Neues Gutachten: Leistungsschutzrecht gefährdet Social Media in Deutschland

Veröffentlicht am 29.01.2013

Kurz vor der parlamentarischen Expertenanhörung im Bundestag hat heute Professor Dr. Thomas Hoeren von der Uni Münster ein neues Rechtsgutachten gegen ein Leistungsschutzrecht veröffentlicht (Das Thema wurde auch bei einem UdL Digital Talk mit Christoph Keese und Kay Oberbeck diskutiert). In dem nun vorgelegten Gutachten kommt der anerkannte Rechtswissenschaftlicher zu dem Schluss, dass der Gesetzesentwurf zur Einführung eines Leistungsschutzrechts für Verleger auch und gerade aus der Sicht von Social Media unausgereift und überflüssig ist. Seiner Ansicht nach drohen jahrelange Gerichtsauseinandersetzungen und breite Abmahnwellen, die die Internetszene insgesamt und alle Nutzer von Social Media über längere Zeit lähmen werden.

Leistungsschutzrecht „konturenlos“

Facebook hatte Professor Hoeren um eine gutachterliche Stellungnahme gebeten, nachdem die Bundesregierung auf eine kleine parlamentarische Anfrage hin bestätigte, dass die Anwendbarkeit des neuen Leistungsschutzrechts aufgrund dessen Ausgestaltung als “allgemein-abstrakte Regelung” auf Dienste wie Facebook, Twitter wohl nur mittels der Gerichte zu klären sei. Die Bundesregierung hatte damit indirekt alle Befürchtungen über die Unwägbarkeiten des Leistungsschutzrechts bestätigt und auf die Gerichte verwiesen. Dies hatte Facebook dazu veranlasst eine rechtswissenschaftliche Bewertung des Gesetzesentwurfs mit dem Hinblick auf die Nutzung von Social Media in Auftrag zu geben. In seinem Gutachten kommt Professor Hoeren auch zu dem Ergebnis, dass ein solch „konturenloses Leistungsschutzrecht“ für Verleger technisch und ökonomisch nicht gerechtfertigt sei. Im Übrigen zeigt er auf, dass die Verfahrensweise bei der Verabschiedung des Entwurfs den europarechtlichen Vorgaben aus der EU-Transparenzrichtlinie widerspreche.

Nach Lektüre des neuen Gutachtens von Professor Hoeren bleibt zu hoffen, dass der Gesetzgeber noch rechtzeitig erkennt, dass der aktuelle Entwurf gerade auch die Politiker selbst als Nutzer und Produzenten von Social Media betrifft. Denn im Hinblick auf die Rolle von Social Media bei den Bundestagswahlen kann es nicht das Interesse der Politik sein, eine solche rechtliche Unsicherheit für die deutschen Internetnutzer mit derart weitreichenden negativen Implikationen für die Allgemeinheit in Kraft zu setzen.

Schlagworte

Empfehlung der Redaktion