Kommissionspräsident Juncker zur Digitalisierung #SOTEU

Veröffentlicht am 15.09.2016

In seiner traditionellen Rede zur Lage der Union #SOTEU machte der Präsident der EU-Kommission Jean-Claude Juncker am gestrigen Mittwoch keine Anstalten, die Lage der Europäischen Union schönzureden. „Die Europäische Union ist zurzeit nicht in Topform. Die Zahl der Bereiche, wo wir nicht zusammenfinden ist zu groß.“ Die Krisen, mit denen die Union derzeitig konfrontiert ist, liegen hinsichtlich des Brexit und der Flüchtlingszuwanderung auf der Hand. Neben diesen großen Themen spielte in Junckers Rede auch die Digitalsierung eine wichtige Rolle. Bezüglich des Digital Single Market, zog Juncker eine positive Bilanz und gab einige Ausblicke auf die kommenden Vorschläge der Kommission im Bereich Digitalisierung. Die Rede diente dabei als Anstoß für die nachfolgende Debatte.

„In Europa bedeutet die Privatsphäre etwas.“

Als ein wichtiges europäisches Recht benannte Juncker den Schutz der personenbezogenen Daten. „Die Europäer möchten keine Drohnen, die über ihre Köpfe kreisen und jede ihrer Bewegungen aufzeichnen. Europäer möchten auch keine Unternehmen, die alle ihre Mausklicks speichern.“ Aus diesem Grund wurde im Mai dieses Jahres eine gemeinsame Europäische Datenschutzverordnung von Parlament, Rat und Kommission verabschiedet. Dadurch wurde ein EU-weit gültiges Gesetz geschaffen, das für alle Unternehmen Anwendung findet, die auf dem europäischen Markt tätig sind, unabhängig von deren Sitz oder vom Ort der Datenverarbeitung.
Digitalpolitik-Default-Motiv-1500x984

Gigabit-Netze und WLAN für alle Städte

Digitale Technologien, Kommunikation und allgemein die Konnektivität stünden laut Juncker im Fokus der heutigen Zeit. „Deshalb müssen wir jetzt in diese Vernetzung investieren“ fordert der Kommissionspräsident. Die Kommission stellte am Nachmittag eine Reform der europäischen Telekommunikationsmärkte vor. Investitionen in Gigabitnetze und Anschlüsse sollen dadurch attraktiver werden. Die Ernte für diese Investitionen – 1,3 Millionen Arbeitsplätze – prognostiziert Juncker für das nächste Jahrzehnt.

Der Kommissionspräsident betonte, dass vom Netzausbau alle in Europa profitieren sollen, egal wo man lebt oder wieviel jemand verdient. Aus diesem Grund schlug er vor, „bis 2020 die wichtigsten öffentlichen Orte jedes europäischen Dorfes und jeder europäischen Stadt mit kostenlosem WLAN-Internetzugang auszustatten.“ Des Weiteren soll bis zum Jahr 2025 das 5G Mobilfunknetz flächendeckend in ganz Europa ausgebaut werden, dadurch könnten laut Juncker weitere zwei Millionen Arbeitsplätze in der EU entstehen. „Die Menschen brauchen das jetzt“, so Juncker. Um diese Ziele realisieren zu können, schlägt die Kommission einen neuen europäischen Kodex für die elektronische Kommunikation vor, der es für Unternehmen attraktiver machen soll überall in der EU in Infrastrukturen zu investieren.

Faire Vergütung für Urheber

Juncker betonte, dass in der zunehmend digitalisierten Welt die Werke von Künstlern und Kulturschaffenden besser geschützt werden müssen. „Ich möchte, dass Journalisten, Verlage und Urheber eine faire Vergütung für ihre Arbeit erhalten“, sagt der Kommissionspräsident. Damit spielte er auf die im Mai 2015 vom EU-Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft Günther Oettinger vorgestellte Strategie der Kommission für den Digitalen Binnenmarkt an. Bereits hier hatte sich die EU-Kommission zum Ziel gesetzt, neben dem besseren Zugang von EU-Bürgern zu digitalen Inhalten auch das Vergütungssystem für Autoren und Schöpfer zu reformieren. Ein Vorschlag für ein überarbeitetes europäisches Urheberrecht wurde ebenfalls heute von der Kommission eingereicht.

EU-Kommissar Günther Oettinger arbeitet am Digitalen Binnenmarkt
EU-Kommissar Günther Oettinger arbeitet am Digitalen Binnenmarkt, Foto: Henrik Andree

Roaming-Gebühren

In Bezug auf den zurückgezogenen Entwurf zu den Roaming-Gebühren gestand Juncker Fehler ein, auch wenn technisch am Entwurf nichts auszusetzen sei. Das Versprechen, die Roaming-Gebühren abzuschaffen, werde aber auch im neuen Entwurf eingehalten werden, den er für die kommende Woche ankündigt. „Wenn Sie in Europa reisen mit Ihrem Mobiltelefon, sollen Sie sich überall zu Hause fühlen“, so der Kommissionspräsident.

Mit einem emotionalen Appell endete der EU-Kommissionspräsident und fragte, welche Werte wir heute an unsere Kinder in Europa vermitteln und warnte vor Zwietracht und einem Europa ohne Visionen. Juncker schwebt ein Europa vor, das für die Kinder „ihre Art zu leben schützt und erhält, … das sie stärker macht und verteidigt“ und das sie beschützt. Die Europaabgeordneten dankten dem eher als spröden Redner bekannten Luxemburger mit ‚Standing Ovations‘.

Jean-Claude Juncker im Rahmen des Europawahlkampfs 2014 zur Digitalpolitik  im Basecamp, Bild: Jördis Zähring
Jean-Claude Juncker im Rahmen des Europawahlkampfs 2014 zur Digitalpolitik im Basecamp, Bild: Jördis Zähring

Schlagworte

Empfehlung der Redaktion