Obamas Digital Mastermind: Teddy Goff im Telefónica BASECAMP
Foto: Telefónica BASECAMP
In den USA begleitete er die Online-Wahlkämpfe von Barack Obama und Hillary Clinton. Doch gelten seine Learnings auch für digitale Kampagnen des Bundestagswahlkampfs 2017 in Deutschland? Der Digital-Experte Teddy Goff kam ins Telefónica BASECAMP und teilte seine Erfahrung zu digitaler Kommunikation, durch die Wählkämpfe gestaltet, vorangetrieben und beeinflusst werden können.
Wir erleben eine Informationslandschaft, die mehr und mehr im digitalen Umfeld zu finden ist. Im Bundestagswahlkampf 2017 wird digitale Kommunikation nicht mehr nur Beiwerk, sondern ein entscheidender Faktor sein. Ein bisschen twittern und ein wenig bei Facebook posten reicht für Politiker nicht mehr aus, um Wähler für sich zu gewinnen.
Doch wie sieht digitaler Wahlkampf aus und was könnte am Ende entscheidend sein? Antworten gab es am vergangenen Montag im Telefónica BASECAMP von Teddy Goff, der Digital Campaigning im Wahlkampf von Barack Obama auf ein neues Level hob. Er war im Gespräch mit Andreas Winiarski (Senior Advisor bei Hering Schuppener).
Obamas „Digital Mastermind“ im Telefónica BASECAMP
Teddy Goff arbeitete eng mit US-Präsident Barack Obama zusammen und leitete unter anderem 2012 dessen Wahlkampf im Internet. Goff und sein Team hätten die Limits viraler Politik dabei neu definiert, schrieb das TIME Magazine; zum Beispiel brach sein erster Tweet zum Start von Barack Obamas zweiter Amtszeit alle Retweet-Rekorde. „Four more years“ hieß es darin. Kurz, und doch kommunikativ stark.
Four more years. pic.twitter.com/bAJE6Vom
— Barack Obama (@BarackObama) November 7, 2012
Und damit teilte Teddy Goff schon einmal ein erstes Learning für den deutschen, digitalen Wahlkampf mit den Gästen im Telefónica BASECAMP, das wohl mit „in der Kürze liegt die Würze“ zusammengefasst werden könnte: Deutsche Politiker tweeten weit komplexer, so das Fazit des Vergleichs von hier und Übersee.
Learning Nr. 1: Komplexität reduziert, auf max. 140 Zeichen
So lag dann auch Winiarskis Frage nahe, wie sein erster Tweet für Hillary Clinton gelautet hätte, wäre die Präsidentschaftswahl auf sie gefallen. Goff, der auch ihr beratend zur Seite stand, überlegte, wenn auch schmerzhaft. Und formulierte dann: „Madame president“. Doch ginge es nicht nur um Formulierung. Entscheidend sei ebenso die richtige Zielgruppe zu erreichen.
In der Kampagnenplanung spielen dafür Datenanalysen eine entscheidende Rolle und geben die Richtung bei der Ansprache von Zielgruppen vor. Goff bestätigte an diesem Abend einmal mehr, was bereits Kampagnenberater Julius van de Laar und Umfragenforscher Douglas Rivers im September letzten Jahres bei unserer Veranstaltung The Angry Voter erläuterten: Datenanalyse erlaubt, jede Aussage im Wahlkampf exakt auf die Zielgruppe auszurichten, selbst wenn sie noch so klein ist. Big Data macht den Wahlkampf vor allem effizienter.
Big Data im Wahlkampf
Van de Laar – übrigens einer der 5.000 Kollegen von Teddy Goff in Obamas Wahlkampf – wies aber auch darauf hin: “Der Nutzen der Daten ist begrenzt. Sie können nicht mehr als vier bis fünf Prozent zu einem Wahlergebnis beitragen.” Zu unterscheiden seien zudem kommerzielle Daten, die etwa soziale Netzwerke über potentielle Wähler offenlegen – vom letzten Autokauf, über den Geschmack bis hin zum Mediennutzungsverhalten – von selbst erhobenen Daten, die weit zielführender seien, um die Ausrichtung der Kampagne zu bestimmen, so Goff. Zu Letzteren gehören zum Beispiel Antworten wie „Ich werde dich wählen“ oder „Ich werde dich nicht wählen“, so der Digital-Experte zur Leistungsfähigkeit von Datenanalyse-Tools.
Da wundert es auch nicht, dass Goff vermutet, der Wahlsieg von Donald Trump und auch der Brexit seien keine Siege durch Datenanalyse und Technologien, sondern Siege durch Kommunikation: „Die Menschen fühlten sich angezogen durch Botschaften“.
Learning Nr. 2: Die Botschaften der Kandidaten
Was bedeutet das für die Politiker und ihre Wahlkämpfer in Deutschland? Zuallererst ginge es um den Kandidaten und das, worüber er oder sie spricht und wie, so Teddy Goff. Authentizität und Ehrlichkeit sei in jeglicher Kommunikation entscheidend für den langfristigen Erfolg – online und offline: „Try to do right by people“, so sein Rat, für den es keinen Ersatz gebe.
Hinzu käme in Zeiten der Digitalisierung die Notwenigkeit, ein echtes Verständnis für das Digitale mitzubringen: Informationsvielfalt, die Schnelligkeit, mit der Informationen im Internet kursieren und ihre Verarbeitung. Dem sollten sich Politiker mehr als bewusst sein.
Learning Nr. 3: Die digitalen Spielregeln verstehen
Kanäle, über die Wähler in Obamas Wahlkampf mobilisiert wurden und die Teddy Goff auch deutschen Kampagnenberatern empfiehlt: E-Mail, Facebook, Twitter und Websites. Dadurch seien schon einmal 80% des Erfolgs digitaler Kommunikation auch mit geringem Budget möglich, so Goff optimistisch. Doch das sagte er nicht, ohne selbst schmunzeln zu müssen: Ihm standen schließlich 1. Mrd. US-Dollar zur Verfügung. Zum Vergleich führte Gesprächspartner Andreas Winiarski 20 bis 25 Mio. Euro an, die deutsche Politiker in ihren Wahlkampf investierten.
Learning Nr. 4: Online geht nicht ohne Offline
Neben all den Online-Erfolgen, die der Digital-Experte Teddy Goff verzeichnen konnte, gestand Obamas Digital Mastermind aber auch ein, dass der US-Wahlkampf nicht ohne die dort gängigen Hausbesuche und den persönlichen Kontakt zu Wählern auskomme – Offline und Digital müssen Hand in Hand arbeiten. Die Verbreitung schöner Videos und eine gute Website reichen eben nicht aus.
Kritisch betrachtete Teddy Goff am Montag Abend im Telefónica BASECAMP den Einsatz von Social Bots in der Wahlkampf-Kommunikation via Twitter: Es sei kein Platz für das automatisierte Absetzen von Tweets als Reaktion auf Inhalte realer Personen. Goff bezeichnete die Folgen als eine Herausforderung „für diejenigen von uns, die dauerhaft eine Zivilgesellschaft, eine Demokratie, die EU, die NATO, die Vereinigten Staaten sehen wollen„. Es dürfe nicht passieren, dass jeder jeden hackt und Bots uns belästigen, so Teddy Goff weiter – Und dementsprechend dürfen Social Bots auch keinen demokratischen Wahlkampf verhindern.
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