Neue Landesregierungen: Digitalpolitik in Brandenburg, Sachsen und Thüringen
In Brandenburg, Sachsen und Thüringen habe sich vor kurzem drei neue Landesregierungen zusammengefunden. Wir betrachten die zentralen digitalpolitischen Vorhaben in den Koalitionsverträgen und wer aus den Regierungen sich künftig um die Digitalisierung kümmern soll.
Seit dem 11. Dezember 2024 gibt es eine politische Premiere in Brandenburg: Die SPD des langjährigen Ministerpräsidenten Dietmar Woidke regiert nun zusammen mit dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW). Die neue Koalition formuliert in ihrem Vertrag ein großes, aber dennoch sehr allgemeines Ziel für die Digitalpolitik:
„Wir wollen, dass Digitalisierung das Leben der Menschen einfacher und besser macht“.
In einem Flächenland wie Brandenburg soll die Digitalisierung helfen, Distanzen zu überbrücken und die Lebensqualität insbesondere im ländlichen Raum zu verbessern.
Brandenburg: Was bringt die neue SPD-BSW-Koalition?
Mit welchen Maßnahmen die Landesregierung ihr Vorhaben konkret umsetzen möchte, bleibt im Koalitionsvertrag jedoch sehr vage. So soll es in Brandenburg durch eine gezielte Ausbauförderung künftig weder „weiße Flecken“ ohne schnelles Internet, noch „graue Flecken“ ohne Glasfaseranschluss geben. Die vom Bund bereitgestellten Mittel für den Glasfaserausbau sollen durch Landesmittel ergänzt werden.
Neben dem Netzausbau wird vor allem der Digitalisierung der Verwaltung hohe Priorität eingeräumt: In einem „Kommunalpakt Brandenburg“ sollen Land und Kommunen enger zusammenarbeiten, um Verwaltungsleistungen flächendeckend und nutzerfreundlich im Sinne der Bürger:innen und Wirtschaft bereitzustellen. Zugleich wird betont, dass die Digitalisierung nicht dazu führen darf, „dass Menschen abgehängt werden oder Behörden nicht mehr erreichbar sind.“ Dem möchte man mit Beratung und Unterstützung begegnen, ohne konkretes zu benennen.
Die Digitalisierung des Bildungsbereichs wird ebenfalls hervorgehoben. Schulen sollen besser ausgestattet und Lehrkräfte geschult werden, um den Wissenstransfer im Bereich der digitalen Kompetenzen auszubauen.
Der Digitalisierungsbeauftragte mit neuer Rolle
Klarer sind die Ankündigungen bezüglich einer erstmaligen Datenstrategie für KI- und datenbasierte Lösungen in Verwaltung und Wirtschaft sowie die flächendeckende Einführung der E-Akte und des digitalen Staatsexamens im juristischen Bereich.
Hierbei dürfte auch eine Umstrukturierung der politischen Zuständigkeiten eine Rolle spielen: Bisher lag die Digitalisierung in der Staatskanzlei beim Staatssekretär und ehemaligen Rechtsanwalt Benjamin Grimm (SPD). Als alter und neuer Digitalisierungsbeauftragter wird er nun Minister der Justiz und für Digitalisierung, womit das Thema zumindest institutionell gestärkt wird.
Fazit: Alles wichtige Punkte und richtige Schritte, im Koalitionsvertrag mangelt es aber trotzdem inhaltlich oft an einer Formulierung konkreter Maßnahmen und klarer Zeitpläne, um die genannten digitalpolitischen Ziele zu erreichen – speziell bei der Verwaltungsmodernisierung und der Entbürokratisierung.
Sachsen: Digitale Unterstützung für die Wirtschaft
In Sachsen konnte der bisherige Ministerpräsident Michael Kretschmer mit CDU und SPD nur eine Minderheitsregierung bilden, die sich in ihrem Koalitionsvertrag einiges vorgenommen hat. Gerade für den Bereich „Innovationen und digitaler Wandel“ finden sich angesichts der vorhandenen wirtschaftlichen Strukturen in Sachsen einige spannende Ansätze:
- Um Unternehmen stärker zu unterstützen, neue digitale Produkte zu entwickeln und in moderne Technologien zu investieren, möchte die neue Regierung unter anderem die vorhandene Digitalagentur Sachsen weiterentwickeln und mit ihr „landesbedeutsame Digitalprojekte“ fördern. Zudem soll die Idee einer Zukunftsagentur Sachsen geprüft werden.
- Statt des bisherigen „Forum Sachsen Digital“ setzt man auf interaktive Formate wie Hackathons. Zudem werden strategisch wichtige Digital Hubs unterstützt.
- Mit dem Ausbau des „Robot Valley“ sollen Robotik und KI weiter gefördert werden. Auch die Rahmenbedingungen für KI-Fachkräfte möchte man verbessern.
- Der Ausbau der Halbleiterindustrie wird ebenfalls als ein zentraler Punkt für die wirtschaftliche Zukunft des Landes genannt.
Im Bereich der Verwaltungsmodernisierung soll insbesondere Künstliche Intelligenz dabei helfen, Prozesse in Justiz, Steuerverwaltung und beim Bürokratieabbau effizienter zu gestalten. Zum Beispiel mithilfe eines landesweiten digitalen Portals, das vorausgefüllte Anträge und Leitfäden bereitstellt. Als zeitliches Ziel für die Online-Verfügbarkeit aller Verwaltungsdienstleistungen wird 2030 genannt.
Digitalfördergesetz, Cybersicherheit, Mobilfunk
Um die Handlungsfähigkeit der Verwaltung sicherzustellen und die Digitalisierung voranzutreiben, setzt die Regierung außerdem auf ein neues ressortübergreifendes Koordinierungsgremium sowie ein Digitalfördergesetz, mit dem das bisherige E-Government-Gesetz ersetzt werden könnte.
Die Cybersicherheit soll mithilfe des Cybercrime Competence Center Sachsen (SN4C), des Sicherheitsnotfallteam (SAX.CERT) sowie die Digitalagentur Sachsen gestärkt werden.
Den Mobilfunkausbau möchte Sachsen gemeinsam mit den Telekommunikationsunternehmen beschleunigen und dafür bestehende bürokratische Hürden abbauen sowie baurechtliche und naturschutzrechtliche Hindernisse überprüfen.
Personell gibt es in Sachsen ebenfalls eine Veränderung: Die Juristin Daniela Dylakiewicz löst Thomas Popp als Amtschefin für Digitalisierung und Verwaltungsmodernisierung ab und wird als Landes-CIO eng mit dem Chef der Staatskanzlei zusammenarbeiten.
Thüringen: Ambitionierte digitale Vorhaben
Das ambitionierteste digitale Programm der drei Länder hat sich Thüringen vorgenommen, wo seit dem 12. Dezember 2024 die erste sogenannte Brombeer-Koalition Deutschlands aus CDU, BSW und SPD regiert. Die Koalition des neuen Ministerpräsidenten Mario Voigt macht in ihrer Vereinbarung klar: Digitalisierung ist nicht nur ein Nebenschauplatz, sondern wird als Querschnittsaufgabe verstanden, die sowohl Verwaltung, Bildung als auch die Wirtschaft betrifft. Thüringen soll so ein Vorzeigestaat in Sachen Digitalisierung werden.
Ein besonderes Augenmerk liegt dabei auf Künstlicher Intelligenz. Die Regierung plant eine eigene KI- und Datenstrategie, um Entscheidungsprozesse effizienter zu gestalten und die Verwaltung zu modernisieren. Genehmigungen sollen beschleunigt und Verwaltungsvorgänge online zugänglich gemacht werden. Weitere Punkte sind die Evaluierung des Thüringer E-Government-Gesetzes sowie die Weiterentwicklung des Transparenz- zu einem Open-Data-Gesetz.
„Kompetenzzentrum Digitale Infrastruktur“ geplant
Beim Netzausbau möchte die neue Regierung mithilfe des „Digital-Turbo Thüringen“ und der kommunalen Thüringer Glasfasergesellschaft den flächendeckenden Glasfaser- und Mobilfunkausbau vorantreiben. Dazu wird ein „Kompetenzzentrum Digitale Infrastruktur“ aufgebaut.
Im Bildungsbereich sind zentrale IT-Servicestellen für Schulen geplant, um technischen Support zu gewährleisten. Für die Kombination aus analogen und digitalen Lernmethoden wird es Leitlinien geben, ab Klasse 7 sollen alle Schüler:innen Tablets erhalten, während an Grundschulen die Handynutzung eingeschränkt wird. Medienkompetenz, insbesondere der Umgang mit Künstlicher Intelligenz, wird zudem fester Bestandteil des Unterrichts.
Weitere Digitalisierungsvorhaben betreffen die Telemedizin und – wie in den anderen beiden Ländern – das Justizwesen.
Erster Digitalminister vom BSW
Mit der neuen Regierung kommt auch ein anderer Akzent in der Organisation der Digitalpolitik: Der Unternehmer und studierte Kommunikationsdesigner Steffen Schütz (BSW) übernimmt als neuer Minister für Digitales und Infrastruktur eine zentrale Rolle. Zudem wird die Position des Chief Information Officer (CIO) beziehungsweise Chief Digital Officer (CDO) aufgewertet. Dieser soll künftig über Kabinettsrang verfügen und ressortübergreifend arbeiten, wie sogar im Koalitionsvertrag festgehalten wurde.
Eine weitere nennenswerte Änderung: Das Thüringer Landesrechenzentrum (TLRZ), bisher dem Finanzministerium untergeordnet, wird zur operativen Einheit des neuen Digitalministers. Ein zweiter, redundanter Standort für das TLRZ ist ebenfalls geplant, um die IT-Infrastruktur zu stärken.
Fazit
Im Vergleich der drei betrachteten Länder formuliert die Thüringer Brombeerkoalition die vielversprechendsten Pläne und konkretesten Maßnahmen. Entscheidend wird am Ende jedoch sein, wie konsequent und mit welchen Ressourcen die neuen Regierungen ihre Visionen umsetzen können – und ob sie stets genug Rückhalt in Parlament, Behörden und Bevölkerung finden, um ihre Ziele zu realisieren.
Mehr Informationen:
Bundesländer Digital: Warum Sachsen und Thüringen innovative Standorte sind
Nach den Landtagswahlen: Bayern und Hessen im digitalpolitischen Vergleich
Mobilfunkausbau: Wie sieht es baurechtlich in den Ländern aus?