Politische Partizipation durch digitale Beteiligung?
Politikverdrossenheit ist in den letzten Jahren zu einem immer wiederkehrenden Begriff geworden. Ausgehend von der immer niedrigeren Wahlbeteiligung kann man sogar die Frage nach der Legitimation der gewählten Volksvertreter stellen. Gerade bei den jüngeren Menschen scheint die Motivation, zur Wahlurne zu schreiten, besonders gering ausgeprägt zu sein.
Studie der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg zur Digitalen Beteiligung
Auf der anderen Seite ist es genau diese Generation, die die digitale Beteiligung über Internet zu praktizieren scheint. Ob man nun die Piratenpartei betrachtet, oder den orchestrierten Protest gegen ACTA – vor allem junge Menschen engagieren sich in diesen Bewegungen. Diesen scheinbaren Widerspruch aufzuklären hat sich eine Studie der Helmut-Schmidt-Universität vorgenommen. Die Autoren Claudia Ritzi, Gary S. Schall und Vanessa Kaufmann wollten die Beweggründe für die digitale Beteiligung junger Erwachsener kennen.
Internet kein Ersatz für die reale politische Partizipation
Eine Frage, welche die Autoren trieb, ist eine bereits vieldiskutierte: Kann die digitale Beteiligung über das Internet die abnehmende politische Partizipation, nicht nur, aber vorwiegend unter jungen Erwachsenen kompensieren? Die Antwort lautet recht eindeutig: Nein. Die Autoren begründen dies vor allem mit zwei Argumenten:
Netzaktivisten sind auch in der realen Welt aktiv
Zum einen sind diejenigen, die sich im Netz digital beteiligen, die sogenannten Netzaktivisten, im großen und ganzen auch in der analogen Welt politisch aktiv. Das Internet mobilisiert also nur selten Wähler, die sich nicht auch auf traditionelle Weise engagieren oder zumindest von ihrem Wahlrecht Gebrauch machen.
Digitale Beteiligung als Symbolpartizipation
Zum anderen ist die Motivation des Engagements im Internet eine andere. Engagiert man sich in der analogen Welt, so will man tatsächlich Einfluß auf die politischen Entscheidungen nehmen, ob durch Teilnahme an Wahlen, Demonstrationen oder dem Verfassen von Briefen. Eine Partizipation im Netz soll dagegen vor allem ein Zeichen für die eigene Meinung setzen. Diejenigen, die sich digital beteiligen, gehen in der Regel davon aus, dass sie sowieso nicht gehört werden und wollten es „nur mal gesagt haben“. „Es ist also keine positive Hinwendung zu diesen Partizipationsformen, sondern es mischt sich ein bitterer Beigeschmack der politischen Hilflosigkeit hinzu“, so die Autoren.
Digitale Beteiligung – Ergänzung, kein Ersatz
Somit stimmt auch die Schlussfolgerung wenig optimistisch – mehr Partizipation im Netz kann nicht die Partizipationsdefizite in der realen Welt kompensieren. Vor allem für Parteien und Politiker, die sich immer mehr dem Internet als politische Partizipationsplattform zuwenden, dürfte das ein nicht unwichtiges Ergebnis sein. Wer das noch mal genauer nachlesen möchte, findet die Studie hier.