Mobilfunk einfach erklärt: Was ist Virtual und Cloud RAN?
Technologische Innovationen haben immer wieder für wichtige Veränderungen gesorgt. Im Mobilfunkbereich wird seit einiger Zeit etwa am Open RAN-Ansatz gearbeitet, der Mobilfunknetze einfacher, schneller, flexibler und günstiger machen soll. Mit den Konzepten von Virtual RAN und Cloud RAN gibt es mittlerweile neue Ansätze, hier Fortschritte zu erzielen. Wir erklären, was es damit auf sich hat.
Um zu verstehen, welche Idee hinter den Begriffen Virtual RAN und Cloud RAN steckt, muss man zunächst wissen, was mit Open RAN gemeint ist. Bisher beruhte die Netzinfrastruktur beim Mobilfunk nämlich auf geschlossenen und herstellergebundenen Funkzugangsnetzen. Diese Radio-Access-Networks (RAN), die für die Verbindungen zwischen den mobilen Endgeräten und dem Kernnetzwerk des Mobilfunknetzes sorgen, sollen künftig offener und flexibler werden, um die Netze noch leistungsfähiger zu machen.
Mehr Vorteile durch Interoperabilität
So soll Open RAN dazu beitragen, die Interoperabilität der Funkzugangsnetze zu verbessern, indem die verschiedenen Komponenten von Hardware und Software konsequent getrennt werden und über standardisierte, offene Schnittstellen miteinander kommunizieren. Dies ermöglicht es, einzelne Komponenten im Netz gegen die eines anderen Herstellers auszutauschen, ohne zuvor eine gesamte Infrastruktur umbauen zu müssen.
Auf diese Weise könnten Abhängigkeiten von einzelnen Herstellern reduziert und neue Produkte schneller in die Netze integriert werden, z.B. neue Funktionen für 5G-Netze oder Algorithmen für Künstliche Intelligenz und maschinelles Lernen. Dies kann langfristig auch zu mehr Wettbewerb und Anbietervielfalt führen. Open RAN sollte jedoch nicht allein als ein neuer Technologiestandard betrachtet werden, sondern als ein offenes Ökosystem von untereinander kompatibler Software und Hardware, das auf den 3GPP Standards für 4G und 5G basiert.
Die Virtualisierung der Funkzugangsnetze
Bei Virtual RAN und Cloud RAN handelt es sich nun um eine teilweise Umsetzung der Open RAN-Idee. Dabei werden nicht alle Schnittstellen unterstützt, beziehungsweise die Open RAN- Architektur nicht in allen Teilen umgesetzt. Die realisierten Schnittstellen sind aber mit Open RAN kompatibel, mit dem Ziel, die Funkzugangsnetzwerke zu flexibilisieren. Auf diese Weise werden verschiedene Netzwerkfunktionen virtualisiert und von der zugrundeliegenden Hardware entkoppelt. Bestimmte RAN-Funktionen, wie die für die Signalverarbeitung zuständige Baseband-Unit, lassen sich beispielsweise auf Server oder in die Cloud auslagern und müssen nicht mehr zwingend in den Basisstationen vor Ort vorkommen. Stattdessen gibt es dann eine zentralisierte Basisstation mit Virtualisierungs- und Cloud-Computing-Funktionalität.
Diese „Virtualisierungsschicht“ zwischen Hardware und Software erlaubt etwa die Automatisierung von Netzfunktionen, noch schnellere Software-Updates, eine flexiblere Nutzung von Hardware sowie die Verwendung von Komponenten verschiedener Anbieter. O2 Telefónica arbeitet hier zum Beispiel mit Nokia und Samsung zusammen, um diesen Ansatz zu testen und breiter anzuwenden. Die Begriffe Virtual und Cloud RAN bezeichnen dabei im Grunde das Gleiche, werden von einzelnen Herstellern aber jeweils unterschiedlich verwendet.
Großes Potenzial, aber auch noch viel zu tun
Die Weiterentwicklung dieser Open RAN-Ansätze ist ein wichtiger Aspekt für den Aufbau einer virtualisierten und cloudifizierten Infrastruktur der Zukunft. Denn um Cloud RAN zu betreiben, werden lokale und regionale Rechenzentren benötigt, die auch für weitere regionale Cloud-Anwendungen genutzt werden können.
Die bisherigen Tests mit Open RAN-Hardware und -Software, die alle großen Mobilfunknetzbetreiber in Deutschland durchführen, zeigen allerdings, dass die aktuell am Markt verfügbaren ORAN-Systeme im Vergleich zu den geschlossenen Systemen etablierter Hersteller noch nicht konkurrenzfähig sind, was Qualität, Leistungsfähigkeit Nachhaltigkeit und auch Sicherheit betrifft. Es besteht hier zwar viel Potenzial, aber es ist auch noch einiges an Entwicklung nötig, bis Open RAN Marktreife erreicht und einsatzfähig ist.
Bis dahin muss die Technologie weiter erprobt und weiterentwickelt und vor allem auch weiter gefördert werden. Eines der Projekte ist „i14y“ Lab in Berlin, das von einem Konsortium betrieben wird, dem neben O2 Telefónica weitere wichtige Telekommunikationsanbieter, Forschungseinrichtungen und Mobilfunkhersteller angehören. Zu den Kernaufgaben des vom Bund geförderten Labs gehören vor allem Interoperabilitäts- und Integrationstests. Das i14y-Lab soll entscheidend so dazu beitragen, Open RAN zur marktreife zu führen.
Dafür sind auch entsprechende Förderungen, Rahmenbedingungen und Geduld vonseiten der Politik nötig, damit die Unternehmen innovative Durchbrüche im Mobilfunk erzielen können. Schließlich sind Entwicklungen im Cloudbereich und die Etablierung eigener Cloud-Plattformen auch von allgemeiner Bedeutung und eine Frage der digitalen Souveränität Deutschlands und Europas.