Open RAN: Interview mit Aysenur Senyer zum i14y Lab

Credits: Henning Koepke/o2 Telefónica
Veröffentlicht am 27.09.2024

Der Mobilfunk der Zukunft wird von offenen Zugangsnetzen – auch Open RAN genannt – geprägt sein. Um den Weg dorthin zu erproben und zu beschleunigen, gibt es unter anderem das i14y Lab, über das wir bereits berichtet haben. Das Lab hat innerhalb kurzer Zeit ein hohes internationales Ansehen erreicht und wird als starker Mitgestalter des Open-RAN-Ökosystems wahrgenommen. Im Zusammenhang mit dem jährlichen i14y Lab Summit, der vor kurzem in Berlin stattfand, haben wir mit Aysenur Senyer, Director T-NW Access & Transport Engineering, Planning and Development bei Telefónica Deutschland und Mitglied des i14yLab-Konsortiums darüber gesprochen, welche Bedeutung Open RAN und Interoperabilität für den Mobilfunk haben und wie die Zertifizierung der neuen Technologie vorangeht.

Frau Senyer, welchen Beitrag leistet das i14yLab für die Weiterentwicklung des Open-RAN Ökosystems?

Im i14y Lab arbeiten wir an einer ähnlichen Idee wie der TÜV: Wir qualifizieren verschiedene Hardware- und Softwarekomponenten und testen diese, wenn sie miteinander zusammenarbeiten. Das ist wichtig für die Mobilfunkbetreiber, weil es die Implementierung der Komponenten in unsere Netze wesentlich erleichtert. Infolgedessen erstellen wir aussagekräftige Verfahren, Anforderungen für die Tests und geben sie an die Open RAN-Community zurück, damit sie zur Blaupause werden können.

Welche Rolle spielen dabei die Netzbetreiber und was verspricht sich die Telekommunikationsbranche von dieser Technologie?

Foto: Aysenur Senyer

Wir als Betreiber sind die Anforderer von Zertifikaten und Prüfsiegeln, die wir benötigen, um die Implementierungszeit neuer Komponenten zu verkürzen. Dies erhöht die Flexibilität für die Austauschbarkeit der Komponenten und damit die Resilienz unserer Netze in Bezug auf mögliche Ausfälle.

Die angestrebte Automatisierung ist hier ein Muss. Denn in einem ständig komplexer werdenden Umfeld müssen wir dort automatisieren, wo es sinnvoll ist. Der Service Management and Orchestration (SMO)-Ansatz und RAN Intelligence Controller (RIC)-Komponenten sind gute Beispiele dafür, wie Netze in der Zukunft effizient integriert, betrieben und optimiert werden können.

Ein gemeinsames Managementsystem, das auf offenen Standards, offenen Schnittstellen und auf Standardhardware basiert, ist attraktiv, weil es einfacher zu warten und zu automatisieren ist. Und weil es Abhängigkeiten reduziert.

Ein entscheidender Faktor für den Erfolg der Open-RAN-Technologie werden zuverlässige Vendoren (Komponentenhersteller) sein, mit denen die gesamte Lieferkette umgesetzt werden kann. Wie wichtig ist deren Rolle?

Die gesamte „Open-RAN-Bewegung“ – wie sie auf dem i14y Summit genannt wurde – hat eine große Sogwirkung auf die klassischen RAN-Anbieter ausgeübt. Sie sind vertrauenswürdige Partner und schon heute können wir gemeinsam virtualisierte RAN-Netze realisieren. Wir können zwar mit Open RAN noch nicht alle Features abdecken, die heute für das klassische RAN verfügbar sind, aber es ist ein Anfang. Wir wollen auf jeden Fall eine Multivendor-Umgebung mit allen Vorteilen schaffen. Diese muss unbedingt in einer professionellen Testumgebung getestet werden, um die Interoperabilität zu gewährleisten.

Open RAN: Hardware- und Software-Komponenten bleiben konsequent getrennt || Grafik: O2 Telefónica

Es gibt einige Herausforderungen, die die Frage aufwerfen könnten, ob die Open-RAN-Technologie reif genug ist, um die hohen Erwartungen zu erfüllen. Was denken Sie darüber und wie geht Telefónica mit diesen Herausforderungen um?

Für uns steht das Kundenerlebnis an erster Stelle. Die Grundregel für die Einführung jeder neuen Technologie lautet: „Gleich gut oder besser“. Wir lernen mit jedem Proof of Concept, mit jedem Meilenstein, den wir durchführen und versuchen, die Risiken zu minimieren. Momentan gibt es noch einige Kinderkrankheiten in den Systemen. Aber wir sehen auch, dass die Verbesserungen viel schneller sind als zu Anfang. Wir müssen also weiter „am Ball bleiben“, um die Produkte im Ökosystem zu optimieren.

Mit Blick auf die vor uns liegende Aufgabe: Welche Fortschritte würden Sie gern zwischen dem heutigen Stand und dem nächsten i14y Lab Summit im Jahr 2025 sowie in der mittleren Zukunft sehen?

Ich wünsche mir effiziente und automatisierte Tests, um Prüfsiegel und Zertifikate anbieten zu können, die auf aussagekräftigen Blaupausen basieren. Außerdem mehr Interaktion bei der Virtualisierung von Funk und Transport, die enger zusammenrücken.

Das i14y Lab ist in Europa einzigartig, es ist sogar weltweit zu einem Referenzpunkt für die Zusammenarbeit bei Tests und Validierung geworden. Daher brauchen wir auch die weitere Unterstützung und Förderung durch die Regierung, denn dies ist nicht nur eine Aufgabe für die Netzbetreiber. Aufbauend auf dem vorhandenen Erfolg haben wir die Möglichkeit, das deutsche sowie das globale Open RAN Ökosystem weiter aktiv mitzugestalten und damit die digitale Souveränität Europas voranzubringen.

Mehr Informationen:

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