Interview mit Stefan Dinnendahl vom Hotelverband Deutschland (IHA) zur WLAN-Störerhaftung
Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel will mit einer Änderung des Telemediengesetzes rechtliche Unklarheiten bei der sogenannten WLAN-Störerhaftung beseitigen und mehr öffentliche Hotspots ermöglichen. Nach unserem Interview mit dem Freifunker Christian Heise haben wir auch Stefan Dinnendahl, Geschäftsführer des Hotelverbands Deutschland (IHA), um seine Einschätzung zu dem Gesetzentwurf gebeten.
Herr Dinnendahl, welche Bedeutung hat heutzutage der Zugang zum Internet für Hotelgäste?
Ein Zugang zum Internet ist für viele Hotelgäste inzwischen eine Selbstverständlichkeit. Genauso wie ein bequemes Bett für einen erholsamen Schlaf und ein gut ausgestattetes und sauberes Badezimmer. Insbesondere für Businessgäste ist der Internetzugang entscheidend für ihre Kundenzufriedenheit. Um dieser Entwicklung Rechnung zu tragen, fordert die Deutsche Hotelklassifizierung seit Januar dieses Jahres einen Internetzugang im öffentlichen Bereich bereits ab zwei Sternen.
Sie haben die sogenannte Störerhaftung im vergangenen Jahr als kostentreibende und innovationsfeindliche Besonderheit des deutschen Rechts bezeichnet, die korrigiert werden muss. Ist diese Korrektur Ihrer Meinung nach mit dem Gesetzentwurf zur Änderung des Telemediengesetzes gelungen?
Der Gesetzentwurf ist nach einer ersten Durchsicht zumindest ein pragmatischer Ansatz. Er stellt geschäftsmäßige WLAN-Anbieter mit großen Telekommunikations-Providern gleich, ohne dabei gleichzeitig dem Missbrauch und Rechtsverletzungen Tür und Tor zu öffnen. Mit dem Gesetzesentwurf könnte in der Tat der Flickenteppich der uneinheitlichen Rechtsprechung endlich ein Ende finden. Insgesamt bringt er mehr Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für Betreiber von Hotspots.
Wer als Anbieter von öffentlichem WLAN von der Störerhaftung befreit sein will, muss laut Gesetzentwurf „angemessene Sicherungsmaßnahmen“ ergreifen. Halten Sie die Vorgaben für praktikabel?
Bei Einhaltung der im Gesetz genannten Vorgaben (verschlüsseltes WLAN und Erklärung des Gastes, keine Rechtsverletzung zu begehen) haftet der Anbieter nicht als Störer auf Unterlassen und kann dann auch nicht abgemahnt werden.
Hotels genügen also den Anforderungen, wenn sie:
- den Internetanschluss verschlüsseln. Unter „Verschlüsselung“ ist in der Regel die Verschlüsselung des Routers, wie vom Hersteller vorgesehen, oder ein vergleichbare Maßnahme zu verstehen.
- Sicherstellen, dass der Nutzer nur dann Zugang zum Internet erhält, wenn er in die Bedingung eingewilligt hat, keine rechtswidrigen Handlungen zu begehen. Dies kann bei der Überlassung eines WLAN-Zuganges durch die Nutzungsbedingungen (siehe hierzu unsere bewährten IHA-Nutzungsbedingungen) erfolgen, denen der Nutzer vor Öffnung der WLAN-Verbindung möglichst durch Setzen eines Häkchens ausdrücklich zustimmen muss. Das Gesetz macht hierzu aber keine Vorgaben, so dass z. B. die Einwilligung auch durch Zustimmung zu veröffentlichten Allgemeinen Geschäftsbedingungen, aus denen sich die Nutzungsbedigungen ergeben, erfolgen kann.
Diese Vorgehensweise entspricht der bereits heute üblichen Praxis in Hotels und wurde vom Hotelverband von Anfang an so empfohlen.
Wie geht die Hotellerie in anderen Ländern, in denen frei zugängliche, öffentliche Hotspots die Normalität sind wie in Estland, Kroatien und den USA, mit den Risiken um, die bei der Diskussion immer angeführt werden.
Die Frage stellt sich so nicht, die sogenannte Störerhaftung ist ein typisch deutscher Rechtsbegriff und ist international ziemlich einmalig. In den USA z.B. existiert keinerlei Pflicht für den Besitzer eines drahtlosen Netzwerks, seine Anlage gegen die Online-Piraterie außenstehender Nutzer zu sichern. Auch ansonsten käme doch niemand ernsthaft auf die Idee die Telekom auf den Inhalt eines Telefonats ihrer Kunden in Haftung zunehmen.
Das Bundeswirtschaftsministerium will mit dem Gesetz dafür sorgen, dass mehr öffentliche Hotspots in Deutschland entstehen. Wie ist die Reaktion Ihrer Mitgliedsbetriebe? Werden sie auf der Grundlage der entworfenen, gesetzlichen Rahmenbedingungen ihren Gästen vermehrt WLAN zur Verfügung stellen?
Mit dem Abschaffen des Bremsklotzes „Störerhaftung“ erhofft sich die Bundesregierung einen Schub für kostenlose öffentliche WLAN-Angebote. Ob es wirklich so kommt, bleibt umstritten. Bei Opposition, Internetverbänden und der Freifunker-Bewegung stieß der Entwurf auf massive Kritik, weil die verbesserten rechtlichen Rahmenbedingungen für den Betrieb eines Hotspots für Privatpersonen ausdrücklich nicht gelten sollen. Auch wenn die Störerhaftung nicht komplett abgeschafft wird, so entspricht der Gesetzesentwurf unseren pragmatischen Erwartungen. Das Abmahnrisiko und die damit verbundenen Wettbewerbsnachteile werden unter Beachtung der zumutbaren Maßnahmen beseitigt. Hotels und gastronomische Betriebe haben nach der Verabschiedung des Gesetzes leichter rechtsichere WLAN Angebote ihren Gästen anzubieten und dies wird zwangsläufig auch zu mehr Angeboten führen.