Made in Germany: Technologie und Innovationen aus Deutschlands Westen

Foto: CC0 1.0, Pixabay User geralt | bearbeitet
Foto: CC0 1.0, Pixabay User geralt | bearbeitet
Veröffentlicht am 21.10.2020

Foto: CC0 1.0, Pixabay User geralt | bearbeitet
Wie innovativ ist Deutschland im 21. Jahrhundert? Wo liegen hierzulande Potenziale für Innovationen und welche Schwerpunkte werden in puncto Technologie- und Innovationsförderung gesetzt? Diese Fragen stehen im Fokus unserer vierteiligen Serie „Made in Germany“. Im dritten Teil werfen wir einen Blick auf Innovationstreiber und Technologien aus Deutschlands Westen.

Die wirtschaftliche Bedeutung des Internets und digitaler Infrastrukturen sind immens. Die Digitalisierung ist gleichermaßen Wachstumsmotor und Innovationstreiber. Es gibt zwar weiterhin Versorgungslücken, grundsätzlich ist der Internetanschluss für uns jedoch so selbstverständlich geworden wie der Strom aus der Steckdose. Dass hierzulande in Sachen Internet alles reibungslos läuft, liegt vornehmlich an einem Unternehmen in Deutschlands Westen: Der Deutsche Commercial Internet Exchange (DE-CIX) in Frankfurt am Main.

Bei DE-CIX handelt es sich um den international führenden Betreiber von Internetknoten in Metropolregionen wie New York, Madrid, Istanbul oder Mumbai. Dabei ist der Hauptstandort Frankfurt – gemessen am Datendurchsatz – der größte Netzwerkknoten der Welt; fast der gesamte Datenverkehr in Europa passiert diesen Verkehrsknotenpunkt. Aktuell schafft DE-CIX einen neuen Internetknoten im nordrhein-westfälischen Ruhrgebiet. Der sogenannte „Ruhr-CIX“ soll dazu beitragen, die Region um Dortmund, Bochum und Gelsenkirchen zu einem neuen Ökosystem für die digitale Wirtschaft zu entwickeln.

Das Ruhrgebiet sowie das Rhein-Main-Gebiet sind Zentren deutscher Industriegeschichte und auch heute noch Heimat vieler Industrieunternehmen. Zeit für einen genaueren Blick auf Deutschlands Westen. Welche Schwerpunkte setzen insbesondere die beiden großen Flächenländer Hessen und Nordrhein-Westfalen in Sachen Technologie- und Innovationspolitik und wie steht es um die digitale Ökonomie vor Ort?

Hessen: Spitze bei FinTech und Cybersecurity

Hessen zeichnet sich vor allem als Standort für Informations- und Kommunikationstechnologie (IKT) aus. Das IKT-Cluster Südhessen bildet mit Regionen benachbarter Bundesländer einen der weltweit wichtigsten IKT-Hubs, den Software-Cluster. In der Rhein-Main-Region finden sich zudem etliche Cluster für Rechenzentren, die rund um den Frankfurter Internetknoten DE-CIX entstanden. Eine Stärke, die die Landesregierung mit der 2016 verabschiedeten Strategie Digitales Hessen weiter ausbauen möchte: So soll Hessen unter anderem „Standort der weltweit sichersten und energieeffizientesten Rechenzentren“ werden. Insgesamt umfasst die Digitalisierungsstrategie 17 Handlungsfelder. Darunter finden sich Querschnittstechnologien wie IT-Sicherheit – eine weitere Stärke Hessens – oder Anwendungsbereiche wie Industrie und Finanzen. Alle Maßnahmen im Rahmen der Strategie sollen drei Ziele erfüllen: zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen wie dem Klimawandel oder der Energiewende beitragen, eine nachhaltige Entwicklung der Wirtschaft sichern und die Innovationskraft des Landes stärken.

Vektor Deutschland Städte shutterstock
Foto: shutterstock / grop

Einer der Innovations-Hotspots in Hessen ist Frankfurt am Main (FFM). Die Stadt zählt zu den wichtigsten Finanzzentren weltweit: Neben der Deutschen Börse und der Europäischen Zentralbank finden sich dort Niederlassungen von rund 300 Banken und Investmentgesellschaften. Gründerzentren vor Ort sind der Main Incubator der Commerzbank oder das Deutsche Börse Venture Network. Der Fokus der Startup-Förderung liegt auf Technologien wie Blockchain und Bereichen wie Cybersecurity und FinTech. Letzteres bildet auch den Schwerpunkt des vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) geförderten Digital Hub Frankfurt. Ein starkes Fundament, um die Mainmetropole auch global als einen führenden Standort für Innovationen des Finanzsektors zu etablieren. FFM hat aber schon jetzt einige innovative FinTech-Startups hervorgebracht: Darunter Debitos, Europas führende Börse für Unternehmen zum Online-Verkauf von Forderungen, oder die Crowdfunding-Plattform bettervest für grüne Energie-Projekte. Am Bekanntesten ist die international erfolgreiche Finanzierungsplattform Traxpay. Das Startup kombiniert ein intelligentes Zahlungssystem mit Nachhaltigkeit: Käufer geben bestimmte Nachhaltigkeitskriterien für ihre gewünschte Leistung vor und gewähren Lieferanten bei deren Erfüllung besondere Konditionen.

Darmstadt ist wiederum ein Zentrum der Cybersicherheitsforschung: Fachbereiche der Technischen Universität und der Hochschule Darmstadt haben sich eine weltweite Spitzenposition erarbeitet. Darüber hinaus hat sich in der Stadt das Fraunhofer-Institut für Sichere Informationstechnologie (Fraunhofer SIT) angesiedelt, das zur globalen Speerspitze der Cybersicherheitsforschung zählt. Die Forschungslandschaft vor Ort bündelt ihre Kompetenzen im Nationalen Forschungszentrum für angewandte Cybersicherheit ATHENE – die europaweit größte Forschungsallianz für Cybersicherheit und Privatsphäre. Cybersicherheit bildet auch den Schwerpunkt des Digital Hub Darmstadt. Im Rahmen des German-Israeli Partnership Accelerator (GIPA) arbeitet man mit den weltweit führenden Standorten Tel Aviv und Jerusalem an Lösungen für aktuelle Cybersicherheitsherausforderungen – beispielsweise in Bereichen wie Netzwerktechnologien oder Internet-Infrastruktur. Vor Ort unterstützten Gründungszentren wie Startup Secure und Digital Hub Cybersecurity bei der Kommerzialisierung marktfähiger Entwicklungen. Ein innovatives Darmstädter Cybersecurity-Startup ist AUTHADA: Das Unternehmen hat eine Lösung entwickelt, um sich online in Sekundenschnelle rechtskonform zu identifizieren. Die Lösung wurde bereits vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifiziert und ist besonders gewinnbringend für Finanzinstitutionen, Telekommunikationsanbieter oder eGovernment-Anwendungen.

NRW: Leitmarkt für Industrie 4.0 und Logistik

Nordrhein-Westfalen (NRW) hat bereits 2014 in einer Innovationsstrategie sogenannte „Leitmärkte der Zukunft“ definiert, die den Fokus der Innovationspolitik des Landes prägen. Dazu zählen insbesondere die Vernetzung der Industrie mit IKT (Industrie 4.0) und weitere „Leitmärkte“ wie Mobilität und Logistik, Energie- und Umweltwirtschaft oder Gesundheit samt Lebenswissenschaften. In der 2019 verabschiedeten Digitalstrategie setzt sich das bevölkerungsreichste Bundesland unter anderem das Ziel, zum „weltweiten Leitmarkt für Industrie 4.0“ zu werden. Als eine Hochburg der chemischen Industrie, der Stahlindustrie und des Maschinenbaus liefert NRW dazu auch beste Voraussetzungen. Mit dem Spitzencluster und Technologie-Netzwerk „it‘s OWL“ verfügt das Bundesland auch über eine der stärksten Forschungs- und Transfereinrichtung für Industrie 4.0.

Foto: CC0 1.0, Pixabay User geralt | Ausschnitt angepasst

NRW ist zudem eine der größten Logistikdrehscheiben Europas. In den vergangenen Jahrzehnten haben sich vor allem in der Metropolregion Rhein-Ruhr die Sektoren Verkehr und Logistik stark entwickelt. Die Region verfügt über eine Vielzahl an Häfen, darunter der größte europäische Kanalhafen in Dortmund sowie der größte Binnenhafen der Welt in Duisburg. Die wichtigste Binnenwasserstraße Europas, der Rhein, zwei internationale Flughäfen und die europaweit höchste Autobahn- und Schienendichte bilden zudem ein effektives Transportnetz. All das liefert beste Voraussetzungen für Innovationen im Transportbereich.

Logistik- und Produktionslösungen bilden daher auch einen Schwerpunkt Dortmunds. Dort ist mit dem Fraunhofer Institut für Materialfluss und Logistik (Fraunhofer IML) das weltgrößte Logistik-Forschungsinstitut angesiedelt. An der Technischen Universität Dortmund ist zudem das interdisziplinäre Forschungszentrum LogistikCampus entstanden. Erklärtes Ziel: Grundlegend neue Konzepte umsetzen, die die Logistik revolutionieren können – etwa mit Hilfe von Blockchain und Künstlicher Intelligenz. Der größte europäische Forschungs- und Innovationscluster für Logistik, der EffizienzCluster LogistikRuhr, ergänzt das Ökosystem mit Partnern wie dem Duisburger Hafen oder dem Kompetenzzentrum Maschinelles Lernen Rhein-Ruhr (ML2R). Es überrascht daher wenig, dass Dortmund vom BMWi zu einem der Kompetenzzentren für Logistik gekürt wurde. Ein preisgekröntes Startup aus der Region ist Gapcharge. Das Unternehmen bietet ein gleichnamiges drahtloses Ladesystem für elektrische Liefer- und Leichtfahrzeuge wie etwa Logistikscooter. In Verbindung mit einer digitalen Zustandsüberwachung hilft Gapcharge, Logistikabläufe effizienter zu gestalten.

Vektor Deutschland Städte shutterstock
Foto: shutterstock / grop

Glänzen kann auch die Landeshauptstadt Düsseldorf. Die Stadt ist für Startups attraktiv, weil sie vor Ort auf viele etablierte Unternehmen und Konzerne treffen. Das ist ein starker Nährboden für Symbiosen, wie die KI-Softwarelösung für Gebäudeleittechnik DABBEL beweist. Das Startup wird unter anderem vom DAX-Konzern E.ON gefördert. Düsseldorf ist aber auch Heimat mehrerer Landescluster der Lebenswissenschaften, beispielsweise des BioTech-Clusters BioRiver sowie des Netzwerks für Biotechnologie BIO.NRW. Diese sind eng verbunden mit den im Bundesland ansässigen Global Playern wie Bayer, Evonik Industries und Henkel. Zu den erfolgreichsten BioTech-Startups aus Düsseldorf gehört Numaferm. Das Unternehmen hat ein kostengünstiges und umweltfreundliches Verfahren zur Produktion von Biomolekülen entwickelt, die zur Herstellung von Arzneien, Dünger und Kosmetika benötigt werden. Dank der Technologie können sogenannte Peptide zu einem Zehntel der sonst sehr hohen Kosten produziert werden. Eine deutsche Innovation von der die ganze Welt profitieren kann.

Schlagworte

Empfehlung der Redaktion