Mobilfunk einfach erklärt: Was steckt hinter dem Empfang im Zug?
Jeder kennt es, manche nervt es – das Telefonieren im Zug. Dass man grundsätzlich auf einer Bahnfahrt telefonisch erreichbar ist und dort auch das mobile Internet nutzen kann, ist für viele Zugreisende aber trotzdem eine Selbstverständlichkeit. Wie das funktioniert, was die technischen Herausforderungen sind und welche Wege beschritten werden, um den Empfang weiter zu verbessern, beschreiben wir hier.
Haben Sie sich auch schon mal gefragt, warum das Mobilfunksignal auf Bahnfahrten je nach Strecke und Zugtyp sehr unterschiedlich ausfallen kann? Oder wie eigentlich WLAN in Zügen zur Verfügung gestellt werden kann? Für die Beantwortung beider Fragen spielen Mobilfunkantennen eine zentrale Rolle, sind aber nicht der einzige Faktor.
Gute Versorgung mit Funkantennen
Wie überall sonst – ob in Gebäuden oder im Freien, ob in der Stadt oder auf dem Land – basiert der Mobilfunkempfang auch im Zug grundsätzlich auf den Antennen, die in der Nähe vorhanden sind. Denn im Wageninneren können maximal die Signale empfangen werden, die entlang der Gleise zur Verfügung stehen.
Für die Versorgung der Schienenwege gibt es deshalb bestimmte gesetzliche Auflagen, die von den drei großen Mobilfunknetzbetreibern in Deutschland fast vollständig erfüllt werden. So liegt der Grad der „Freifeldversorgung“ sowohl bei den fahrgaststarken als auch bei allen übrigen Strecken laut Bundesnetzagentur bei über 99%. Anfang 2024 lag zudem die 4G-Versorgung durch mindestens einen Netzbetreiber entlang der Bahnstrecken bei 99,6% und die Versorgung mit 5G ist seit 2022 von 78% auf 98% gestiegen. Nur die Versorgung in Tunneln fällt demgegenüber momentan noch ab.
Das Problem metallbeschichteter Scheiben
Mit dem hohen Versorgungsgrad ist die Grundvoraussetzung für guten Mobilfunkempfang im Zug auch in der Fläche eigentlich gegeben. Doch die größte Herausforderung ist es, die Signale der Funkmasten in die Gehäuse der Züge zu bekommen, damit die Endgeräte sie dort empfangen können.
Das Problem dabei: Die Scheiben vieler Züge sind heutzutage zur Wärme-Isolierung mit einer hauchdünnen Metallschicht bedampft – und dadurch nahezu funkdicht wie ebenso der Rest des Zuges als Metallröhre. Um diese Schicht für einen rudimentären Empfang zu durchdringen, wäre ein starkes Signal durch sehr viele Funkmasten entlang der Strecke nötig. Sinnbildlich könnte man dies mit einem heruntergelassenen Fensterrollladen vergleichen, der so gut wie kein Licht mehr ins Innere lässt. Es sei denn, man stellt mehrere starke Lichtstrahler davor, um wenigstens etwas Helligkeit durch die wenigen Ritzen zu bekommen.
Zwei Lösungsoptionen
Um dieses Problem zu lösen, werden vor allem in ICE- und IC-Zügen aktuell Repeater eingesetzt, ein international gängiges Verfahren. Sie empfangen das Mobilfunksignal an einer Außenantenne und geben es über kleine Innenantennen verstärkt ins Wageninnere weiter. Allerdings decken diese Geräte nur einen bestimmten Frequenzbereich ab und sind nicht unempfindlich, weshalb nach gewisser Zeit bei den Zügen ein Austausch durch die Bahnbetreiber nötig wäre. Etwa, wenn weitere Frequenzen im Mobilfunk zum Einsatz kommen oder aus anderen Gründen erneuert werden muss.
Mittlerweile wird aber auch an einer anderen Möglichkeit gearbeitet: Mobilfunktransparentere Scheiben, die das Funksignal nahezu ungehindert durchlassen sollen. Dafür werden mit innovativer Laser-Technologie hauchfeine Muster in die Isolierschicht eingearbeitet, damit die Mobilfunksignale ins Wageninnere gelangen und zugleich die wärmeisolierende Wirkung der Scheiben nahezu unverändert bleibt. Speziell die deutsche Bahn testet momentan die Umrüstung auf solche „Mobilfunk-Fenster“. Allerdings kann nur eine der beiden Optionen – also Repeater oder funkdurchlässige Scheiben – pro Zug zur Anwendung kommen, um Störungen zu vermeiden.
Zug-WLAN und künftige Gigabitversorgung
Die ausreichende Abdeckung mit Mobilfunknetzen ist von zentraler Bedeutung für den Empfang von WLAN, das im Zug angeboten wird. Denn per sogenannter Multiprovider-Technik an Bord werden parallel alle Mobilfunksignale entlang der Strecke genutzt, gebündelt und zu einem WLAN für die Reisenden umgewandelt. Auf diese Weise kann eine geringe Netzabdeckung eines einzelnen Anbieters durch die Funksignale anderer Anbieter kompensiert werden. Allerdings gilt auch hier: Je mehr Personen das angebotene WLAN intensiv nutzen, desto eher kann die Übertragungsrate für jeden einzelnen abfallen.
Wie im Allgemeinen in der digitalen Gesellschaft steigt nämlich auch im Zugverkehr der Bedarf an Datenvolumen, was erweiterte Kapazitäten durch die Netzbetreiber notwendig macht. Um dem steigenden Kapazitätsbedarf im Zug gerecht zu werden, werden derzeit weltweit neue Wege gesucht. Ein Beispiel dafür ist das Projekt „Gigabit Innovation Track“, kurz: GINT, das in einem Feldversuch testet, welche Voraussetzungen nötig sind, um den Mobilfunkempfang im Zug auf Gigabit-Niveau zu bekommen. So wird auf einer Versuchsstrecke im Süden von Mecklenburg-Vorpommern unter anderem untersucht, wie viele Funkmasten gebraucht werden, in welchem Abstand sie stehen sollten und welchen Effekt gelaserte Scheiben tatsächlich haben.
An dem branchenübergreifenden Projekt wirken die Deutsche Bahn, der Netzwerkausrüster Ericsson, O2 Telefónica und der Funkmastbetreiber Vantage Towers mit. Gefördert wird es vom Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) mit 6,4 Mio. Euro. Die ersten Ergebnisse stimmen dabei zuversichtlich, dass die Versorgung mit mehr als einem Gigabit pro Sekunde im Zug machbar sein wird. Genauere Ergebnisse werden Ende 2024 veröffentlicht und für eine Umsetzung sind dann noch wichtige technische und wirtschaftliche Fragen offen, die alle beteiligten Akteure beantworten müssen. Dies wäre ein wichtiger Schritt, um den Empfang von Mobilfunk und mobilem Internet auf Zugreisen im Sinne der digitalen Zukunft noch weiter zu verbessern.
Event-Hinweis:
Am 29. Mai 2024 diskutieren wir im Rahmen der re:publica im BASECAMP über die Mobilitätswende und schnelles Internet in der Bahn. Zu dieser Ausgabe von „Nachgefragt!“ sprechen wir mit Dr. Daniela Gerd tom Markotten, Vorständin Digitalisierung & Technik der Deutschen Bahn AG, und Tabea Rößner, MdB der Grünen und Vorsitzende des Digitalausschusses im Bundestag.