Künstliche Intelligenz: Was KI für die Zukunft der Arbeit bedeutet
Künstliche Intelligenz wird aufgrund ihrer rasanten Entwicklung und Verbesserung derzeit von vielen Expert:innen als die nächste technologische Revolution nach dem Internet gesehen. Zugleich wird intensiv darüber diskutiert, welche Auswirkungen die zunehmende Verbreitung von KI-Anwendungen auf die Arbeitswelt haben kann. Zwei kürzlich erschienene Studien beleuchten die möglichen Folgen für Berufe und Branchen.
Wie wirkt sich generative künstliche Intelligenz auf die Quantität und Qualität von Arbeitsplätzen aus? Dieser Frage ist die Internationale Arbeitsorganisation ILO, ein Sonderorgan der Vereinten Nationen, nachgegangen und hat dazu nun eine 55-seitige Analyse aus globaler Perspektive vorgelegt.
Transformation statt Automatisierung
Die Forscher verwendeten dafür eine Methode, bei der die KI-„Exposition“ bestimmter Tätigkeiten geschätzt wurde – also wie sehr Jobs mit Künstlicher Intelligenz in Kontakt kommen und dabei von dieser verändert werden. Basierend auf diesen Schätzungen und mithilfe von Beschäftigungsstatistiken wurden schließlich potenzielle Auswirkungen auf Branchen und die globale Beschäftigungslage ermittelt.
Die Studie kommt dabei zu dem Schluss, dass generative KI eher zur Unterstützung und Ergänzung von einzelnen Arbeitsprozessen genutzt werden wird, anstatt gesamte Tätigkeiten zu automatisieren. Arbeitsplätze und Branchen werden sich somit zwar verändern, aber – anders als häufig befürchtet –nicht einfach ersetzt. Die Unterschiede zwischen den Branchen fallen jedoch deutlich aus.
So werden vor allem „Bürojobs“ von einem Wandel betroffen sein (24 Prozent gelten hier als „hoch exponiert“, weitere 58 Prozent als „mittel exponiert“). Ebenso para-professionelle Tätigkeiten, etwa die Arbeit in Callcentern. Dies könnte zu Veränderungen in der Arbeitsqualität führen, insbesondere in Bezug auf Arbeitsintensität und Autonomie. Die weitere Integration von KI und speziell algorithmisches Management in Branchen wie Banking, Versicherung, soziale Dienste oder Kundenbetreuung (z.B. auf digitalen Arbeitsplattformen oder im Logistikbereich) könne aber auch zu weniger Autonomie und Feedbackmöglichkeiten für die Beschäftigten führen. Andere Berufsgruppen, vor allem solche mit vielen körperlichen Tätigkeiten, weisen hingegen nur einen geringen Anteil an „hoch exponierten“ Tätigkeiten auf – und werden sich somit weniger stark verändern.
Unterschiede zwischen Geschlechtern und Ländern
Die Studie stellt zudem geschlechtsspezifische Unterschiede fest. Demnach ist der Anteil der von Automatisierung betroffenen Arbeit bei Frauen doppelt so hoch wie bei Männern, was ihrer Beschäftigung sowohl schaden als auch helfen könne:
„3,7 % aller weiblichen Beschäftigten weltweit arbeiten in Berufen, die potenziell durch generative KI-Technologie automatisierbar sind, verglichen mit nur 1,4 % der männlichen Beschäftigten.“
Hinzu kommen länderspezifische Unterschiede: In Ländern mit hohem Einkommen sind potenziell 5,5 % der Gesamtbeschäftigung den Auswirkungen der Automatisierung ausgesetzt, während es in Ländern mit niedrigem Einkommen nur 0,4 % sind. Dies hängt mit der derzeitigen Verbreitung und Bedeutung von Wissensjobs in diesen Ländern zusammen, weshalb wohlhabendere Länder voraussichtlich sowohl disruptive Effekte als auch höhere Gewinne durch vermehrten KI-Einsatz erleben werden. Derzeitige „Entwicklungsländer“ könnten aber den aktuellen Stand der Büroarbeit mittels der technologischen Transformation quasi überspringen und Produktivitätsvorteile durch neue Arten von „Wissensarbeit“ erlangen.
Wo die Politik gefragt ist
Insgesamt betont die ILO-Studie, dass generative KI weder grundsätzlich positiv noch negativ für die Arbeitswelt ist. Die sozioökonomischen Auswirkungen würden letztlich davon abhängen, wie diese Technologie eingeführt wird und wie die Menschen den Übergangsprozess gestalten. Die Studie plädiert deshalb für angemessene politische Maßnahmen, um die Transformation fair und geordnet zu gestalten, damit die Vorteile von KI in der Arbeitswelt für alle zugänglich sind. Als Schlüsselfaktoren werden dabei die Mitsprache der Arbeitnehmer:innen, ihre Qualifizierung und soziale Absicherung bezüglich der Veränderungen genannt.
Zu ganz ähnlichen Ergebnisse kommt eine aktuelle Studie des McKinsey Global Institute, die untersucht hat, wie Künstliche Intelligenz die Arbeitslandschaft in den USA verändern könnte. Sie bezieht somit zwar vorrangig auf die Vereinigten Staaten, ist in vieler Hinsicht aber sehr allgemein gefasst und auf andere Industriestaaten übertragbar. Dabei liegt ihr Fokus auf der Rolle von generativer KI in den Automatisierungsprozessen an sich.
Keine repetitiven Aufgaben mehr?
Demnach beschleunigt generative KI die Automatisierung und dehnt sie auf eine völlig neue Reihe von Berufen aus. Dadurch könnten 30 % der heute geleisteten Arbeitsstunden in den USA bis 2030 automatisiert werden. So werde vor allem die Nachfrage nach Büroangestellten, Verkäufer:innen, Kassierer:innen und Verwaltungsangestellten sinken. Sprich: Nach allen Jobs mit einem hohen Anteil repetitiver Aufgaben sowie an Datensammlung und -verarbeitung, weil diese auch von automatisierten (KI-)Systemen ausgeübt werden können.
Diese Veränderung werde – wie alle technologischen Fortschritte – zum Teil soziale Probleme und ökonomische Störungen hervorrufen, aber letztlich zu Wirtschafts- und Beschäftigungswachstum beitragen, so der Tenor der McKinsey-Studie. Dafür brauche es allerdings klare Vorgaben und Grenzen sowie eine veränderte Einstellung der Arbeitnehmer:innen zu KI-Tools als Arbeitserleichterung. Die Studie empfiehlt Arbeitgebern deshalb, die Fortbildung ihrer Beschäftigten ernster zu nehmen, sich bei Neueinstellungen mehr auf die Lernfähigkeit von Personen zu konzentrieren oder auch oft übersehene Bevölkerungsgruppen (z.B. Menschen mit Lücken im Lebenslauf oder aus dem ländlichen Raum) bei der Rekrutierung für remote Arbeit in den Blick zu nehmen.
Fazit
Die beiden erwähnten Studien sind sich trotz unterschiedlicher Datenbasis insgesamt einig, dass Künstliche Intelligenz im Job nicht zu Massenarbeitslosigkeit führen wird, sondern den Arbeitsmarkt, aktuell bestehende Jobs und Tätigkeiten nur transformiert – mit möglichen positiven und negativen Effekten. Auch bei den besonders betroffenen Branchen (Büro und Verwaltung, „knowledge work“) gibt es übereinstimmende Einschätzungen. Die Zukunft der Arbeit hänge schließlich davon ab, wie Politik und Gesellschaft den Wandel durch KI gestalten und mit Regelung begleiten. Es bleibt für uns alle somit eine große Aufgabe, die Chancen des technologischen Fortschritts zu nutzen und zugleich seine Risiken zu minimieren.
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