Jugendschutz: Kein Leben ohne Smartphone
22 Stunden – so viel Zeit verbringen Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 12 und 25 Jahren allein zur Unterhaltung wöchentlich online. Und das ist nur der Durchschnitt. Die Online/Offline-Bilanz der mittlerweile 600.000 Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die laut Experten als internetabhängig gelten, dürfte weitaus höher ausfallen. Hinzu kommen die zweieinhalb Millionen „problematischen Internetnutzer“, die mit mindestens vier Stunden täglicher Online-Nutzung auf der Kippe zur Internetsucht stehen. Zur Verbesserung des Jugendmedienschutzes fordert die Bundesdrogenbeauftragte Marlene Mortler (CSU) mehr „digitale Fürsorge“.
Auswirkungen auf die Gesundheit
Sie selbst hatte eine umfangreiche Studie zu den gesundheitlichen Folgen des übermäßigen Medienkonsums bei Kindern und Jugendlichen in Auftrag gegeben. In die BLIKK-Medienstudie wurden 5.573 Kinder und Jugendliche zwischen 0 und 13 Jahren einbezogen. Die 0 bis 13-Jährigen stellen die erste Generation der „digital natives“ dar. Die Experten stellen fest, dass Kleinkinder, die täglich Bildschirmmedien nutzen, öfter Sprachentwicklungsprobleme bekommen. Im Grundschulalter können bei einer täglichen Nutzung von über einer Stunde Konzentrationsschwächen, Unruhe und Ablenkbarkeit auftreten. Bei Säuglingen führt die exzessive Nutzung digitaler Medien ihrer Eltern während der Betreuung häufiger zu Fütter- und Einschlafstörungen, so die Forscher.
Medienpsychologe Frank Schwab von der Universität Würzburg jedoch bewertet die Wissenschaftlichkeit der Studie kritisch. Im Gespräch mit dem Business Insider erklärt er, dass die Studie Zusammenhänge feststelle, jedoch nicht der Ursache auf den Grund gehe. So könne man zum Beispiel nicht eindeutig sagen, ob die Konzentrationsstörungen eines Kindes die Folge einer erhöhten Mediennutzung ist, oder etwa gerade die Ursache. Auch plädiert er dafür, mit dem Begriff „Sucht“ zurückhaltender umzugehen und lieber von „problematischer Mediennutzung“ zu sprechen.
Das Problem der übermäßigen Nutzung des Internets wird durch das Internet in der Hosentasche verstärkt. In einer Studie der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) kommen die Experten zu dem Ergebnis, dass das Smartphone als Zugangsweg ins Internet mit 77,1 Prozent die größte Rolle spielt.
Den richtigen Umgang üben
„Digitale Medien haben einen berechtigt hohen Stellenwert in Beruf und Gesellschaft eingenommen“,
sagt Rainer Riedel, Direktor des Instituts für Medizinökonomie und medizinische Versorgungsforschung der Rheinischen Fachhochschule Köln und Mitherausgeber der BLIKK-Studie. Entscheidend für ihn ist deshalb, dass der richtige Umgang mit digitalen Medien „frühzeitig kontrolliert und geübt wird“. Aufklärungsportale gibt es schon einige, nicht nur für Erwachsene. „Internauten.de“ zum Beispiel ist ein medienpädagogisch begleitetes Internetportal für Kinder, auf dem diese sich durch interplanetare Weltraumkarten, spannende Links und Quizfragen klicken können. Ziel dabei ist, den Kindern mehr Sicherheit im Umgang mit digitalen Medien auf den Weg zu geben. Das Projekt wurde von dem gemeinnützigen Verein FSM, Freiwillige Selbstkontrolle Multimedia-Dienstanbieter e.V., Microsoft Deutschland und dem Deutschen Kinderhilfswerk ins Leben gerufen. FSM setzt sich für den Jugendmedienschutz ein und fördert die Onlinemedienkompetenz von Kindern und deren Erziehungsberechtigen. „Ins-netz-gehen.de“ – das Portal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung – möchte vor allem für eine richtige Balance zwischen virtuellem und realem Leben sensibilisieren. Doch diese Seite ist vor allem für Kinder ab zwölf Jahren gedacht. Für die Jahre davor sind vor allem auch die Eltern gefragt, ihren Kindern frühzeitig den richtigen Umgang mit digitalen Medien vorzuleben.