Konjunkturprogramm: Milliarden für Digitales
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In ihrem 130 Milliarden Euro schweren Konjunkturpaket hat die Bundesregierung mehrere Milliarden für Digitalvorhaben eingeplant – für digitales Lernen, den 5G-Ausbau, KI und digitale Verwaltungsangebote. Ein Zukunftspaket soll Technologie „made in Germany“ an die Weltspitze befördern. Verbände hoffen auf einen Schub für die Digitalisierung.
Mit einem 130 Milliarden Euro starken Konjunkturpaket soll Deutschland aus der Coronakrise kommen. Darauf haben sich CDU, CSU und SPD nach stundenlangen Verhandlungen vergangene Woche geeinigt. Teil davon ist ein „Zukunftspaket“ in Höhe von 50 Milliarden Euro, das zum Aufschwung beitragen soll. Deutschlands Rolle als „weltweiter Spitzentechnologieexporteur“ soll „durch insbesondere digitale Zukunftsinvestitionen“ gestärkt werden, heißt es darin. Dafür werden in die KI-Forschung und Quantentechnologie zusätzliche Mittel fließen, ebenso in den 5G-Netzausbau und in die Digitalisierung der Verwaltung. Eine zentrale Maßnahme des Gesamtpakets ist die Senkung der Mehrwertsteuer, ab 1. Juli befristet bis Ende des Jahres, von 19 auf 16 Prozent und von sieben auf fünf Prozent. Dafür veranschlagt die Koalition einen Finanzbedarf von 20 Milliarden Euro.
Im Konjunkturprogramm sind zehn Milliarden Euro für Investitionen eingeplant, die vorgezogen werden können. Dazu zählen „Digitalisierungsvorhaben der Verwaltung, Sicherheitsprojekte sowie neue Rüstungsprojekte mit hohem Wertschöpfungsanteil, die noch in den Jahren 2020 und 2021 beginnen können“. Sie sollen nun „sofort umgesetzt werden“. Aus dem großen Investitionstopf sollen die Schulen zwei Milliarden Euro zusätzlich für den Ausbau von Ganztagsangeboten und digitales Lernen bekommen. „Alle Schulen müssen in die Lage versetzt werden, Präsenzunterricht in der Schule und E-Learning zu Hause miteinander zu verbinden“, schreiben die Koalitionspartner. Deshalb werde im Digitalpakt Schule der Katalog förderfähiger Investitionen erweitert. Bei der Ausbildung und Finanzierung der Administratoren werde sich der Bund „pauschaliert“ beteiligen, wenn die Länder im Gegenzug die digitale Weiterbildung der Lehrkräfte verstärken.
Initiative zur Registermodernisierung noch im Sommer
Im 50 Milliarden Euro schweren Zukunftspaket stehen weitere konkrete Maßnahmen, wie die Registermodernisierung der Verwaltung in Bund, Ländern und Kommunen. Dabei geht es vor allem um weniger Bürokratie: Bürger sollen nur noch einmal ihre privaten Daten bei den Behörden angeben müssen (Once-Only-Prinzip). Damit das gelingt, muss die Identifikation registerübergreifend funktionieren, möglichst mittels der Steuer-ID als „verwaltungsübergreifende ID-Nummer“. Der Datenaustausch soll aber nicht direkt zwischen den Behörden, sondern über eine dritte Stelle „als zusätzliche Sicherung“ erfolgen. Bereits „ab der nächsten Woche“ sollen Gespräche darüber mit Experten geführt werden. Noch im Sommer will die Koalition einen Gesetzentwurf vorlegen, der die Register, die für das Onlinezugangsgesetz (OZG) relevant sind, umfasst. Für die Registermodernisierung sind 300 Millionen Euro im Paket vorgesehen.
Das OZG, das die Digitalisierung von über 500 Verwaltungsleistungen bis 2022 vorsieht, soll „jetzt zügig und flächendeckend umgesetzt werden“, heißt es weiter. Zur Unterstützung für Länder und Kommunen sind drei Milliarden Euro extra eingeplant.
Mehr Geld für KMU, KI und Quantentechnologie
Auch der Mittelstand soll gezielt bei der Digitalisierung unterstützt werden. Durch die Pandemie hätten Unternehmen vermehrt digitale Kundenkontakte und müssten sich schneller digitalisieren. Dabei will die Politik mehr Abschreibungsmöglichkeiten für „digitale Wirtschaftsgüter“ ermöglichen und zum Ausbau von Plattformen für die „beschleunigte Transformation“ von KMU eine Milliarde Euro beisteuern. Unter den Zukunftstechnologien setzt die Koalition besonders auf KI. Die geplanten KI-Investitionen in Höhe von drei Milliarden Euro bis 2025 werden um zwei auf insgesamt fünf Milliarden Euro aufgestockt. Damit sollen „insbesondere zusätzliche Supercomputer in Deutschland angeschafft werden“, schreibt die Koalition, um mehr Rechenkapazität zu ermöglichen und Daten entsprechend aufzubereiten.
Von der Quantentechnologie erhoffen sich Union und SPD den „nächsten grundlegenden digitalen Technologiesprung“. Die Bundesrepublik soll hier „an der Weltspitze konkurrenzfähig“ sein, nachdem sie – wie die Koalition zugibt – bei Soft- und Hardware von anderen Länder abgehängt wurde. Der Bund werde „unmittelbar den Auftrag zum Bau von mindestens zwei Quantencomputern an geeignete Konsortien vergeben“, heißt es im Konjunkturprogramm. Für Innovationen in der Quantentechnologie setzt die Koalition auch auf Start-up-Gründungen sowie gemeinsame „Spitzencluster“ aus Wissenschaft und Industrie. Wie für die KI sieht das Paket ebenfalls zwei Milliarden Euro zusätzlich für die Quantentechnologie vor.
Fünf Milliarden Euro für 5G-Ausbau
Zum Vorreiter soll Deutschland auch durch die 5G- und 6G-Technologie werden. Innovative Unternehmen will die Koalition bei der „Entwicklung und Erprobung neuer, softwaregesteuerter Netztechnologien gezielt fördern“, wofür zwei Milliarden Euro im Zukunftspaket eingeplant sind. Bestehende Regelungen sollen überprüft werden, um etwa die Interoperabilität von Netzkomponenten zu verbessern. Offene Standards (openRAN) will die Koalition auf europäischer Ebene unterstützen. Der 5G-Ausbau bis 2025 soll insgesamt „massiv beschleunigt“ werden. Fünf Milliarden Euro sollen in die neue Mobilfunkinfrastrukturgesellschaft (MIG) des Bundes fließen, damit das 5G-Netz flächendeckend ausgerollt wird. Für den Glasfaser-Breitbandausbau ist keine konkrete Summe vorgesehen, er soll aber „in nicht wirtschaftlichen Bereichen schneller vorangehen“, wofür die Koalition das Fördersystem entbürokratisieren und weiterentwickeln will.
Smarte Stadt, Krankenhäuser und Bundeswehr
Außerdem sind jeweils 500 Millionen Euro zusätzlich für das Programm „Smart City“ und für ein „Zentrum für Digitalisierungs- und Technologieforschung“ der Bundeswehr im Zukunftspaket vorgesehen. Die neue Innovationseinheit soll „die nationale Verfügbarkeit digitaler und technologischer Innovationen für öffentliche und private Bereiche“ verbessern und „innovative und interdisziplinäre Forschung in einem sicheren Umfeld“ betreiben.
Die in der Pandemie besonders geforderten Krankenhäuser erhalten ebenfalls mehr Geld. Mit einem „Zukunftsprogramm Krankenhäuser“ sollen die Kliniken mit digitaler Infrastruktur, Telemedizin und Robotik ausgestattet werden, einschließlich Maßnahmen zur IT- und Cybersicherheit. Dafür sind drei Milliarden Euro eingeplant.
Opposition: Kein Zukunftspaket
Während CDU/CSU-Fraktionsvize Ulrich Lange das Programm der Koalition als „Volltreffer“ für „die Lösung der aktuellen Probleme im Mobilfunknetzausbau“ lobt, sieht die FDP die Gefahr eines „gigantischen Strohfeuers„. Das Konjunkturpaket der Großen Koalition enthalte zwar gute Ansätze, sei aber kein Zukunftspaket, kritisiert deren stellvertretender Fraktionsvorsitzender Christian Dürr. Der Schwerpunkt liege auf kurzfristigen Konsumanreizen. Die FDP-Fraktion hat ein eigenes Konjunkturprogramm veröffentlicht, das auf steuerliche Entlastungen, Investitionen und Bürokratieabbau setzt.
Verbände: Richtige Schwerpunkte gesetzt
Mehrere Stimmen aus Verbänden der Digitalwirtschaft äußern sich zufrieden und positiv über das Paket der Bundesregierung. Die Regierung habe „die Zeichen der Zeit erkannt„, sagt Bitkom-Präsident Achim Berg. Sie „verzichtet auf ein Strohfeuer und investiert in das digitale Deutschland“, lobt er. Etwa jede dritte der 56 Maßnahmen betreffe Digitales. Der eco-Vorstandsvorsitzende Oliver Süme findet ebenfalls, dass die Regierung an den „richtigen Stellschrauben“ dreht. Es komme nun auf eine schnelle und zielgerichtete Umsetzung an. Auch Oliver Grün, Präsident des Bundesverbands IT-Mittelstand (BITMi), begrüßt die Investitionen in digitale Technologien, warnt aber gleichzeitig vor der Umsetzung der Mehrwertsteueränderung. Dies werde ein großer administrativer Aufwand für die Software-Industrie. „Bei aller Kritik setzt die Anpassung der Mehrwertsteuer aber ein deutlich besseres Signal als es eine Kaufprämie für Verbrenner getan hätte“, bilanziert Grün.
„Sehr kritisch“ sieht der Bundesverband für Breitbandkommunikation (BREKO) hingegen die Ausstattung der neu zu gründenden MIG mit fünf Milliarden Euro. „Es darf nicht sein, dass die Mobilfunkunternehmen ihre Versorgungsauflagen- und Zusagen jetzt sozusagen durch die Hintertür mit Steuergeldern erfüllen dürfen“, mahnt BREKO-Geschäftsführer Stephan Albers. Der Verband kommunaler Unternehmen (VKU) fordert beim Aufbau der MIG, das „kommunalwirtschaftliche Engagement“ zu berücksichtigen. „40 Prozent der kommunalen Unternehmen stehen in den Startlöchern, um Funklöcher zu stopfen: Sie bieten Mobilfunknetzbetreibern eigene Maststandorte oder planen es.“ Die Erhöhung der KI-Investitionen begrüßt der Verband. Es dürfe bei der Bereitstellung von Daten aber nicht zu einseitigen Verpflichtungen kommunaler Unternehmen kommen.
Tagesspiegel Politikmonitoring
Der vorstehende Artikel erscheint im Rahmen einer Kooperation mit dem Tagesspiegel Politikmonitoring auf der Website des BASECAMP.