KI verstehen: Erste UN-Resolution zu Künstlicher Intelligenz
Künstliche Intelligenz birgt großes Potenzial, aber auch mögliche negative Auswirkungen, weshalb die Notwendigkeit der KI-Regulierung immer mehr in den Fokus rückt. Nachdem die EU mit dem AI-Act hier einen großen Schritt plant, haben sich nun auch die Vereinten Nationen des Themas angenommen und eine Resolution zur Förderung sicherer und vertrauenswürdiger künstlicher Intelligenz verabschiedet. Wir beleuchten, was die Gründe dafür sind und wie sich die beiden Vorhaben zur Regulierung unterscheiden.
Der Hype um öffentlich verfügbare KI-Systeme wie ChatGPT oder Midjourney hat dazu geführt, dass auch das Thema der Regulierung von Künstlicher Intelligenz zunehmend diskutiert wird. Am bekanntesten ist hier sicherlich der geplante AI-Act der EU, der demnächst in Kraft treten wird. Doch auch andere wichtige Akteure der Weltpolitik setzen sich mit entsprechenden Regulierungsfragen auseinander.
Wie es in China und den USA aussieht
China beispielsweise hat bereits 2021 und 2022 detaillierte, verbindliche Vorschriften für einige der gängigsten KI-Anwendungen eingeführt. Seitdem gibt es dort Regeln für Empfehlungsalgorithmen und für die Erzeugung synthetischer Medien wie Deepfakes sowie ein staatliches Algorithmenregister. Im August 2023 wurden zudem „vorläufige Maßnahmen“ für den Umgang mit generativen KI-Diensten etabliert.
In den USA hingegen nimmt die Regulierung von KI auf der Bundes- und Landesebene gerade erst Fahrt auf: So werden in vielen US-Bundesstaaten Arbeitsgruppen gebildet, die sich damit befassen, wobei der Fokus auf dem Datenschutz und Verbraucherschutz liegt. Auf der Bundesebene gilt seit Ende Oktober 2023 immerhin eine präsidentielle Verordnung, wodurch u.a. Verfahren und Richtlinien für eine verbesserte Sicherheit von KI-Anwendungen geschaffen werden sollen. Für eine umfassende Regulierung wäre aber ein Bundesgesetz nötig, was aufgrund der angespannten politischen Lage zurzeit nicht absehbar ist.
Erste KI-Resolution auf globaler Ebene
Im Gegensatz dazu hatten die Vereinten Nationen bereits im November 2021 globale Standards zur Ethik der KI im Rahmen der UNESCO beschlossen. Empfohlen wurden unter anderem die Einhaltung des Datenschutzes, mehr Maßnahmen seitens nationaler Regulierungsbehörden sowie das Verbot von KI-Systemen für Social Scoring und Massenüberwachung.
Am 21. März 2024 hat die Generalversammlung der UNO nun ihre erste Resolution zu künstlicher Intelligenz einstimmig verabschiedet, nachdem monatelange Verhandlungen vorausgegangen waren und mehr als 120 Staaten die Resolution im Vorfeld unterstützten. Ziel ist es, internationale Normen für KI zu etablieren und das wirtschaftliche und gesellschaftliche Potenzial von KI weltweit nutzbar zu machen, ohne dass Staaten oder Bevölkerungsgruppen dabei zurückgelassen werden.
Zentrale Inhalte sind die Stärkung der Datenschutzpolitik, die Wahrung der Menschenrechte und der Schutz personenbezogener Daten. So sollen die Menschenrechte bei der Konzeption, Entwicklung und Nutzung von KI stets mitbedacht und gewährleistet sein. Darüber hinaus fördert die Resolution „sichere und vertrauenswürdige“ KI-Systeme und lenkt die Aufmerksamkeit auf die unterschiedlichen Stadien der technischen Entwicklung in den UN-Staaten.
Was an der Resolution besonders ist
Auffällig ist, dass die Resolution keinen Bezug auf die angesprochenen Standards zur Ethik der KI nimmt. Trotzdem ist sie ein wichtiger Schritt, da es bisher auf globaler Ebene „noch keinen rechtlichen Rahmen zur Nutzung von KI“ gibt, wie UN-Experte Patrick Rosenow erklärt, den wir um eine Einordnung der Resolution gebeten haben:
„Die von den USA eingebrachte und einstimmig verabschiedete Resolution in der UN-Generalversammlung geht vor allem angesichts der globalen Spannungen einen Schritt auf den Globalen Süden zu. Sie betont die Überwindung der digitalen Spaltung zwischen und in den Ländern, hebt das Potenzial für KI-Entwicklung im Sinne der Agenda 2030 und deren Ziele für nachhaltige Entwicklung (SDGs) in allen Ländern hervor und betrachtet die Nutzung von KI als eine Möglichkeit globale Probleme zu bearbeiten.“
Allerdings sei die militärische Nutzung von KI aus der Resolution ausdrücklich ausgeklammert worden, da es hierzu „aufgrund der bekannten geopolitischen Konflikte sicher keinen Konsens gegeben hätte“, wie Rosenow betont. Die Resolution stelle zudem eine Art flankierende Vorbereitung für den Zukunftsgipfel im September in New York dar, bei dem ein Globaler Digitalpakt beschlossen werden soll, um globale Standards für die Entwicklung und Nutzung von KI zu entwickeln.
Vergleich mit dem AI-Act
Beim Vergleich der UN-Resolution mit dem AI-Act der EU wird deutlich, dass beide Vorhaben als Vorreiter der internationalen KI-Regulierung gelten können, da sie jeweils die ersten ihrer Art sind und auf transnationaler bzw. multinationaler Kooperation beruhen. Zudem stellen beide den sicheren Umgang mit KI und deren sichere Entwicklung ins Zentrum.
Allerdings ist nur der AI-Act rechtlich bindend. Und während er konkrete Maßnahmen enthält, etwa die Einteilung von KI-Anwendungen in Risikoklassen, bleibt die UN-Resolution eher ideell-prinzipiengeleitet. Zudem unterscheiden sich der inhaltliche Fokus und der Anwendungsbereich maßgeblich: Die Resolution konzentriert sich auf Menschenrechte und berücksichtigt den unterschiedlichen Entwicklungsstand in verschiedenen Staaten ein. Beim AI-Act hingegen geht es vor allem um die Risikobewertung und er gilt gleichermaßen für alle EU-Staaten. Darüber hinaus ist die UN-Resolution durch den Konsensbeschluss aller Staaten wenig kontrovers, während der AI-Act mehr Diskussionspotential enthält, was auch bei der nationalen Umsetzung deutlich werden dürfte.
Ob die UN-Resolution das Feld der KI-Regulierung nachhaltig beeinflussen kann, muss sich aufgrund ihrer eher vagen Formulierungen und des fehlenden Umsetzungsmechanismus erst noch zeigen. Ein bemerkenswerter erster Schritt in diesem Bereich ist sie aber allemal.
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