„Kann diese Ausländerin mehr Fans haben als die AfD?“
Das sprichwörtliche Sommerloch war dieses Jahr in Mecklenburg-Vorpommern noch ein bisschen kürzer als in den anderen Bundesländern. Dort werden die frisch heimgekehrten Urlauber und die Daheimgebliebenen nämlich pünktlich zum Ferienende am 4. September zur Landtagswahl an die Wahlurne gebeten. Selbst im Bundesland mit der zweitniedrigsten Internetnutzung in Deutschland können die Parteien im Wahlkampf natürlich nicht auf die digitalen Plattformen verzichten, zumal die sozialen Netzwerke in den Ferien oft der einzige Draht zu den auswärtigen Urlaubern sind. Und die Rechten machen kräftig Druck im Netz.
Online-Wahlkampf in Mecklenburg-Vorpommern
Online-Wahlkampf zur Urlaubszeit
Eigentlich spricht alles dafür, dass die Parteien gerade den Online-Wahlkampf ordentlich aufheizen. Verstanden haben das Die Grünen, die „sehr verstärkt auf Online-Wahlkampf“ setzen in diesem Jahr. Zu ihrem Online-Konzept im Ferienwahlkampf gehört auch ein neues Internetportal zur Briefwahl, das losgelöst von politischen Inhalten und Parteipräferenzen für die Briefwahl ab Mitte August wirbt. Die große Angst, dass die Urlaubsabwesenheit von großen Wählergruppen den Rechtspopulisten in die Hände spielt, scheint bei dem Zuspruch, den die Landes-AfD und die noch im Landtag präsente NPD in den sozialen Netzwerken erfahren, nicht unbegründet.
Doch SPD und CDU, die seit zehn Jahren das Ostseeland gemeinsam regieren, setzen eher auf klassischen Wahlkampf mit pflichtbewusst wirkender Social-Media-Begleitung. Die CDU, die die sozialen Netzwerke „auch nicht überschätzen“ will, zieht aus der Urlaubsproblematik eher für den Offline-Wahlkampf Konsequenzen: direkte Gespräche zwischen Spitzenkandidat Lorenz Caffier und dem Klientel statt Wahlkampf mit der Kanzlerin, die vor allem schaulustige Touristen anlockt. Die SPD bewirbt online hauptsächlich ihren Spitzenkandidaten auf Facebook, den Ministerpräsidenten Erwin Sellering. Dass die beiden großen Parteien den Online-Wahlkampf nicht übermäßig schätzen, zeigt auch der fehlende Wahl-O-Mat bei dieser Wahl. Landes-SPD und -CDU hatten in Mecklenburg-Vorpommern zum wiederholten Mal keine Antworten auf die Fragen der Bundeszentrale für politische Bildung eingesendet. Sie verzichten damit auf ein niedrigschwelliges Informationsangebot, um Bürger auf die Landtagswahl aufmerksam zu machen und für Themen zu interessieren.
Online-Präsenz für Parteien selbstverständlich
Obwohl die diesjährige Landtagswahl in den Ferienzeitraum fällt, haben die Parteien nicht verschlafen den eher müden Online-Wahlkampf 2011 zumindest auszubauen. Präsenz bei Facebook, Twitter & Co. ist für die Parteien im Landtag und die, die dorthin wollen, inzwischen selbstverständlich. Doch gemessen an den „Gefällt mir“-Angaben auf den Facebook-Seiten der Landesverbände schneiden die regierenden Parteien CDU (1600 Likes) und SPD (1900 Likes) gar nicht gut ab. Das könnte daran liegen, dass die beiden Parteien die sozialen Netzwerke eher dazu benutzen, den analogen Wahlkampf auf der Straße und in der #Wahlarena zu begleiten, statt mit neuen, innovativen Formaten zu arbeiten.
Die Grünen erreichen über Facebook rund 2.300 Menschen. Hinzu kommen die 1700 Follower bei Twitter. Die FDP, die seit 2011 nicht mehr im Landtag vertreten ist, bringt es auf 2.700 Fans, Die Linke auf 1900. Den Facebook-Wahlkampf dominieren allerdings klar die Parteien des rechtsextremen Spektrums. Die NPD kommt in ihrer letzten Hochburg auf 8700 Fans auf Facebook und Die Alternative für Deutschland liegt mit über 14.000 „Gefällt mir“-Angaben klar vorn. In den Wahlumfragen sieht das Bild ein bisschen anders aus. Während die NPD wahrscheinlich nicht wieder in den Landtag einziehen wird, könnte die AfD nach der SPD und der CDU die drittgrößte Fraktion stellen.
Liberale und Rechte liefern sich Like-Battle
„AfD stoppen“ ist nach der bundesweiten Kampagne vor den Landtagswahlen im März deshalb auch zum parteiübergreifenden Wahlkampfthema in Mecklenburg-Vorpommern geworden. Die Grünen widmen der Rechts-Problematik – neben einem großen Teil ihrer Facebook- und Twitter-Posts im Wahlkampf – sogar eine Extra-Website. Die soll AfD-Parolen entlarven und stattdessen für die „Grüne Alternative“ werben. Mit der Domain www.alternativ-fuer.de dürften sich einige potenzielle AfD-Wähler auf die Seite verirren. Auch für die anderen demokratischen Parteien ist die Abgrenzung und Ablehnung der Strategie der Alternative für Deutschland ein dominantes Motiv im Online-Wahlkampf. Die FDP greift den Populismus und die rassistischen Vorurteile der AfD sogar spielerisch auf. „Kann diese Ausländerin mehr Fans haben als die AfD?“ fragen die Liberalen bei Facebook und meinen damit ihre Spitzenkandidatin, die gebürtige Französin Cécile Bonnet-Weidhofer.