Neue Regeln für Audiovisuelle Mediendienste

Andrus Ansip, Foto: European Union 2015
Veröffentlicht am 24.05.2016

Morgen wird Günther Oettinger, EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft, gemeinsam mit Vizekommissionspräsident Andrus Ansip einen Entwurf für die Novelle der Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste (Audiovisual Media Service Directive, AVMSD) vorstellen. Im Vorwort des von EurActiv vorab veröffentlichten Entwurfs heißt es, dass die Richtlinie im Rahmen der „Digital Single Market Strategy“ modernisiert würde, um sie den inzwischen veränderten technischen und Marktbedingungen anzupassen. Der notwendige Handlungsbedarf war im Rahmen der üblichen Konsultationsprozesse abgesteckt worden, die öffentliche Beteiligung war zwischen Juni und September 2015 möglich.

Stärkung der Regulierer

Die überarbeitete Richtlinie soll zwar weiterhin nur die Mindeststandards für die nationale Regulierung vorgeben, sie soll aber gleichzeitig zu einem höheren Harmonisierungsgrad führen, indem die Unabhängigkeit der nationalen Regulierer gestärkt wird. Die EU-Kommission hält diese Stärkung für eine zentrale Neuerung, die auch helfen soll, den Pluralismus in den Medien zu bewahren. Doch nicht nur auf nationaler Ebene sollen die Regulierer gestärkt werden, auch auf europäischer Ebene wird der Aufgabenbereich der 2014 eingerichteten „European Regulators Group for Audiovisual Media“ ausgeweitet.

Mehr Werbefreiheit für Fernsehsender

Klassische Fernsehsender, die derzeit einer sehr detaillierten Regulierung unterliegen, können sich über eine gewisse Flexibilisierung bei der „audiovisual commercial communication“ freuen. Die Begrenzung der Werbezeit wird neu organisiert, so dass der Werbeanteil, der bisher von 7.00 bis 23.00 Uhr 20 Prozent einer Stunde nicht überschreiten durfte, nun flexibel verteilt werden kann. Von dieser 20-Prozent-Regel ausgenommen sind eigene Programme des Senders, „sponsorship announcements“ und „product placements“. Verboten bleiben weiterhin product placements für Tabakprodukte und Zigaretten. Um den Schutz von Kindern nicht zu vernachlässigen, sollen diese vor Werbung geschützt werden, die „foods high in fat, salt/sodium and sugars and alcohol beverages“ enthält.

Von der Flexibilisierung erwartet sich die EU-Kommission Einsparungen in Millionenhöhe, da die Regulierer nicht mehr die strikte Einhaltung der 20-Prozent-Regel (1 Million Euro) sowie die strengen Rahmbedingungen für product placement und sponsorings – mit Kosten von 2,2 Millionen Euro auf nationaler und 2,1 Millionen auf europäischer Ebene – überwachen und durchsetzen müssen.

Andrus Ansip, (c) European Union 2015
Andrus Ansip, (c) European Union 2015

Kulturauftrag für Streaming-Dienste

Neu ist hingegen, dass auch On-demand-Streaming-Dienste wie Netflix und Amazon stärker reguliert und im Sinne des Kulturauftrags des Fernsehens dazu verpflichtet werden sollen, „to reserve at least 20 % share for European works in their catalogues and to ensure adequate prominence of such works“. Zudem werden Mitgliedsstaaten dazu ermächtigt, Streaming-Anbieter dazu zu verpflichten, sich finanziell an der Produktion von europäischen Werken zu beteiligen. Dabei wird es allerdings Ausnahmen für besonders kleine und spezialisierte Anbieter geben.

Für die Streaming-Dienste sollte insbesondere die erste Anforderung keine größere Hürde darstellen, da einer Studie im Auftrag der EU-Kommission zufolge bereits jetzt mehr als ein Viertel des Filmangebots als europäische Arbeiten gelten. Kritiker dieser Verpflichtung wie Thomas Jarzombek, Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für die Digitale Agenda, warnen allerdings vor einer Verschlechterung des Angebotes, da die Anbieter dazu übergehen könnten, kostengünstige Produktionen einzukaufen, um die Quote zu erfüllen, diese dann aber kein Publikum finden.

Kein Geoblockingmehr

Mit dem Reformvorschlag wird auch der Diskussion um das sogenannte „Geoblocking“ ein Ende gesetzt, denn in Artikel 28 soll es zukünftig heißen: „Member states shall ensure freedom of reception and shall not restrict services on their territory of video-sharing platform providers from other member states for reasons wich fall within the fields coordinated by Article 28 ter.“

Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf UdL Digital. Nadine Brockmann ist als Analystin für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.

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