Online-Wahlkampf in Niedersachsen: Social-Media-Check der Parteien – Teil 2
Am Sonntag steht in Niedersachsen eine der wichtigsten Wahlen 2013 an. Nach CDU und SPD schauen wir im zweiten Teil der Serie, wie Grüne, FDP, Linkspartei und Piraten im Vorfeld der Wahl das Social Web nutzen.
Parteien vor der Wahl in Niedersachsen auf facebook präsent
Betrachtet man die facebook-Seiten der Landesverbände von Grünen, FDP, Linkspartei und Piraten, gibt es zunächst eine kleine Überraschung: Mit 3.256 Fans verfügt der Landesverband der Linkspartei über doppelt so viel organische Reichweite, wie der Landesverband der FDP und die facebook-Seite seines Spitzenkandidaten Stefan Birkner zusammen.
Auch die kleineren Parteien sind im Social Web präsent – und bei der Bespielung des facebook-Accounts lässt sich bei allen bereits ein gewisser Standard feststellen. Wie schon CDU und SPD nutzen alle Parteien facebook, um ihre „Fans“ mit multimedialen Informationen zu bespielen und hoffen dabei auf die virale Verbreitung ihrer Inhalte, um unentschlossene Wähler zu überzeugen. Dieser Standard würde es gleichzeitig der einen oder anderen Partei ermöglichen, mit innovativen Ansätzen aus der Masse hervorzustechen – wie ist es um diese bestellt?
Am modernsten und kreativsten erscheint die Webpräsenz der Grünen: Der gut bespielte YouTube-Account der Partei lässt sich wunderbar auf facebook nutzen – und so gehört beispielsweise ein Wahlwerbespot mit CDU-Spitzenkandidat David McAllister als Marionette Angela Merkels zu den am meisten geklickten Videos der Partei. Auch Linkspartei und Piraten nutzen facebook intensiv zur Verbreitung von Wahlkampfbotschaften und posten dabei viele Bilder, Grafiken und Links. Informativ, aber weniger unterhaltsam geht es auf der facebook-Seite des Landesverbands der FDP zu, sodass man den Eindruck bekommt, dass die FDP ihren nicht auf den Online-Wahlkampf gelegt hat.
Piraten Niedersachsens überzeugen auf Twitter
Innovativ geht es auch auf dem facebook-Account der Piraten nicht unbedingt zu, doch das Medium der Piraten schlechthin ist Twitter: Satte 6.403 Follower des Landesverbands sprechen für sich. Hier findet transparente Kommunikation zwischen den Parteimitgliedern statt; teilweise fungieren die Twitter-Accounts als Instant-Messaging-Modul. Auch der Offline-Wahlkampf der Piraten wird oftmals per Twitter organisiert: „Brauchen weitere Pavillons und Sonnenschirme in Hannover für Infostände – wer kann und Material leihen?“, twitterte der Landesverband beispielsweise am 14. Januar. Auch die anderen Landesverbände sowie alle Spitzenkandidaten – außer Manfred Sohn von der Linkspartei – nutzen Twitter. Hier stehen überwiegend Informationen im Vordergrund – Ausnahme bildet die grüne Spitzenkandidatin Anja Piel, die selbst twittert und dabei auch mal von einem guten Start in den Tag berichtet, den ihr ein Taxifahrer mit dem Zustecken einer frischen Mandarine bereitete.
Grüne und Piraten mit frischen Ideen
Auch Twitter spielt also bei allen Parteien eine Rolle, um die eigenen Anhänger zu mobilisieren. Bestehen aber Ansätze, um über soziale Netzwerke auch unentschlossene Wähler anzusprechen, indem man die eigenen Anhänger als politische Player auf facebook, Twitter und Co. gewinnt? Die Grünen widmen sich in den letzten 72 Stunden des Wahlkampfes beispielsweise gemeinschaftlich der Livestream-Aktion „Drei Tage wach“, in der unentschlossene Wähler ihre Frage an grüne Landespolitiker, darunter auch die beiden Spitzenkandidaten, stellen können. Diese Aktion dürfte für Transparenz und Dialog sorgen, entspricht sie doch einem digitalen Infostandgespräch. Die Piraten brachten unlängst ihre „ideenkopierer“-App auf den Markt, in der sie ihr Wahlprogramm als Text und Hörbuch präsentieren, alle Direktkandidaten vorstellen sowie ihre Wahlplakate erklären. Wie schon bei den angebotenen Apps der SPD jedoch sind die Downloadzahlen hier gering, sodass offen bleibt, inwiefern hierbei Nutzer außerhalb der eigenen Klientel angesprochen werden.
Ausbaufähige politische Kommunikation im Social Web
Fazit: Wie schon CDU und SPD sind auch Grüne, FDP, Linkspartei und Piraten auf facebook, Twitter und YouTube aktiv. Sie stehen dabei jedoch genauso vor einem Dilemma: Sie teilen ihre Inhalte teilweise auf unterhaltsame Art und Weise und hoffen damit auf die Verbreitung ihrer Botschaften, doch facebook wird in Deutschland (noch) nicht bei allen Wählern als politische Spielwiese wahrgenommen, in der Politik in die Social Community der Nutzer Einzug hält. Gleichzeitig bieten die Parteien in der Regel jedoch auch nur wenige innovative Ansätze, um daran etwas zu ändern. Bereits entwickelte Standards in der politischen Kommunikation in sozialen Netzwerken sollten daher weiter verbessert und an geeigneten Stellen mit neuen Ideen erweitert werden, um das Potential sozialer Netzwerke für die politische Kommunikation besser zu nutzen.