Rückblick aufs Mobile Living Event: „Ins Netz gegangen- Dating digital?“
Wer flirten will, geht nicht mehr abends in den Club, sondern rund um die Uhr mit dem Smartphone ins Netz. Vier Millionen sind in Deutschland auf Onlinedating-Portalen angemeldet. Mit Dating-Apps wie Tinder, Lovoo oder Happn kommt die große Vielfalt an potentiellen Dates ganz unverbindlich zur Ansicht aufs Display. Doch welche aktuellen Trends zeichnen sich auf dem Markt der Dating-Apps ab? Wie verändert digitales Dating das Kennenlernen? Und haben die neuen digitalen Möglichkeiten vielleicht sogar Einfluss auf die Liebe? – Diesen Fragen ging am 4. Februar die sechste Veranstaltung des Formats „Mobile Living“ im Base_camp Berlin nach, auf der das Thema „Ins Netz gegangen – Dating digital?“ diskutiert wurde.
Viele Dimensionen der digitalen Liebe wurden diskutiert
Bevor es in die Podiumsdiskussion ging, trug Kolumnist und Buchautor Michael Nast noch einen seiner aktuellen Texte passend zum Thema des Abends vor und überraschte das Publikum.
Moderator Ali Aslan begrüßte im Anschluss Jan Tillmann (Co-Founder und CMO mbrace), Dr. Sascha Krause (Industry Head Classifieds Google), Bettina Weiguny (Autorin Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung), Chris Pleines (Experte Verbrauchertestportal für Singlebörsen www.zu-zweit.de), Leni Garibov (Bloggerin AMY&PINK) und Luise Heinz (Dipl.-Soziologin Zeppelin Universität Friedrichshafen).
„Gleich und gleich gesellt sich gern“ oder „Gegensätze ziehen sich an?“ – So wie es in der Liebe nicht die eine Wahrheit gibt, sucht man sie auch beim Thema „Online-Dating“ vergebens. Entsprechend munter ging es bei der Diskussion der Podiumsrunde zu.
Während die FAS-Autorin Bettina Weiguny davor warnte, die Kontakte im „realen Leben“ zugunsten von Onlinebekanntschaften zu vernachlässigen und seine Freunde nur noch im Internet zu treffen, vertraten einige Experten die Ansicht, dass der Unterschied zwischen offline und online gerade beim Kennenlernen gar nicht so groß sei. Dating-Apps würden zwar oft wegen der Oberflächlichkeit ihrer Filtermechanismen kritisiert, aber auch im realen Leben sei es üblich, neue Bekanntschaften sehr schnell nach Kriterien wie Aussehen, gesellschaftlicher Gruppe, Beruf oder Alter auszusortieren, stellte Diplom-Soziologin Luise Heinz klar.
Kaum Unterschiede zwischen online und offline
Den Einwand von Moderator Ali Aslan, dass laut einem Studienergebnis jeder Vierte bei Onlinedating-Portalen falsche Angaben mache, entkräftete Sascha Krause von Google. Geschummelt werde offline auch. Seine beim Date erwähnten Hobbies hätten sich beispielsweise stets sehr flexibel den Interessen seiner jeweiligen Gesprächspartnerin angepasst. AMY&PINK-Bloggerin Leni Garibov pflichtete ihm bei: Im Club würde man schließlich auch nicht sofort die inneren Werte seines Gegenübers an der Bar erkennen.
Unterschiede bei der Qualität der digitalen Dating-Portale gebe es aber durchaus. Darauf wies Chris Pleines vom Verbraucherportal zu-zweit.de hin. Eine gute App zeichne sich zunächst einmal durch eine hohe Anzahl tatsächlich aktiver Nutzer aus. Die bei der App vertretene Zielgruppe müsse außerdem idealerweise tatsächlich das Bedürfnis haben, jemanden kennenzulernen. Bei Tinder wären beispielsweise viele Nutzer unterwegs, die sich das Portal „einfach nur mal so“ angucken wollten. Andere wollten mit Hilfe der erlangten Matches ihren Marktwert testen. Auf der Suche nach der richtigen Dating-App müsse man sich vor allem darüber klar sein, welches Ziel man habe: Suche man Unterhaltung, ein Casual Date oder etwas Ernstes? Letztendlich sei jede App ein Mittel zum Zweck und immer nur so gut wie derjenige, der sie benutze, so Pleines.
Nach Ansicht von Jan Tillmann können aber auch die Hersteller Einiges für die Qualität der Apps tun. Mbrace achte zum Beispiel darauf, dass sich keine Fake-Accounts anmelden. Bevor die Nutzer sich tatsächlich gegenseitig Nachrichten schreiben können, müssten zudem Hürden überwunden werden. Es sei etwa ein Gedicht zu schreiben oder die Adressatin zum Lachen zu bringen.
Trend zu Tinder und Co. hält an
Dessen ungeachtet geht der Trend zum Onlinedating weiter. Unterwegs zu flirten werde von den Nutzern gewünscht, zeigte sich Chris Pleines überzeugt. Der Markt sei noch nicht gesättigt. Es werde noch viele weitere innovative Modelle geben, wie sich Menschen zusammenbringen lassen, so der Portalprüfer. Leni Garibov jedenfalls hat bei ihrem dreiwöchigen Test der Dating-Apps für E-Plus/Telefònica bessere Erfahrungen gemacht als ursprünglich erwartet. Sie sei jetzt nicht nur um einige witzige Anekdoten, sondern auch um ein paar gute Bekannte reicher.
Und die Liebe? – Die werde sich mit der Digitalisierung ebenso verändern wie sie es nach der Erfindung des Buchdrucks getan habe, so die Wissenschaftlerin Heinz. Die Vorstellung von der romantischen Liebe habe sich schließlich erst durch die bedeutende Innovation des 15. Jahrhunderts verbreiten können. Sie sehe den Wandel der Liebe durch das neue Medium aber nicht als Gefahr, sondern als einen Prozess, den man beobachten müsse.
Und so kam dann doch eine Wahrheit zu Tage: „Alles ist im Wandel, auch die Liebe“, wie Moderator Ali Aslan zum Schluss der Diskussion festhielt. Dass dies erst recht für die digitale Welt gilt, konnte das Publikum gleich im Anschluss an verschiedenen Use Cases ausprobieren. Auf die Besucher wartete eine große Augmented Reality Installation mit den Stars von Verbotene Liebe. An einem Blumenstand konnte man seinen Liebsten Karten für den Valentinstag schicken und nebenan bei Jule und Anni vom Portal imgegenteil.de eine Singlebörse der anderen Art kennenlernen.
Wer das nächste Mobile-Living-Event nicht verpassen möchte, notiert sich schon mal den 11.03.2015 im Kalender. An diesem Abend wird es im Base_camp ab 18:30 Uhr um das Thema „Mobile Locomotion“ gehen.