Recht auf schnelles Internet: TKG-Novelle soll Glasfaserausbau voranbringen
Foto: Henning Koepke
Die von BMWi und BMVI angestrebte TKG-Novelle soll den Glasfaserausbau in Deutschland voranbringen. Dazu werden die Wettbwerbsregeln überarbeitet, Genehmigungsverfahren beschleunigt und ein Recht auf schnelles Internet geschaffen. Die Branche stellt allerdings in Frage, das alle geplanten Maßnahmen helfen, mehr Glasfaser zu verlegen.
Das Telekommunikationsgesetz (TKG) muss umfassend novelliert werden, um die Richtlinie über den europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation von 2018 ins deutsche Recht zu überführen. Tatsächlich drängt die Zeit, da die Umsetzungsfrist am 21. Dezember abläuft. Am 7. August ist ein Referentenentwurf der federführenden Bundesministerien für Wirtschaft und Energie (BMWi) sowie für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) öffentlich geworden. Der Entwurf für ein Telekommunikationsmodernisierungsgesetz (TKG-Novelle) umfasst 415 Seiten, ist aber innerhalb der Bundesregierung noch nicht abschließend abgestimmt. Mitberatende Ressorts sind das Bundesinnen- und das Bundesjustizministerium.
Eines der Hauptziele des EU-Kodex und damit auch der Novelle ist der Ausbau von Datennetzen mit „sehr hoher Kapazität“. Darunter sind in der Hauptsache Glasfasernetze zu verstehen. Darüber hinaus zielt der Kodex auf einen wirksamen Wettbewerb sowie die Interoperabilität der Telekommunikationsdienste. Der Entwurf der TKG-Novelle setzt die Vorgaben aus dem Unionsrecht um. Gleichzeitig enthält er einige spezifisch deutsche Punkte. Er sieht zum Beispiel einen rechtlichen Anspruch auf schnelles Internet vor, der Teil des Koalitionsvertrages von CDU, CSU und SPD ist.
Recht auf schnelles und erschwingliches Internet
Was dieser Anspruch umfassen soll, wird in den §§ 149 und 150 des Entwurfs dargelegt. Zum einen ist für Endnutzer ein Recht auf Versorgung mit Telekommunikationsdiensten „innerhalb einer angemessenen Frist an ihrer Hauptwohnung oder an ihrem Geschäftsort“ vorgesehen. Zum anderen werden Mindestanforderungen an den Anschluss gestellt. Dieser muss die Nutzung bestimmter Dienste ermöglichen: Dazu gehören unter anderem E-Mail, Videoanrufe, die Nutzung von sozialen Medien, Onlinewerkzeuge für das Suchen und Finden von Informationen, Online-Bestellungen und -Banking sowie elektronische Behördendienste und die Teleheimarbeit. § 151 schreibt darüber hinaus vor, dass Telekommunikationsdienste Verbrauchern, Kleinst- und Kleinunternehmen sowie nicht kommerziellen Organisationen zu „erschwinglichen Preisen„ angeboten werden müssen. Die Bundesnetzagentur (BNetzA) soll Grundsätze ausarbeiten, wie diese Preise durch die Diensteanbieter zu ermitteln sind.
Investitionsfreundliche Regulierung
Der Ausbau von Glasfasernetzen soll durch „investitionsfreundliche regulatorische Anreiz-mechanismen“ forciert werden. Dabei setzen BMWi und BMVI auf Ko-Investitionsmodelle. Dahinter verbergen sich Vereinbarungen zwischen mehreren Unternehmen, um gemeinsam in Glasfasernetze zu investieren und sich das finanzielle Risiko zu teilen. Solche Vereinbarungen können aber auch zwischen Netzinvestoren und zukünftigen Netznutzern geschlossen werden. § 11 Absatz 3 Satz 3 des Gesetzentwurfs sieht vor, dass sich Unternehmen mit „beträchtlicher Marktmacht“ künftig von Regulierungsauflagen der BNetzA befreien können, wenn sie Ko-Investitionen ermöglichen.
Stellt die BNetzA auf Basis einer Marktanalyse fest, dass ein Unternehmen eine wirtschaftlich starke Stellung einnimmt, „die es ihm gestattet, sich in beträchtlichem Umfang unabhängig von Wettbewerbern, Kunden und Endnutzern zu verhalten“, erlegt sie diesem Verpflichtungen in Bezug auf seine Netzinfrastruktur auf. Deren Ziel ist, wieder einen wirksamen Wettbewerb herzustellen. Die Verpflichtungen können von einem Diskriminierungsverbot bei Zugangsvereinbarungen über Vorgaben zur Rechnungslegung bis hin zur Regulierung von Entgelten und Endnutzerleistungen reichen.
Gibt ein Unternehmen gegenüber der BNetzA eine Verpflichtungszusage für ein Ko-Investitionsangebot zur Errichtung von Glasfasernetzen ab und wird dieses dann durch mindestens einen Ko-Investor angenommen, sollen die Regulierungsauflagen des Unternehmens künftig entfallen. Das soll allerdings nur für die von der jeweiligen Partnerschaft erfassten Netzbestandteile gelten. Diese Lockerung der Wettbewerbsregeln wird im EU-Kodex damit begründet, dass Ko-Investitionen auch kleineren Unternehmen ermöglichen, „zu wirtschaftlich vertretbaren Bedingungen zu investieren“. Damit werde der Wettbewerb auch in Gebieten gefördert, „in denen ein infrastrukturbasierter Wettbewerb möglicherweise nicht effizient“ ist.
Beschleunigung der Genehmigungsverfahren
Ein weiterer Baustein der TKG-Novelle ist die Beschleunigung der Genehmigungsverfahren für den Auf- und Ausbau von Glasfasernetzen. Dazu wird das Wegerecht sowie das Recht zur Mitnutzung bestehender Infrastruktur in den §§ 119 bis 128 neu geordnet und vereinfacht. § 119 schreibt den Kommunen und Kreisen vor, dass Anträge auf Verlegung von Telekommunikationsnetzen an öffentlichen Wegen, Plätzen, Brücken und Tunneln sowie öffentlichen Gewässern im Regelfall innerhalb von drei Monaten zu bearbeiten sind. Anträge gelten als vollständig, wenn die Genehmigungsbehörde nicht innerhalb von einem Monat Einwände erhebt.
Darüber hinaus sollen die Bundesländer Koordinierungsstellen einrichten, die alle für den Glasfaserausbau erforderlichen Anträge entgegennehmen, an die zuständigen Stellen weiterleiten und eine fristgerechte Bearbeitung sicherstellen sollen. Ergänzend zu § 119 schreibt § 143 einheitliche Fristen für alle weiteren Antragsverfahren vor – seien es Entscheidungen nach dem Naturschutzrecht, dem Wasserhaushaltsrecht, dem Denkmalschutz oder nach der Straßenverkehrsordnung.
§ 121 regelt, dass „Eigentümer oder Betreiber öffentlicher Versorgungsnetze ihre passiven Netzinfrastrukturen Eigentümern oder Betreibern öffentlicher Telekommunikationsnetze für den Ausbau von Netzen mit sehr hoher Kapazität zur Mitnutzung anbieten“ dürfen. Passive Netzinfrastrukturen können dabei sowohl Leerrohre als auch Masten oder Gebäude sein. In § 127 ist außerdem vorgesehen, dass Grundstückseigentümer die Verlegung von Glasfasernetzen auf ihrem Grund generell nicht verbieten können. Voraussetzung ist, dass die Nutzbarkeit des Grundstücks dadurch „nicht dauerhaft eingeschränkt“ und die Benutzung „nicht unzumutbar beeinträchtigt“ wird. Ähnliches gilt für den Anschluss von Gebäuden an das Glasfasernetz.
Kritik am Recht auf schnelles Internet
Der Bundesverband Breitbandkommunikation (Breko) hat in einer Mitteilung zum Entwurf begrüßt, dass „die Überarbeitung des Telekommunikationsgesetzes nun in Gang kommt“. Der Verband kritisiert allerdings, wie das geplante Recht auf schnelles Internet umgesetzt werden soll. Die Pflicht, Endnutzer mit einem Mindeststandard an Bandbreite zu versorgen, führt aus Sicht des Verbandes zu Zwischenschritten statt einem direkten Glasfaserausbau. Verbandsgeschäftsführer Stephan Albers unterstreicht: „Dort wo die Versorgung der Bürger und Unternehmen besonders schlecht ist und sich ein Ausbau für die Unternehmen nicht rechnet, brauchen wir ergänzend und zielgerichtet staatliche Fördermaßnahmen, die die Glasfaser auch in diese Gebiete bringen.“
Der Breko schlägt dazu eine „Glasfaser-Prämie“ vor. In diesem Modell sollen Bürger und Unternehmen in unterversorgten Gebieten eine finanzielle Unterstützung erhalten, die einen Teil der monatlichen Kosten ihres Tarifs deckt, wenn sie sich für einen Glasfaseranschluss entscheiden. Positiv bewertet der Verband die geplanten Maßnahmen zur Beschleunigung der Genehmigungsverfahren. Ergänzend, betont Stephan Albers, müsse aber die digitale Verwaltung endlich Realität werden – „Anträge und Genehmigungen per Fax oder Post sind einfach nicht mehr zeitgemäß“.
Tagesspiegel Politikmonitoring
Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf der Website des BASECAMP.