Mobilfunk einfach erklärt: Was ist der Digitalfunk BOS?
Wer sich für Funknetze interessiert und schon immer gefragt hat, wie eigentlich Feuerwehr und Polizei im Einsatz miteinander kommunizieren, stößt irgendwann auf den Digitalfunk der „Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben“, kurz: BOS. Doch was hat es damit auf sich und warum soll der BOS-Digitalfunk derzeit modernisiert werden?
Staatliche Einsatzkräfte, Behörden und das Militär waren seit der Erfindung von Funknetzen darauf bedacht, eigene Netze für ihre Kommunikation zu etablieren. Flächendeckende, analoge BOS-Funknetze wurden in Deutschland ab den 1950er Jahren eingeführt; die Entwicklung digitaler Systeme begann in den 1980er und 1990er Jahren. So beschloss die deutsche Politik bereits 1996 die Errichtung eines einheitlichen Digitalfunknetzes. Die Vorbereitungen dafür dauerten dann aber noch bis zum Jahr 2012, erst dann konnte in den ersten Bundesländern flächendeckend digital gefunkt werden. 2015 war der Netzaufbau des Digitalfunks als universelles Sprach- und Datenfunksystem für mehrere hunderttausend Nutzer des BOS-Bereichs schließlich abgeschlossen.
Der TETRA-Standard
Grundlage des Digitalfunks BOS ist das TETRA-Funknetz (Terrestrial Trunked Radio), das für „Terrestrischer Bündelfunk“ steht und festlegt, welche Übertragungssicherheit und Frequenzen durch die Behörden genutzt werden. Es definiert damit die Standards des Funknetzes, ähnlich wie zum Beispiel LTE für Mobilfunktelefone.
Terrestrisch bedeutet dabei, dass der Funk – anders als bei Satellitennetzen – die Erdatmosphäre nicht verlässt und an örtliche Funkmasten gebunden ist. Der Begriff Bündelfunk beschreibt zudem die Möglichkeit, verschiedene Kanäle zu nutzen, sodass einzelne Behörden oder Einheiten jeweils eigene, geschlossene Kanäle verwenden können. Denn der Digitalfunk wird nicht nur von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten als Nutzergruppen in Anspruch genommen, sondern auch vom Katastrophenschutz, dem Verfassungsschutz, verschiedenen Spezialeinheiten und Teilen der Bundeswehr.
Wie funktioniert der Digitalfunk?
Das BOS-Digitalfunknetz selbst setzt sich wie alle zellularen Funknetze aus einzelnen Funkzellen zusammen, ganz ähnlich wie öffentliche Mobilfunknetze. Die für den Betrieb des Digitalfunks hauptverantwortliche Bundesanstalt BDBOS beschreibt die Funktionsweise folgendermaßen:
„Beim Einschalten eines BOS-Sprechfunkgerätes, auch Endgerät genannt, wird eine Verbindung zu einer geeigneten Basisstation im BOS-Digitalfunknetz hergestellt. Für ein Funkgespräch werden – ebenso wie bei der Übermittlung von Daten – die Informationen durch Funkwellen vom Endgerät zur Basisstation übertragen. Die Weiterleitung von der Basisstation zu einer Vermittlungsstelle erfolgt dann kabelgebunden oder per Richtfunk. Über die Vermittlungsstelle gelangt die Nachricht wieder über eine Basisstation zum Endgerät des gewünschten Empfängers. Je nach Auswahl der Empfängeradresse kann die Kommunikationsverbindung auch zu einem Telefonteilnehmer, einer Leitstelle oder einer Anwendung geschaltet werden.“
Eine Besonderheit des Digitalfunks stellt der sogenannte Direktbetrieb (DMO) dar. Anders als im kommerziellen Mobilfunk kann hier eine Information direkt von einem Endgerät zum anderen gesendet werden ohne Rückgriff auf Basisstation und Vermittlungsstelle. Dadurch besteht laut BDBOS jedoch „eine deutlich begrenzte Reichweite der Informationsübertragung“, das funktioniert also nur zwischen Endgeräten, die nicht zu weit voneinander entfernt sind. Und natürlich spielen für die Kommunikation von Sicherheitsbehörden Fragen der Übertragungssicherheit, Verschlüsselung und erschwerten Rückverfolgung im Funknetz eine herausragende Rolle. So beinhaltet der TETRA-Standard unter anderem eine Funkschnittstellenverschlüsselung und eine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung, um den Funkverkehr abhörsicher zu machen.
Notwendige Modernisierung
Da der Digitalfunk mit der TETRA-Systemtechnik bereits Anfang der 2000er Jahre geplant wurde und sich die Technologien zur Übertragung von Sprache und Daten seitdem stark weiterentwickelt haben, wurde 2019 vom Bund und den Ländern eine grundlegende Netzmodernisierung in die Wege geleitet. Dabei soll die Technik auf die paketvermittelte Datenübertragung des IP-Standards umgestellt werden, wie es bei privaten Netzen bereits einige Zeit Standard ist. Für diesen Modernisierungsschritt müssen bundesweit bestimmte Bauteile an den fast 5.000 Basisstationen ausgetauscht werden.
Eine weitere Baustelle ist die lückenlose Digitalfunkversorgung , die gerade für Einsätze in Sonderbauten wie Tunneln, Einkaufszentren, Hochhäusern oder Sportstätten nicht immer gegeben ist, wie der Bundesrechnungshof Ende 2019 bemängelte. Neben dem Lückenschluss wird es entscheidend darauf ankommen, auch die Weiterentwicklung des breitbandigen Mobilfunks im Digitalfunk nicht zu verpassen. Gerade die Bedeutung von Videoübertragungen nimmt in den Einsätzen zu, was bisher häufig noch über private Mobilfunkgeräte der Einsatzkräfte abgedeckt wird. Bei diesem Modernisierungsschritt ist auch eine Zusammenarbeit mit den privaten Mobilfunkanbietern denkbar, die ihre Funknetze in solchen Fällen für die Kommunikation der Einsatzkräfte und Sicherheitsbehörden zur Verfügung stellen könnten. Insbesondere der aktuelle 5G-Standard bietet hier technisch sehr zuverlässige und sichere Möglichkeiten.
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