim UdL Digital Talk im BASE_camp.

Damit auch in Deutschland mehr Innovation im Bereich der Ressourceneffizient stattfinde, brauche man eine stärkere Orientierung auf andere Spieler der Gesellschaft – weg von den Big Playern in Wirtschaft und Wissenschaft. „Innovation findet selten in großen Einheiten, sondern fast immer in kleineren Bereichen statt“, brach der Gründer von Thermondo eine Lanze für Start-Up-Unternehmen. Seiner Beobachtung nach nähere sich die Old Economy aber gerade der New Economy an. Dies sei auch notwendig, weil 73 Prozent der Studenten, die ihr Studium beenden, für digitalisierte Unternehmen arbeiten möchten.

Wie die Bundesumweltministerin bei der Podiumsdiskussion im BASE_camp betonte, müssten sich auch die Energieunternehmen umstellen. Sie hätten zu spät in erneuerbare Energien investiert und müssten sich neben der Stromerzeugung künftig verstärkt mit Netzmanagement beschäftigen. „Dass wir dafür bezahlen, dass unsere Nachbarländer uns den Strom abnehmen, den wir zu viel produzieren, ist auf Dauer nicht sinnvoll“, so Barbara Hendricks. Philipp A. Pausder nahm dagegen die Energieunternehmen in Schutz und wandte ein, dass es bisher noch nicht vorgekommen sei, dass einer Branche das gesamte Geschäftsmodell genommen werde. Jetzt gleich mit den nächsten Anforderungen zu kommen, halte er für schwierig. In vielen anderen Ländern sei Netzausbau zudem noch eine hoheitliche Aufgabe. Er sehe in diesem Punkt die Regierung in der Pflicht. Dies sah die Bundesumweltministerin dezidiert anders, gestand aber zu: „Was die Unternehmen brauchen, ist eine verlässliche rechtliche Grundlage. Das hätte schon in der vorherigen Legislaturperiode gemacht werden müssen, aber da ist nichts passiert“, kritisierte Hendricks die schwarz-gelbe Vorgängerregierung.

Ressourceneffizienz durch Sanierung

Laut Philipp A. Pausder herrsche zudem beim Nationalen Aktionsplan Energieeffizienz (NAPE) „unglaublich viel Unklarheit“ hinsichtlich der steuerlichen Förderung. Das sei das Schlimmste, was man in einem Markt haben könne. Wie das Publikum beim UdL Digital Talk im BASE_camp von der Bundesumweltministerin erfuhr, habe man diesen Umstand der bayerischen Staatsregierung zu verdanken, die bei der steuerlichen Förderung ein Stoppschild gesetzt habe. Dadurch fehle eine finanzielle Unterstützung für die Sanierung von Altbauten. Horst Seehofer deswegen einmal kräftig auf die Finger zu klopfen – wie der Moderator der Diskussion Cherno Jobatey vorschlug – wollte Barbara Hendricks allerdings lieber der Kanzlerin überlassen.

Stattdessen hatte sie praktische Tipps für die energieeffiziente Sanierung des Eigenheims parat: „Richten Sie Ihren Blick als erstes auf die Heizung“, riet die Ministerin. Hier hätte man die zu erwartenden Kosten in Höhe von 8.000 bis 12.000 Euro am schnellsten durch weniger Verbrauch wieder eingespart. Eine Umrüstung dauere nur zwei Tage, für die Bewohner entstünden kaum Unannehmlichkeiten. Ähnliches gelte für die Isolierung des Daches, die sie energiebewussten Hausbesitzern als zweites empfehle. Danach solle man sich um Fenster und Türen kümmern, erst dann um die Dämmung der Fassade, riet Barbara Hendricks. Derzeit würden leider weniger als ein Prozent der Häuser pro Jahr saniert, das sei zu wenig. Die Stadt Bottrop hingegen nehme sich des Themas vorbildlich an. Dort schaffe man vier Prozent pro Jahr und jüngst sogar den Umbau eines 50er-Jahre-Hauses in ein Energieeffizienzhaus Plus, das digital ausgestattet sei. Einer breitflächigen Digitalisierung steht laut Philipp A. Pausder allerdings die mangelnde Kompetenz der Handwerker in diesem Bereich entgegen: „Laut einer BITKOM-Umfrage können nur 180 Handwerksbetriebe in Deutschland ein Smart-Home realisieren“, berichtete der Geschäftsführer von Thermondo.

Trends der Ressourceneffizienz

Ein Passivhaus, das auch selbst Energie produziert, wird nach Ansicht von Philipp A. Pausder aber der Trend der Zukunft beim Thema Ressourceneffizienz sein. Zudem würden viele Menschen seiner Ansicht nach künftig kein eigenes Auto mehr haben. Damit lag er auf einer Linie mit den Mobilitätsexperten, die zwei Wochen zuvor beim Mobile Living Event im BASE_camp diskutierten. Und auf die Zustimmung seiner Gesprächspartnerin Barbara Hendricks beim UdL Digital Talk traf er in diesem Punkt auch.

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