Leistungsschutzrecht tritt in Kraft – und bleibt schwach
Es gehört zu den Herausforderungen der Digitalisierung, mit Inhalten Geld zu verdienen. In Zeiten mobiler Kommunikation sind die Möglichkeiten von Zugriff und Verbreitung digitaler Inhalte grenzenlos. Daher war die Intention, einen Schutz für Urheber und Rechteinhaber zu etablieren, durchaus nicht abwegig. Nach einem langen und heftigen Schlagabtausch ist das von der Bundesregierung initiierte Leistungsschutzrecht für Presseverleger Anfang August in Kraft getreten. Umstritten bleibt es aus verschiedenen Gründen. Bei Google News gibt es kaum sichtbare Unterschiede, denn die meisten Verlagsangebote sind weiterhin mit dem Suchmaschinenangebot auffindbar. Dennoch sind die zuvor von verschiedenen Seiten geäußerten Befürchtungen zum Leistungsschutzrecht offenbar wahr geworden.
Insbesondere Verlegerverbände hatten sich für das Gesetzesvorhaben eingesetzt, um ihre urheberrechtlich geschützten Werke im Internet zu sichern und deren Nutzung vergüten zu lassen. Dabei drehte sich die Diskussion vor allem um die Auflistung der Presseerzeugnisse bei Suchmaschinenangeboten wie etwa Google News. Während die Verlage argumentierten, durch das Anzeigen von Snippets, also kleinen Teaser-Texten zu einzelnen Artikeln, entstünde ein Mehrwert, der vergütet werden sollte, lehnte Google dies mit der Begründung ab, die Verlage würden vielmehr von der Auflistung profitieren. Nur durch die Suche im Internet und die Verlinkung bei Google News würden Kunden auf die Seiten der Verlage gelangen, so der Großkonzern. Sollten Verlage ihre Angebote davon ausnehmen wollen, bestünde bereits die Möglichkeit des aktiven Auslistens.
Verlage wollen nun doch gefunden werden
Durch das neue Leistungsschutzrecht hat sich die Situation zu einem Opt-in umgekehrt: Die Verlage müssen Google nun aktiv das Listing erlauben, um von den Kunden gefunden zu werden, ansonsten hatte der Suchmaschinenanbieter angekündigt, keine Snippets und Verlinkungen auf die Verlagsseiten anzubieten. Da das Geschäftsmodell der Verlage jedoch auf großer Reichweite basiert, um über Werbung auf ihren Seiten die Inhalte zu finanzieren, hatten sich die meisten Verlagsgruppen für eine Fortführung der Auflistung bei Google News entschieden – allerdings nur unter Vorbehalt, diese Zustimmung jederzeit zu widerrufen. Unter den Verlagen, die die neue Opt-in-Option nutzen, ist auch der Axel-Springer-Verlag, der sich im Vorfeld prominent in die Debatte eingemischt und das Leistungsschutzrecht federführend gefordert hatte. Umso empörter sind nun die Stimmen, die das Verhalten der großen Verlagsgruppe kritisieren, mit der sie das so hart erkämpfte Leistungsschutzgesetz im Prinzip überflüssig macht.
Kritiker wie die Initiative gegen ein Leistungsschutzrecht monieren außerdem, dass das neue Gesetz Googles Monopol bestärke und gleichzeitig kleine innovative Anbieter verdränge – unter anderem auch durch die Rechtsunsicherheiten, welche die vagen Formulierungen des Gesetzes zu den erlaubten Textausschnitten mit sich bringen. Daher werden viele Inhalteanbieter wohl künftig darauf verzichten, auf Presseprodukte zu verlinken, wenn sie ansonsten eine Abmahnung riskieren.
Das Geschacher geht weiter
Unterschiedliche Experten haben das verabschiedete Leistungsschutzrecht bereits als das schlechteste Gesetz bezeichnet, das die Bundesregierung je verabschiedet hat – zumal gegen den fraktionsübergreifenden Willen der Netzpolitiker im Bundestag. Den Autoren, also den Urhebern der gelisteten Artikel, hat das Leistungsschutzrecht zumindest keinen Vorteil gebracht – ihre Werke werden im Zweifel seltener gefunden und eine zusätzliche finanzielle Vergütung kam auch nicht zustande. Google hingegen könnte es helfen, seine marktbeherrschende Stellung als Suchmaschine weiter auszubauen und zu festigen. Und wenn der Konzern mal wieder eine neue Einnahmequelle sucht, könnte er sich an die Verlage richten und ein Entgelt für die Auflistung oder jeden generierten Klick auf eine Verlagsseite fordern. Nach der Art und Weise, wie etwa der Springer-Verlag gegen den Newsaggregator im Zuge der Debatte Sturm gelaufen ist, könnte man Google diesen Schritt kaum verübeln. Mit jeder neuen Bundesregierung in der nächsten Legislaturperiode wird das Geschacher um das unliebsame Gesetz auf jeden Fall fortgeführt.
Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Berliner Informationsdienst auf UdL Digital. Aylin Ünal ist als Redakteurin des wöchentlich erscheinenden Monitoring-Services für das Themenfeld Netzpolitik verantwortlich.
Hinweis: Ende 2012 fand der UdL Digital Talk ausnahmsweise ohne Beteiligung eines Politikers statt. Es diskutierten damals Christoph Keese vom Axel Springer Verlag und Kay Oberbeck von Google über das Leistungsschutzrecht.