Interviewserie Ausschuss Digitale Agenda: Digitalpolitik muss eines der Schwerpunkthemen der kommenden Jahre sein, findet Falko Mohrs

Foto: Falko Mohrs, MdB | Fotograf: Thomas Koschel
Foto: Falko Mohrs, MdB | Fotograf: Thomas Koschel
Veröffentlicht am 20.02.2018

Langsam kehrt Normalität zurück ins Parlament: Am 17. Januar hat der Bundestag beschlossen, alle 23 ständigen Ausschüsse, die es in der vergangenen Legislaturperiode gab, neu konstituiert. So nimmt auch der Ausschuss „Digitale Agenda“ wieder seine Arbeit auf. Der Digitalausschuss wurde sogar von 15 auf 21 Mitglieder vergrößert – allerdings wird er als einziger Ausschuss wieder nur mitberatend und nicht federführend tätig sein. Wird diese Funktion ausreichen, um das Thema Digitalpolitik hoch auf die Agenda zu setzen? In der Interviewserie Ausschuss Digitale Agenda richtet UdL Digital diese und andere Fragen direkt an die alten und neuen Digitalpolitiker im Bundestag.

Neu in der digitalen Szene der Bundespolitik ist der SPD-Politiker Falko Mohrs. Der 33-jährige Diplom-Volkswirt und Speditionskaufmann arbeitete seit dem Ende seines Studiums viele Jahre bei Volkswagen, zuletzt als Fertigungskoordinator. Bei der Wahl zum 19. Deutschen Bundestags gewann Mohrs im Wahlkreis Wolfsburg – Helmstedt ein Direktmandat und ist nun im Ausschuss Digitale Agenda sowie im Ausschuss Wirtschaft und Energie als Mitglied vertreten. In seiner ersten Rede im Bundestag zum Thema „Chancen der Digitalisierung“ sprach der Sozialdemokrat u.a. über Breitbandausbau, Investitionen im Bereich der digitalen Bildung und 5G – Punkte, die auch im Ausschuss Digitale Agenda eine Rolle spielen dürften. Über seine Positionen und Erwartungen sprach Falko Mohrs mit UdL Digital.

Herr Mohrs, Sie sind neu im Bundestag und somit auch zum ersten Mal als Mitglied im Ausschuss Digitale Agenda vertreten. Was war Ihre Motivation, sich für diesen Ausschuss zu bewerben?

Zuerst einmal halte ich die Digitalisierung für das entscheidende und alles verändernde Thema der kommenden Jahre und Jahrzehnte. Daran möchte ich sehr gerne politisch mitwirken. Ich möchte mich für eine gute und nach vorne gerichtete Digitalpolitik einsetzen, die die vorhandenen Chancen erkennt sowie die Risiken vermeidet.

Mir war es aber auch wichtig, meinen Arbeitsschwerpunkt im neuen Bundestag so zu legen, dass ich die zukünftige Entwicklung der gesamten Wirtschaftsregion meines Wahlkreises Wolfsburg – Helmstedt abdecke. Da bot es sich an sowohl ordentliches Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie als auch für Digitale Agenda zu werden. Ich bin froh, dass ich meine Wünsche durchsetzen konnte und freue mich darauf, jetzt endlich mit der Arbeit beginnen zu können.

Foto: Falko Mohrs, MdB | Fotograf: Thomas Koschel

Welche digitalpolitischen Themen wollen Sie in dieser Wahlperiode mitgestalten? Welche sind besonders dringend? Glauben Sie, dass der Koalitionsvertrag von CDU, CSU und SPD dafür eine gute Grundlage bietet?

Die wichtigsten Themen sind aus meiner Sicht: digitale Infrastruktur, digitale Bildung und digitale Arbeit. Ohne den schnellen Aufbau der Gigabitinfrastruktur sind alle Erwartungen an die digitale Gesellschaft nicht umsetzbar. Und: Wir brauchen endlich den Aufbruch bei der digitalen Bildung und der digitalen Arbeit, weil hier die Voraussetzungen geschaffen werden für gesellschaftliche und auch ökonomische Teilhabe. Auch weil wir die Menschen fit machen müssen für die Herausforderungen der Digitalisierung.

Im Koalitionsvertrag haben wir zu allen drei Bereichen wichtige digitalpolitische Vereinbarungen durchsetzen können und wollen sowohl für den Aufbau von Gigabitnetzen sowie für die digitale Bildung die entsprechenden öffentlichen Mittel in Milliardenhöhe bereitstellen.

Aber auch der Mittelstand ist beim Thema Digitalisierung auf unsere Unterstützung angewiesen. Das neue Investitionsprogramm „Digitalisierung des Mittelstands“ ist ein guter Schritt in die richtige Richtung.  Ebenfalls dürfen Gründer und Start-ups nicht auf der Strecke bleiben. Auf sie habe ich ein besonderes Augenmerk! Ich werde mich dafür einsetzen, dass gerade in der Startphase von Gründungen die Bürokratie auf ein Minimum beschränkt wird. Ebenfalls muss jungen und innovativen Unternehmen der Zugang zu Wagniskapital erleichtert werden. Für all diese Punkte sehe ich im Koalitionsvertrag eine gute Grundlage. SPD und Union werden dafür sorgen, dass der Wirtschaftsstandort Deutschland weiter gestärkt und unser Land auch in Zeiten von Globalisierung und Digitalisierung wettbewerbsfähig bleibt. Die Digitalbranche ist der größte Arbeitgeber Deutschlands, das muss so bleiben. Daher müssen wir alles daran setzen, dass das vorhandene Knowhow auch in Deutschland bleibt.

Der Ausschuss Digitale Agenda ist in dieser Legislaturperiode vorerst nur mitberatend bei Themen der Digitalisierung tätig. Wie soll die neue Bundesregierung Ihrer Meinung nach die Digitalpolitik organisieren? Welche Rolle soll der Ausschuss Digitale Agenda dabei spielen?

Das darf nicht so bleiben und der Widerstand der Unionsfraktion ist hier nicht mehr nachvollziehbar – vor allem weil sich doch offenbar alle einig sind, dass die Digitalpolitik eines der Schwerpunktthemen der kommenden Jahre sein muss. Der Ausschuss muss eine eigene Federführung im Bereich der Digitalpolitik bekommen.

Ein Mangel bei der Umsetzung der digitalen Agenda in der letzten Wahlperiode war die fehlende Koordinierung zwischen den Ressorts der Bundesregierung. Die neue Bundesregierung muss daher schnell eine effektive digitalpolitische Koordinierung über die Ressortgrenzen hinaus sicherstellen und ein Digitalkabinett einsetzen, in dem neben den bisherigen „Kernressorts“ Innen, Wirtschaft sowie Verkehr und digitale Infrastruktur auch Ressorts wie Justiz, Arbeit und Soziales, Bildung und Forschung einbezogen sein müssen.

Der Bundestag hat mit dem digitalpolitischen Ausschuss diese Koordinierungsfunktion bereits geschaffen.

Vor Ihrer Wahl waren Sie viele Jahre bei Volkswagen tätig und sind in dieser Wahlperiode auch Mitglied im Wirtschaftsausschuss des Bundestages. Welche Rahmenbedingungen brauchen deutsche Unternehmen Ihrer Meinung nach, um digitaler zu werden?

Meiner Meinung nach liegen die zukünftigen Chancen von Handel, Handwerk und Industrie vor allem in der digitalen Infrastruktur und deren zügigen Ausbau. Hierdurch erhöhen wir die Standortqualität und stärken damit die Wettbewerbsfähigkeit insbesondere von kleinen und mittleren Betrieben. Dazu brauchen wir dringend einen flächendeckenden Glaserfaserausbau in Gigabitgeschwindigkeit bis 2025. Gerade Gewerbegebiete müssen schnellstmöglich gigabitfit gemacht werden. Nur so schaffen wir die Voraussetzungen für die Ansiedlung von Unternehmen und damit die Schaffung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum. Auch die Entwicklung der fünften Generation der mobilen Datenübertragung (5G-Standard) werden wir entschlossen vorantreiben müssen.

Ein weiteres Thema ist die Forschungsförderung: Innovationen müssen gefördert werden! Der Transfer von Forschungsergebnissen in marktfähige Produktionen muss unterstützt werden. Die SPD hat sich dafür eingesetzt, dass bis 2025 in Deutschland 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts in Forschung und Entwicklung investiert werden.

Wichtig ist es aber immer auch einen Blick auf Europa zu werfen: Aktuell arbeiten die Mitgliedstaaten am großen Schritt hin zu einem echten digitalen Binnenmarkt. Der TK-Review schafft hier neue Spielregeln für die Telekommunikation. Die Beantwortung der Frage, wie regulieren wir künftig die Telekommunikationsmärkte wird ausschlaggebend dafür sein, in welchem Umfang Unternehmen Hochgeschwindigkeitsnetze ausbauen. Die Netze sind die Voraussetzung dafür, dass Deutschland und Europa die digitale Transformation meistern. Daher müssen wir die Regulierung von Telekommunikationsnetzen Investitionsfreundlicher gestalten.

Was sind Ihre ersten Eindrücke als neues Mitglied der digitalpolitischen Szene in Berlin und welche Akteure möchten Sie unbedingt noch kennenlernen?

In meinen ersten vier Monaten als Abgeordneter konnte ich schon einige Eindrücke sammeln, habe bereits spannende Menschen kennengelernt  und bin auf interessante Unternehmer mit tollen Ideen gestoßen. Was mich dabei am meisten fasziniert, ist die Aufbruchsstimmung in der Branche. Diese Aufbruchsstimmung würde ich gerne in die Politik und meine Ausschussarbeit mitnehmen. Für mich steht fest: Wir müssen im politischen Berlin mehr Geschwindigkeit aufnehmen und gezielt nach pragmatischen Lösungen „out of the box“ suchen!

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