Mobilfunk: Wie können graue Flecken geschlossen werden?

Credits: iStock/Rudzhan Nagiev, Shutterstock/kanvictory, Pixabay/jorono
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Veröffentlicht am 16.11.2023

Wie schließt man graue und weiße Flecken in der Mobilfunkversorgung? Mit dieser Frage setzen sich regelmäßig sowohl die Mobilfunknetzbetreiber als auch die Politik auseinander. Welche Lösungen dafür infrage kommen, war das Thema einer Informationsveranstaltung von O2 Telefónica, deren Ergebnisse wir hier zusammenfassend aufgreifen.

Der Ausbau der Mobilfunknetze in Deutschland schreitet voran. Doch trotz aller massiven Investitionen der Mobilfunkanbieter verbleiben einzelne Gegenden mit Funklöchern oder sogenannten „grauen Flecken“ in der Netzabdeckung. Wie aber auch diese beseitigt werden können, beschäftigt nicht nur die Mobilfunkanbieter, sondern auch die Politik.

Gegen weiße Flecken hilft nur neue Infrastruktur

Mit grauen Flecken sind Gegenden gemeint, in denen die Bewohner von mindestens einem Mobilfunkanbieter, aber nicht von allen, versorgt werden. Von weißen Flecken spricht man, wenn in einem Gebiet gar kein Mobilfunkanbieter verfügbar ist.

Besonders die Schließung der weißen Flecken in abgelegenen Gebieten ohne jede technische Infrastruktur und Besiedelung (Moor, große Waldgebiete usw.) gestaltet sich oftmals extrem schwierig, da hier letztlich nur die Errichtung neuer Infrastruktur Abhilfe schafft. Doch dies kann durch vielfältige Gründe langwierig und kompliziert sein. So nimmt das Ermitteln von vermietbereiten Grundstückseigentümern bei der Standortsuche, die Abstimmung mit Behörden und Naturschutzverbänden oder die Energie- und Glasfaseranbindung in unwegsamem Gelände viel Zeit in Anspruch – nicht selten einige Jahre.

Für das Schließen der grauen Flecken gibt es mehrere Lösungsmöglichkeiten. Grundsätzlich ist eine gemeinsame Versorgung durch mehrere Anbieter möglich, sofern gewisse Bedingungen erfüllt sind. Dazu gehört beispielsweise die Statik des Bauwerks, das die Antennen tragen soll. Gelegentlich bringt die Politik ein lokales bzw. nationales Roaming als angeblich vielversprechenden Ansatz ins Spiel. Konkret verbunden mit der Vorstellung, die Mobilfunkkunden könnten so beliebig zwischen allen Inlandsnetzen wechseln – auch, wenn ihr eigener Anbieter an einem Ort nicht selbst präsent ist.

National Roaming bringt keine Vorteile für den Markt

Doch dies ist aus mehreren Gründen nicht zielführend: So könnte eine bundesweite Öffnung der Mobilfunknetze für alle Kund:innen aller Anbieter beispielsweise eine zusätzliche Belastung der gastgebenden Netze bedeuten und zu Qualitätseinbußen mit niedrigeren Geschwindigkeiten oder Gesprächsabbrüchen bei Netzwechseln führen. Zudem würde National Roaming den fairen Wettbewerb zwischen den Netzbetreibern untergraben.

Insgesamt hätten die technischen, juristischen, regulatorischen sowie ökonomischen Aspekte von lokalem oder nationalem Roaming aus der Sicht von Telefónica Deutschland fast ausschließlich negative Folgen für den Mobilfunkmarkt und die Versorgungsqualität der Kund:innen. Stattdessen liegen andere, etablierte Konzepte gegen graue Flecken vor, die von den Mobilfunkanbietern bereits erfolgreich angewandt werden.

Foto: Pixabay User birgl | CC0 1.0 | Ausschnitt bearbeitet

Lösungsansätze zur Versorgung der grauen Flecken

Zu diesen Lösungen gehören das sogenannte passive Infrastruktursharing, das Multi-Operator Radio Access Network (MORAN) sowie das Multi-Operator Core Network (MOCN).

  • Beim passiven Sharing teilen sich die Mobilfunkanbieter nur die passiven Komponenten eines Mobilfunkstandorts, in diesem Fall das Bauwerk, in der Regel ein Funkmast, die Energieversorgung und ggf. die Antennen. Die aktiven Komponenten für das Zugangsnetz (wie Sender/Empfänger, die nötigen Frequenzen oder Hochleistungsrechner zur digitalen Signalverarbeitung und Anbindung an das Transportnetz) müssen von den Anbietern selbst bereitgestellt werden.
  • Im Unterschied dazu werden im MORAN alle aktiven Komponenten gemeinsam genutzt, über einen gemeinsam genutzten Sender bzw. Empfänger (Radio Unit) jedoch die zum jeweiligen Anbieter gehörenden Frequenzen abgestrahlt, sodass der Kunde sich in seinem Heimatnetz wiederfindet.
  • Beim MOCN wiederum werden zusätzlich auch die Frequenzen geteilt, also gemeinsam genutzt, sodass die verschiedenen Kunden der Mobilfunkanbieter gemeinsam eine Funkzelle nutzen.

Das MOCN-Konzept erlaubt sogar ein Frequenzpooling, also die Bündelung beider Frequenzen, wodurch mehr Kapazitäten zur Verfügung stehen würden. Allerdings entstehen neben dem hohen technischen Aufwand bei der Konfiguration beim Übergang von einer geteilten Zelle zurück in das Heimnetz gegenseitige Störungen (Interferenzen), weshalb ein Frequenzpooling in Deutschland bisher nicht genutzt wird.

Eigenständige Kooperation der Mobilfunkanbieter

Credits: Henning Koepke/o2 Telefónica

Hierzulande kommt MOCN ohne Frequenzpooling zum Einsatz, beruhend auf bilateralen Verträgen zwischen den großen Anbietern Telefónica Deutschland, Vodafone und Telekom. Diese gemeinsame Infrastrukturnutzung, bei der der gastgebende Anbieter seine Hardware entsprechend so konfiguriert, dass auch Gäste anderer Netze mitversorgt werden, ist ein komplexer, aber doch vielversprechender Lösungsansatz bei der Schließung grauer Flecken in der Netzabdeckung.

Alle drei Konzepte sind aus Sicht sowohl des Bundeskartellamtes als auch der Bundesnetzagentur zulässig, haben keinen Einfluss auf den Wettbewerb und können, anders als lokales oder nationales Roaming, allesamt perspektivisch umgesetzt werden. Die schnellste und unkomplizierteste Lösung ist und bleibt allerdings das passive Sharing, auf diese Variante greifen die Mobilfunkanbieter bereits erfolgreich seit gut 20 Jahren zurück.

Das Fazit: Die Mobilfunkunternehmen nutzen somit bereits aus eigenem Antrieb viele technische Lösungen, die unter vertretbarem Aufwand möglich sind, um die Mobilfunkversorgung stetig zu verbessern. Dennoch: Es gibt keine pauschale Lösung. Vielmehr müssen die Anbieter an jedem neu zu versorgenden Ort schauen, welcher technische Ansatz geeignet erscheint. Und eins ist auch klar: Eine weitere Regulierung oder neue vorgeschriebene Maßnahmen würden aus der Sicht von Telefónica nicht zur Verbesserung der Versorgung beitragen, sondern könnten durch zusätzliche Bürokratie eher die Freiheit des Marktes und den Wettbewerb gefährden.

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